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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. September 2019; 23:24
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Sommerrückblick
> Blaue Markierungen
*Herbert Auinger* analysierte für "Unsere Zeitung" die "Zusammenfassung des
Rohberichtes" der "FPÖ-Historikerkommission" und stellte erstaunt fest, daß
der Witz an diesem Bericht nicht darin besteht, was die FPÖ verleugnet,
sondern darin, was sie über sich erzählt!
*
Das wesentliche Ergebnis der Kommission steht in der "Vorbemerkung": "Anfang
2018 wurde auf Initiative des damaligen FPÖ-Bundesparteiobmanns und
Vizekanzlers Heinz-Christian Strache eine Historikerkommission eingerichtet,
um die angeblichen 'braunen Flecken' der FPÖ zu untersuchen. Konkret ist
damit gemeint, dass der FPÖ ein historisches Naheverhältnis zur NSDAP
unterstellt wird, weshalb es angeblich auch bis heute immer wieder zu
Äußerungen von FPÖ-Funktionären kommt, die dieses zu bestätigen scheinen.
Für die Historikerkommission ergab sich daher der Forschungsauftrag, den
Wahrheitsgehalt dieser Behauptung zu überprüfen." (Die
FPÖ-Historikerkommission. Zusammenfassung des Rohberichtes, Juli 2019, S. 3)
Der "Wahrheitsgehalt" der untersuchten "Behauptungen" ist fixiert: Es
handelt sich um "angebliche" "braune Flecken", der FPÖ wird mithin etwas
"unterstellt", und aktuelle "Äußerungen von FPÖ-Funktionären" "scheinen"
diese haltlosen Unterstellungen bloß zu bestätigen. Na also! Habe fertig!
Wozu das auf ca. 1000 Seiten aufblasen? Nun, der Befund soll ja nicht von
der Partei-Propagandaabteilung kommen, sondern von einer externen Instanz:
Der Wissenschaft!
Der Sinn der ganzen Sache: Die Beglaubigung einer neuen Linie .
"Die Arbeit der Kommission könnte auch in der gegenwärtigen Situation,
welche davon geprägt ist, dass führende FPÖ-Politiker durchaus glaubwürdige
und in der Vergangenheit undenkbare Erklärungen etwa hinsichtlich des
Verhältnisses zu Israel abgeben - die man als klare Distanzierungen von der
Zeit des Nationalsozialismus verstehen sollte -, die dann aber gelegentlich
von verbalen Entgleisungen (oder anderen Aktionen) untergeordneter
Funktionäre konterkariert werden, eine Klärung der Verhältnisse bewirken."
(Zusammenfassung S. 5)
Anlass der "Initiative" war die sogenannte "Liederbuch-Affäre"; damals wurde
antisemitische "Dichtkunst" im Dunstkreis der FPÖ einem breiteren Publikum
bekannt. Strache sah die Partei involviert und deshalb gefordert. Die
Auftragsarbeit soll Behauptungen der gegenwärtigen Parteiführung
untermauern, die "glaubwürdige Erklärungen" zu Israel vorlegt, die "man als
klare Distanzierungen von der Zeit des Nationalsozialismus verstehen
sollte" - und die "in der Vergangenheit undenkbar" waren. Freiheitliche
"Distanzierungen von der Zeit des Nationalsozialismus" - früher "undenkbar"!
Nebenbei: Eine Parteinahme für Israel ist keineswegs identisch mit einer
Distanzierung vom Nationalsozialismus. Aber wie dem auch sei: Nachdem diese
Distanzierungen "gelegentlich von . untergeordneten Funktionären
konterkariert" werden, die die Treue zur antisemitischen Parteitradition
höher halten als die gegenwärtige Führung, sollen über den Umweg der
Vergangenheitsbewältigung die gegenwärtigen "Einzelfälle" kleingeredet
werden; die Differenz von Vergangenheit und Gegenwart wird ja aktuell als
Säuberung der FPÖ von "untergeordneten Funktionären" ausgetragen.
. durch Retuschierung der alten
Die heutige Distanzierung soll also auf die Parteigeschichte zurückwirken,
in findigen Formulierungen, den Unterschied der "FPÖ von 2019" und der
früheren "FPÖ jemals" betreffend:
"Dem Beitrag von Grischany folgend kann niemand, der die Programme der FPÖ
gelesen und sich wissenschaftlich mit dem Nationalsozialismus
auseinandergesetzt hat, ernsthaft behaupten, dass die FPÖ jemals eine
nationalsozialistische Partei gewesen sei oder die FPÖ von 2019
nationalsozialistischem Gedankengut nahestehe." (Zusammenfassung S. 5)
Schon früher war die FPÖ keine nationalsozialistische Partei - offenbar eine
wichtige Klarstellung -, während in der FPÖ von 2019 endlich auch dieses
"Gedankengut" entschwunden ist; aber nur, wenn man von gelegentlichen
Funktionärsleistungen absieht. Ähnlich gerissen die Auseinandersetzung mit
dem Vorwurf des "Rechtsextremismus": "Auch die Behauptung, dass die FPÖ
'rechtsextreme' Züge trage, hält einer näheren kritischen Betrachtung nicht
stand. Das Bestreben, hier über die derzeit existierenden ideologischen
Gräben hinweg zu einer einheitlichen Beurteilung zu kommen, scheitert in der
Regel daran, dass man sich a priori nicht auf eine gemeinsame Definition von
Grundbegriffen wie 'rechts', 'national' oder 'rassistisch' einigen kann. .
Die Kommission lädt sowohl den politischen Gegenspieler als auch die Zunft
der Historiker dazu ein, die im Folgenden gemachte Eigendefinition zur
Grundlage für einen offenen Dialog in der Zukunft zu machen."
(Zusammenfassung S. 6f)
Die Eingemeindung der alten Nazis durch die FPÖ
Die SPÖ und die ÖVP bzw. deren Vorläufer waren im Dritten Reich verboten,
führende Exponenten im Lager oder liquidiert. Insofern waren diese Parteien
schlicht durch ihre Wieder- oder Neugründung als österreichische Parteien
aufgestellt, und damit gegen die großdeutsche NSDAP. Die Wähler der
"Altparteien" haben für Österreich und gegen das Dritte Reich votiert, die
Mitglieder ebenso, wie opportunistisch auch immer. Nicht so bei der FPÖ. Die
Eingemeindung der alten Nazis in das neue Österreich bestand darin, dass die
FPÖ denen immer eine politische Heimat offeriert hat, und zwar unter
Anerkennung von deren nationalsozialistischer Gesinnung, also ohne jede
Kritik oder Distanzierung. So hat Jörg Haider die FPÖ noch Jahrzehnte nach
Kriegsende positioniert. Diese Anerkennung der alten Nazis war ein Ausdruck
der traditionellen Abneigung der FPÖ gegen die politische und moralische
Nachkriegsordnung der Siegermächte; bekanntlich wurden die "Altparteien" ÖVP
und SPÖ quasi als deren Kollaborateure geschmäht. Die
FPÖ-Historikerkommission referiert dieses traditionelle
Alleinstellungsmerkmal der FPÖ heute wie folgt:
"Die Geschichte des Dritten Lagers nach 1945 weist eindeutig
Berührungspunkte mit dem Nationalsozialismus auf. . Dabei geht es um die
Ablehnung des Verbotsgesetzes und um die Befürwortung der Amnestie für
ehemalige Nationalsozialisten. Hierbei ging es den Freiheitlichen primär -
niemand stellte die Bestrafung von Verbrechern infrage - um Unverständnis
für die Unverhältnismäßigkeit der Sanktionen für eine große Gruppe von
Personen, die sich nichts weiter als eine Parteimitgliedschaft zuschulden
hat kommen lassen. Dieses Unverständnis beruhte auf jenem radikalen
Gleichheitsgedanken vor dem Recht, der in vielen anderen Haltungen der FPÖ
ebenfalls zum Ausdruck kam." (Zusammenfassung S. 23f)
Die FPÖ war also nicht die Nachfolgeorganisation der nationalsozialistischen
Partei, sie war bloß die Nachfolgeorganisation der gesinnungstreuen
nationalsozialistischen Parteimitglieder. Die FPÖ "versteht" bis heute
nicht, warum die frischgebackene, wiedererrichtete Republik Österreich
damals unterschieden hat, zwischen den Mitgliedern einer verbotenen,
staatsfeindlichen und zwangsweise aufgelösten Partei, und anderen. "Die
Bestrafung von Verbrechern" versteht die FPÖ schon - Waren das womöglich
seinerzeitige "Einzelfälle", die mit dem Programm der NSDAP nichts zu tun
hatten? -, aber glatt die Parteimitglieder der NSDAP mit deren Programm in
Verbindung bringen, da hört sich noch heute alles auf! Die Kommission
besichtigt nun aus diesem Geist heraus die von ihr auch sehr ordentlich
aufgezählten vielen, vielen "braunen Flecken", sowohl die "belasteten"
Führungspersonen, als auch deren "Signale" an die anderen alten Nazis.
Aber - so geht Chuzpe! - die heutige FPÖ will die explizite Anerkennung der
alten Nazis als Nazis durch die FPÖ ausdrücklich als Dienst an der Zweiten
Republik gewürdigt wissen - die seinerzeit noch unter Haider als
"ideologische Missgeburt" verachtet wurde, und die sich nicht wegen, sondern
trotz der freiheitlichen Stänkereien gegen eine "österreichische Nation"
stabilisiert hat. Nachdem die "braunen Flecken" also in aller
Unverschämtheit zumindest im Nachhinein nur konstruktiv gemeint waren, hat
sich damit jeder Vorwurf an die braune Gesinnung der Partei erledigt - denn
diese diente dem guten Zweck der Integration von Inländern:
"Es sollte nämlich ein signifikanter Teil der Bevölkerung in das politische
System sowie in die Zivilgesellschaft der Zweiten Republik integriert und
damit auch die Stabilität in Österreich gewährleistet werden. . Gerade vor
dem Hintergrund der Stabilisierung der Republik sollte daher die Geschichte
der FPÖ als einer staatstragenden und demokratischen Partei mit einem
nationalliberalen Programm auch als wichtiger Beitrag zur Erfolgsgeschichte
der Zweiten Republik gewürdigt werden." (Zusammenfassung S. 24)
Die regelmäßige Ausgrenzung aktueller "Einzelfälle" durch die FPÖ
Im Unterschied zu den alten Nazis seinerzeit will die FPÖ heutzutage
angeblich "Rechtsextremisten oder Rassisten" wie etwa die "Identitären"
nicht in die eigene Partei und damit in das politische System und in die
Zivilgesellschaft integrieren. Warum eigentlich nicht? Oder vielleicht doch?
Der Umgang mit "identitären" Vereinen ist bekanntlich umstritten, deren
weltanschaulicher Gleichklang mit der FPÖ jedenfalls gegeben. Die kongeniale
Argumentation in der "Zusammenfassung" unterstellt, dass auch diese
Integration längst erfolgreich gelaufen ist:
Eine ganze "Sammlung (sic!) von Stellungnahmen" dokumentiert "den
offiziellen Umgang der Partei mit Vorwürfen von Wiederbetätigung,
Rechtsextremismus oder Rassismus bei einzelnen Mitarbeitern und
FPÖ-Funktionären seit 2017. Aus dieser Dokumentation geht hervor, dass es
sich dabei in der Regel tatsächlich um bedauerliche 'Einzelfälle' handelt,
die aber eher insignifikant sind. Diese Vorfälle werden zwar von Medien und
Gegnern 'aufgeblasen', aber sie können eben nicht auf die Haltung der
gesamten FPÖ übertragen werden. Es wird auch dabei vergessen, dass die
Partei in substantiellen Fällen immer entschlossen durchgegriffen hat."
(Zusammenfassung S. 20)
Und täglich grüßt der Einzelfall, gegen den - zumindest in "substantiellen
Fällen" - "immer"(!) durchgegriffen wird! Wie schön. Eine Kleinigkeit konnte
den FPÖ-Wissenschaftlern dabei wohl nicht auffallen: Die vielen Einzelfälle
sind allemal repräsentativ für die Haltung der Partei, und zwar, weil sie in
der Regel erst anecken, sobald sie außerhalb der freiheitlichen
Gesinnungsgemeinschaft wahrgenommen und "aufgeblasen" werden. Innerhalb der
Gesinnungsgemeinschaft fällt der Einzelfall einfach nicht auf, zumindest
nicht negativ.
Nachtrag
Die Veröffentlichung der vollständigen Arbeit verzögert sich, wird
kolportiert, weil die Partei die wahre Qualität des Berichts jenseits seines
1000-seitigen Inhalts suchen und finden möchte. Es fehlt die Absegnung durch
einen Historiker, dessen wesentliche Qualität wieder jenseits seiner
wissenschaftlichen Qualifikation angesiedelt ist, nämlich in einer
völkischen Eigenart: Ein Jude muss her, um die Leistung der von der FPÖ
betrauten Denker zu krönen! So geht freiheitliche Wissenschaft! Da stellt
sich schon die Frage: Ja wo sind wir denn hier? Eine
"österreich-patriotische" "soziale Heimatpartei", eine "staatstragende und
demokratische Partei mit einem nationalliberalen Programm", die einen
ordentlichen "Beitrag zur Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik"
abgeliefert hat, die will sich unbedingt vor einem Juden rechtfertigen? -
"Wenn alle untreu werden", dann ist die FPÖ unterwegs!
(leicht gekürzt)
Volltext:
https://www.unsere-zeitung.at/2019/08/22/zur-zusammenfassung-des-rohberichtes-der-fpoe-historikerkommission/
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