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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 19. September 2019; 20:05
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Qualkrampf:

Die akin hat die zur Nationalratswahl kandidierenden Parteien gefragt, zu
welchem Zweck Linke über ihnen das Kreuz machen sollen. Geantwortet haben
lediglich der "Wandel", die Grünen und eine Wählerin der KPÖ. Dazu eine
Glosse aus der Redaktion zu den Stellungnahmen:

> warum man eine partei wählt

ich weiß, es war eine zumutung -- nicht, was eine partei fordert, sondern
welchen konkreten zweck eine stimme für diese erfüllt, ist für die jeweilige
partei einfach eine zu seltsame frage. ja, diese dreistigkeit habe ich mir
namens der akin erlaubt.

denn was soll das heißen: wozu?

nunja, wenn man selbst bei keiner partei ist und auch der meinung, daß die
aussage, daß wahlen verboten wären, wenn sie was bewirken könnten, näher an
der wahrheit liegt als die aussage, daß die repräsentative demokratie
irgendwas mit volksherrschaft zu tun haben könnte, dann kommt man halt auf
so eine frage. denn ganz ohne wirkung ist so eine stimme ja doch nicht -- es
geht dabei um die gewichtung von detailpositionen innerhalb eines
vorgegebenen systems, das selbst nicht zur debatte steht. staat,
elitenherrschaft und kapitalismus bleiben uns auf alle fälle erhalten --
aber immerhin wird in wahlen entschieden, ob das allergrößte ...
(klagsfähigen begriff hier bitte selbst einfügen) die meiste macht bekommt
oder doch auch leute mitmischen dürfen, die ein bisserl netter sind.

ist das zynisch? nein, nur kynisch und realistisch. und das weiß auch der
großteil des wahlvolkes -- "die wählen doch nicht zum ersten mal" läßt
qualtinger seinen travnicek sagen und er hat damit recht.

aber eine partei damit zu konfrontieren -- wo die basismitglieder sich
weiß-gott-was versprechen von einem prozent mehr oder weniger und auf
begeisterung für ihre partei machen -- und zu hoffen, daß das verstanden
wird, ist natürlich schon recht viel verlangt.

denn wie wählt der typische wechselwähler? parteiprogramme liest kaum jemand
mehr, weil man ja eh weiß, daß die das papier nicht wert sind. und auch
irgendwo programmatische ansagen von spitzenkandidaten oder gar
ausgearbeitete konzepte sind für eine wahlentscheidung egal. nein, es wird
gewählt entweder nach emotion oder nach taktik.

die emotionen, die heute wahlkämpfe bestimmen, sind positive und negative.
bei uns kommt der gesalbte mit positivbotschaften daher, die völlig
inhaltslos sind (es ist zeit, unser weg hat erst begonnen) oder schlecht
geklaut (einer, der unsere sprache spricht) oder auch komplett
widersprüchlich -- wie bergwandern im burgenland oder die herkunft aus
meidling oder aus dem waldviertel, je wie es die situation erfordert.
trotzdem, oder gerade deswegen verfangen diese botschaften. daneben gibts
dann die von der FPÖ abgekupferten horroszenarien, daß österreich von
bloßfüßigen kameltreibenden vergewaltigern überrollt wird. aber auch hier
wieder die positivbotschaft, daß der heiligmäßige ganz alleine die
balkanroute geschlossen habe -- und er dazu nicht einmal einen silberstein
brauchte.

ungekehrt punkten jetzt die grünen ganz gewaltig, weil greta thunberg
verkündet hat: "ich will daß ihr panik bekommt". ecco, panik ist halt ein
super wahlkampfmittel.

daß da die sozialdemokratie mit der plakatierten "menschlichkeit" nicht
mithalten kann, ist kein wunder. die können nur punkten mit dem anderen
zugkräftigen argument für wechselwähler: taktik. denn nach wie vor ist
jenseits des weit rechts stehenden lagers die SPÖ die stärkste partei. deren
untergang kann man als fortschrittlich gesinnter mensch nicht erhoffen.

oder man wählt halt wie ich auch diesesmal die kpö, weil man nicht möchte,
daß man als ungültig- oder nichtwähler als politisch desinteressiert oder zu
blöd zum wählen angesehen wird.

dann gibt es noch die stammwähler, deren großeltern schon die gleiche partei
gewählt haben, oder diejenigen, die partout nicht die partei wählen möchten,
die schon die altvorderen gewählt haben und die dann das wählen, was diese
als die schlimmstmögliche wahlentscheidung ansehen. und natürlich die, die
sich von der schier gekauften medialen überpräsenz oder dem siegerimage
einer partei überzeugen lassen.

oder man wählt die jeweils als geringstes übel angesehene partie.

so werden wahlen entschieden. aber das gibt halt nur selten eine partei zu.
und deswegen konnte auch kaum eine partei wirklich unsere frage sinnvoll
beantworten, welchen zweck es eigentlich erfüllt, bei ihrer liste ein
kreuzerl zu machen. aber wie gesagt: dieses unverständnis ist sehr
verständlich.
*bernhard redl*



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