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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. September 2019; 23:30
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Nachruf:

> Franz Mikolasch 1929-2019

Schnurzl, ich kenn Dich fast mein ganzes politisches Leben lang. Oft hab ich
Dich angerufen. Meistens war Deine Frau Maria am Telefon - die dann immer in
etwas barschem Ton "Franz - Telefon" - rief. Zeit für ein Gespräch hast Du
Dir immer genommen. In Deinem Büro in der GPA war ich auch einige Male.
Sagenhaft hasts da ausgeschaut. Die hohen Papierstöße haben sich aneinander
gereiht - es war gar nicht so einfach, Dich dahinter zu finden. Du hast
alles gesammelt. Zeitungen, Bücher, Abzeichen, alles. Bis zuletzt. Du hast
aber auch alles wieder gefunden! Ein kurzes Nachdenken - ein gezielter
Griff, und das gesuchte Papier kam unter einem Papierstoß zum Vorschein.
Alle haben Dich dafür bewundert!

Im letzten Herbst haben wir noch gemeinsam mit Freunden einen Film mit Dir
gedreht, Du hast aus Deinem Leben erzählt, erzählt, erzählt, stundenlang.
Sogar Deine Frau Maria hat sich gewundert, an was Du Dich noch alles
erinnern konntest.

Du hast nie aufgehört, neugierig zu sein, Du wolltest alles wissen. Von
allen Veranstaltungen, die wir besucht haben, durften wir Dir erzählen. Du
hast alles gelesen, was Dir unter die Finger kam - es war völlig klar:
Schnurzl besuchen heisst: Zeitungen einholen, Kuchen backen und sich viel
Zeit nehmen. Mit nach Hause haben wir dann immer ein beschriftetes Kuvert
mit Zeitungsauschnitten bekommen, die wir bis zum nächsten Mal zu lesen
hatten.

Schnurzl, Du und Schani, Ihr ward unser wandelndes Gedächnis. Ganz wurscht,
obs um Jahreszahlen, Gedenktage, sonstige Ereignisse ging, Ihr wusstet
Bescheid.

Schnurzl, Du fehlst mir schon jetzt!!
*Renate Sassmann*

***

Franz Schnurzl Mikolasch ist tot. Er ist Dienstag Früh im 90.Lebensjahr
verstorben ist. Ein langes, bis zum Schluß politisch geprägtes Leben ging
damit zu Ende. Denn Pension hieß für ihn lediglich, ohne Anstellung
weiterzuarbeiten.

Einen richtigen Nachruf können wir leider nicht in dieser Ausgabe liefern.
Es wäre auch gar nicht so einfach, diese 90 Jahre Leben knapp und trotzdem
sinnvoll zusammenzufassen. Aber Schnurzl hat selbst 1998 für das Buch von
Erich Makomaski über die FÖJ (der Herausgeberin der akin) einen
autobiographisch-politischen Beitrag geschrieben, der auch zeithistorisch
nicht uninteressant ist. Daher drucken wir in Gedenken an Franz Mikolasch
hier dessen eigenen Beitrag (leicht gekürzt) nach:

*

Meine Eltern waren Antifaschisten, mein Vater war beim Schutzbund, nach 1934
bei der Roten Hilfe und der KPÖ.

Schon zwischen 1934 und 1938 kamen in unsere Wohnung politisch Verfolgte um
eine Unterstützung.

Während des Krieges war es üblich, im Radio verbotene ausländische
Nachrichtensendungen zu hören.

In der Nähe unseres Wohnhauses (Lindenhof, Wien 18) stand das ehemalige
Czartoryski-Schlössel, in dem von 1943 bis 1945 eine Kaserne der
militärähnlichen "Organisation TODT" (OT) untergebracht war, die zur
Aufräumung von Bombenschäden und militärtechnischer Bauten gegründet wurde.
In dieser Anlage versuchten in den letzten Kriegstagen Angehörige der
Hitlerjugend eine Widerstandsgruppe aufzubauen ("Wehrwolf") . Einige
Antifaschisten unseres Gemeindebaues (darunter auch mein Vater und ich)
vertrieben diese Hitleranhänger.

Viele junge Menschen waren desillusioniert, hungrig, arbeits- und obdachlos.
Noch während der letzten Kriegshandlungen setzten sich ungefähr ein Dutzend
junger Leute, darunter auch ich, zusammen und überlegten, was jetzt zu
machen sei.

Das vorhin erwähnte Czartoryski-Schlössel übernahmen wir als Jugendheim und
führten täglich mehrere Veranstaltungen durch. Dies ging von der Verteilung
von Lebensmitteln bis zur Verteilung von Schiern (aus ehemaligen
Militärbeständen), sowie der Durchführung von Tanzabenden, Heimabenden und
verschiedenen Sportveranstaltungen.

Eine wichtige Aufgabe waren für uns die Arbeitseinsätze zum Wegräumen des
Bombenschuttes und der Freilegung von Verkehrsflächen. Im Bezirk gab es
viele Diskussionen über den Namen und die Struktur einer neuen,
antifaschistischen und demokratischen Jugendorganisation. Übereinstimmung
herrschte, daß dies eine Jugendorganisation ohne Parteizugehörigkeit sein
sollte.

Von unserer Bezirksgruppe, der damals rund 400 Aktive angehörten, wurden zum
Gründungskongreß am 16. Mai 1945 drei Funktionäre (einer davon war ich)
delegiert; wir hatten den Auftrag, den Namen "Österreichs Freie Jugend" (in
Anlehnung an die "Österreichische Freiheitsfront") vorzuschlagen.

Zum Kongreß, der im 9. Bezirk in einer Schule stattfand, gingen wir, da es
noch keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, zu Fuß. Dieser Gründungskongreß
faßte dann den bekannten Beschluß, die Organisation FÖJ zu nennen und wählte
Franz Danimann zum Vorsitzenden.

Ich halte das Konzept der FÖJ: frei, überparteilich, antifaschistisch und
österreichisch, auch in der Rückschau für richtig, weil

1) es keine Parteien mit klar umrissenen Konzepten für die Zukunft gab (die
Tagesprobleme standen im Vordergrund) und es daher notwendig war, die
desillusionierte Jugend mit demokratischen und antifaschistischen Ideen zu
beeinflussen.

2) nach wie vor eine gewisse Anhänglichkeit an den Nationalsozialismus
spürbar war, so daß das Prinzip des selbständigen Staates Österreich
nachdrücklich vertreten werden mußte.

Mir wurde die Aufgabe gestellt, mich besonders um die Kinder zwischen 10 und
14 Jahre zu kümmern. Im Februar 1946 wurde die Organisation Kinderland
gegründet, die sich besonders mit der sozialen, kulturellen und
pflegerischen Betreuung (Erholungsheime, Kindergärten, Tagesausspeisungen
und ähnliches) befaßte.

Sowohl in der FÖJ, wie auch bei Kinderland, gab es zahlreiche Funktionäre,
die ihre Kindheit in der Zwischenkriegszeit bei den Roten Falken verbracht
hatten. Auf Grund ihrer Erfahrungen wurde zu Pfingsten 1946 die Organisation
Junge Garde gegründet, mit dem Ziel, die 10 bis 14-jährigen sowohl im
Hinblick auf ihre romantische Abenteuerlust, als auch zur
gesellschaftspolitischen Orientierung zu organisieren.

Die Junge Garde wurde in Hadersdorf-Weidlingau bei Wien gegründet. 22
Gruppenleiter - darunter auch ich - suchten lange Zeit nach einem Namen und
ließen uns damals von einem sowjetischen Jugendroman, der die Heldentaten
junger Sowjetmenschen im 2. Weltkrieg schilderte, entscheidend beeinflussen.
Nach meiner Bauzeichnerlehre, die durch das Kriegsende abgebrochen worden
war, begann ich eine Maurerlehre und arbeitete bis 1951 in diesem Beruf.

In der Vorbereitungszeit zum Pfingstjugendtreffen 1951 ("Treffen der 50.000
für Frieden und Freundschaft - gegen eine Zerreissung Österreichs") in Wien
ließ ich mich von meiner Firma karenzieren und begann in Februar 1951 in der
Landesleitung NÖ der Jungen Garde mit meiner hauptamtlichen Jugendarbeit.
Diese befristete Tätigkeit wurde im Juli 1951 in ein echtes
Arbeitsverhältnis umgewandelt.

Nach verschiedenen Funktionen im Rahmen der Jungen Garde übernahm ich 1958
die Funktion eines Landesbildungsreferenten der FÖJ NÖ. Vorher absolvierte
ich die 6-monatige Parteischule der KPÖ.

Von 1958 bis 1963 war ich in verschiedenen Landesfunktionen tätig und
Mitglied des Bundessekretariats der FÖJ. Ab 1965 übemahm ich die Funktion
eines Bundessekretärs für Bildung und Öffentlichkeitsarbeit; zu diesem
Zeitpunkt wurde Fritz Zapf Bundesvorsitzender und löste in dieser Funktion
Karl Reiter ab. Die 60er Jahre waren eine politisch sehr bewegte Zeit, in
Österreich regierte von 1966 bis 1970 eine ÖVP-Alleimegierung, in der
Sowjetunion war durch die Führungstätigkeit von Chruschtschow ein Tauwetter
eingekehrt, das durch Breschnjew abgebrochen werden sollte.

In den sogenannten "Real-Sozialistischen Ländern", wie z.B. Ungarn und CSSR
entwickelte sich eine breite Diskussion in Richtung einer neue Politik. das
heißt mehr demokratische Strukturen, in Richtung "eines Sozialismus mit
menschlichem Antlitz".

Diese Diskussionen schlugen sich auch in der KPÖ nieder. Sowohl in meiner
Funktion als niederösterreichischer Landesfunktionär als auch als
FÖJ-Bundessekretär hatte ich zahlreiche Möglichkeiten, an Diskussionen,
sowohl in Grundorganisationen als auch auf Landesebene und im Bereich des
Zentralkomitees, teilzunehmen.

In der Jugendarbeit selber mußte ein immer geringerer Einfluß der FÖJ
festgestellt werden. Dieser Rückgang begann schon 1955/1956, als nach dem
Staatsvertrag zahlreiche ökonomische Unterstützungsmöglichkeiten verloren
gingen. Ein Aufschwung ergab sich zu den 8. Weltjugendfestspielen, die 1959
erstmalig in einem nicht-sozialistischen Land, und zwar in Wien,
stattfanden.

Anfang der 60er Jahre war auch der wirtschaftliche Aufschwung nach der
Wiederaufbauperiode stärker spürbar, was sich auch in einem stärker
konsumorientierten Verhalten (z.B. Motorisierung, Urlaubsreisen,
kommerzielle Freizeitvergnügen) auswirkte. Von dieser Entwicklung war nicht
nur die FÖJ, sondern auch alle anderen Jugendorganisationen betroffen; eine
relative Ausnahme bildeten damals die Gewerkschaftsjugend und die
katholischen Jugendorganisationen. Die Diskussionen in den FÖJ-Gremien
bewegten sich um die inhaltliche Orientierung. Es wurde eine
3-Säulen-Theorie entwickelt, welche die Schwerpunkte der Gruppenarbeit sein
sollten:

1) Jugendbewegte Aktivitäten, wie z.B. Wandern, Sport, Singen, Spiele bei
Heimabenden.

2) Politische Bildung in Richtung einer antifaschistischen, demokratisch und
sozialistisch orientierten Gesellschaftsordnung.

3) Soziale Interessensvertretung in Betrieben, Berufsschulen und
Ausbildungsstätten; dies sollte durch Demonstrationen, Plakataktionen,
Flugblattverteilungen, usw. erreicht werden.

Parallel zu dieser Orientierungsdiskussion in der FÖJ lief auch eine
Diskussion in der KPÖ über die Gewinnung junger Menschen. Seitens einiger
Organisationen der KPÖ wurde versucht, spezielle Aktivitäten zu setzen, wie
z.B. die Gründung eigener Sektionen für junge Kommunisten, die Gründung der
"Sektion 6" in Wien (aus der später "Spartacus" und schließlich "Longo Mai"
wurde), sowie die Schaffung thematisch orientierter Arbeitskreise.

Eine reale Umsetzung dieser Diskussion in die politischen Strukturen
erfolgte am 19. Parteitag der KPÖ 1965 durch die Wahl von vier
Jugendvertretern in das ZK der KPÖ, es waren dies Fritz Zapf, Schani
Margulies, Paul Kolm und Ernst Berger. Erstmalig wurde der Jugendvorsitzende
Zapf in das politische Büro der KPÖ, das höchste politische
Entscheidungsorgan neben ZK und Parteitag, gewählt. Schani wurde in diesem
Zusammenhang als hauptamtlicher Parteifunktionär für die Arbeit unter der
jungen Generation angestellt.

Auf politischer Ebene entwickelten sich immer stärker Diskussionen und
Aktionen gegen die Errichtung von Atomkraftwerken. Die demonstrative
Ausformung dieser Protestbewegung zeigte sich im jährlichen Ostermarsch und
anderen Aktivitäten der zahlreichen Ostermarschkomitees. Für viele junge
Menschen ergab sich hier eine sinnvolle und reale Aufgabe, politisch aktiv
zu sein, was sich auch in der Tätigkeit der FÖJ niederschlug. Auch ich war
im Auftrage der FÖJ einer der Aktivisten im Wiener Komitee.

Eine starke Politisierung junger Menschen gab es durch den Vietnam-Krieg.
Vier Aktivisten der FÖJ funktionierten erstmalig den Opernball zu einer
politischen Bühne um, indem sie von der Galerie Flugzettel in das Publikum
warfen. Auf Grund der Entwicklung in der CSSR im Hinblick auf einen
"Sozialismus mit menschlichem Antlitz" gab es auch in Österreich eine breite
Diskussion, welche von der Mehrheit der FÖJ-Kader positiv unterstützt wurde.

Der Einmarsch der Warschauer Pakttruppen am 21. August 1968 war daher für
viele unserer Freunde und Genossen das schmerzvolle Ende einer Hoffnung für
eine neue sozialistische Politik und Gesellschaft. Bei der Tagung der
FÖJ-Bundesleitung im September 1968 in Hirschwang/NÖ wurde von den mehr als
40 anwesenden Bundesleitungsmitgliedern der Einmarsch nur von 7 Personen für
richtig befunden. Damit war auch eine Weichenstellung für den Weg der FÖJ in
die Autonomie erfolgt.

Schon in den Auseinandersetzungen im Jahre 1968 war für mich klar, daß meine
Zeit in der Jugendarbeit vorbei war, und ich mich auf eine andere Arbeit
orientieren mußte. Vom Genossen Egon Kodicek, dem damaligen Zentralsekretär
der Gewerkschaftlichen Einheit, wurde mir der Vorschlag gemacht, in die
Fraktion als verantwortlicher Redakteur für Pressedienst und
Betriebszeitungen zu wechseln.

Ich machte das vom Besuch der Sozialakademie der Arbeiterkammer Wien
abhängig, die ich dann von 1969 bis 1970 absolvierte. Zu dieser Zeit wurde
ich von der KPÖ, welche die Gehälter an die Jugendfunktionäre auszahlte,
gekündigt. Mit 1. Oktober 1970 begann ich meine Tätigkeit als Sekretär in
der Gewerkschaft der Privatangestellten und als Vorstandsmitglied der
neugeschaffenen Arbeitsgemeinschaft für Gewerkschaftliche Einheit.

Abgesehen davon, daß ich noch immer unterstützendes Mitglied der FÖJ-BfS
bin, verwende ich als Pensionist einen großen Teil meiner Zeit für
gewerkschaftliche Aktivitäten. Ich bin Bildungsreferent der GPA-Ortsgruppe
Wien 1., die zu den aktivsten in Wien gehört. Außerdem bin ich temporärer
Mitarbeiter im Bildungsreferat des ÖGB und Mitglied der Schiedskommission
der GPA. In unserer Fraktion der Alternativen und Grünen Gewerkschafter
(AUGE ) bin ich, nachdem ich jahrelang Vorsitzender war, derzeit Mitglied
der Fraktionskontrolle. Zum Drüberstreuen arbeite ich auch in der
Bezirksgruppe Brigittenau der Grünen Alternative mit.

Resümee: In meinem bisherigen Leben habe ich versucht, durch politische
Aktivitäten einen Beitrag für eine humane und lebenswerte Gesellschaft zu
leisten. Wer sich aus dem politischen Leben, in welchem Alter auch immer,
zurückzieht, gibt auf - ich möchte nicht aufgeben.
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