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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 29. August 2019; 02:25
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Debatte:

> Grundeinkommen gegen Klimwandel

Der Kampf gegen den Klimawandel bedeutet schon Verzicht -- aber auf
blödsinnige und schädliche Arbeit.


Viele Menschen halten den Kapitalismus für sehr effizient. Das gilt auch für
viele Linke. Auch Marx beschreibt wie der Konkurrenzdruck die
KapitalistInnen dazu zwingt, ihre Produktion möglichst effizient zu
gestalten. Immer die neusten Maschinen und die billigsten Rohstoffe und
natürlich die niedrigsten Löhne.

Das stimmt auch heute noch, aber es kommt ein Aspekt dazu, der vor 150
Jahren noch weniger dominant war. Kapitalismus kann nur gut funktionieren
dort, wo Mangel herrscht. Dass Überproduktion in eine Krise führt, wusste
aber auch Marx schon. Was den heutigen Kapitalismus vor allem auszeichnet
ist, dass er Mechanismen entwickelt hat, die Überproduktion ständig zu
vernichten: Ständig künstlichen Bedarf zu schaffen, wo vorher keiner war.
Die, durch den technischen Fortschritt enorm gestiegene, Produktivität wird
nur zu einem Teil in ein Mehr an Wohlstand und nützlichen Gütern verwandelt.
Ein immer größer werdender Teil geht in sinnlosen oder schädlichen Schrott.
In Werbung (einziges Produkt ist Unzufriedenheit), Krieg (Rüstung,
Zerstörung und dann auch noch "Wiederaufbau"), Glücksspiel, extrem
kurzlebige Produkte, geplante Obsoleszenz, "Finanzprodukte", etc..

Etwa 50% der Arbeit die wir heute leisten ist weder notwendig noch sinnvoll.
In großen Konzernen kommt dann noch extreme Bürokratie hinzu. Viele
Bullshit-Jobs. Rechnen wir die Zulieferbetriebe zu dem sinnlosen Zeugs hinzu
und auch die Tatsache, dass durch die absurde Rationierung von Know-How (so
genanntes "Geistiges Eigentum") ebenfalls noch Ineffizienz entsteht, so
schaut die Effizienzbilanz des Kapitalismus nicht mehr so gut aus.

Viele meinen, wir müssen unseren Lebensstil ändern und auf vieles verzichten
um das Klima zu retten. Lebensstil ändern - ja, aber das muss nicht
Verzichten bedeuten. Das Ganze ist kein Nullsummenspiel. Wichtig, um das
Klima zu retten, ist vor allem, dass wir weniger arbeiten. Viel weniger
arbeiten. Denn die meiste Arbeit, siehe oben, ist sinnlos und schädlich.

Zur Reduktion der Arbeit (und das wird angesichts der bevorstehenden
Automatisierung durch "künstliche Intelligenz" noch viel wichtiger) gibt es
zwei Möglickeiten: Arbeitszeitverkürzung. Also kürzere Wochenarbeitszeit,
mehr Urlaub und früher in Pension. Oder ein Grundeinkommen. Viele fragen:
Mit einem Grundeinkommen, wer würde da noch arbeiten? Viel weniger Menschen.
Und das ist (siehe oben) gut so!

Und angesichts der Dramatik der Situation, in die uns der Klimwandel bringt,
ist die Frage auch nicht: "Arbeitszeitverkürzung oder Grundeinkommen?"
sondern: Beides.

Aber wie stellt man sicher, dass vor allem die unnötige Arbeit eingespart
wird und nicht Sinnvolle? Auch hier spielt das Bedingungslose Grundeinkommen
eine wichtige Rolle: Das BGE stellt sicher, dass sich alle die
lebensnotwendigen Dinge leisten können. Damit besteht auch Anreiz, diese
Dinge entsprechend ausreichend herzustellen. Für das, was keiner braucht,
fehlt aber dann die Arbeitskraft.

Aber, wenn die Menschen so viel mehr Freizeit haben: Wird dann der
Resourcenverbrauch und damit der CO2-Ausstoß nicht steigen?

Ich denke wir sollten selbst den ökologischen Fußabdruck von Nur-Bürojobs
nicht unterschätzen: Klimaanlage, IT-Infrastuktur, Putzen, Dienstreisen und
Messebesuche am anderen Ende der Welt... und dann noch das tägliche Pendeln.

Wer deutlich weniger lange arbeiten muss, kann es sich dann auch locker
leisten, mit den Öffis oder mit dem Fahrrad ins Büro zu fahren statt mit dem
Auto. Und mit dem Fahrrad nach Griechenland ist auch kein Problem, wenn
genug Freizeit da ist. Auch mal etwas zu reparieren was man/frau sonst
weggeworfen hätte. Und gemeinsam mit den Kindern die eigenen Tomaten
anbauen... All das ist kein "Verzichten" sondern eben ein gutes Leben! Ein
Leben das heute vielen als unerreichbarer Luxus erscheint -- es aber nicht
sein müsste!

Wie das Tomaten-Beispiel zeigt: Die Menschen werden ihre neue Freizeit
sicher nicht nur vor dem Fernseher verbringen sondern anfangen sie auch
sinnvoll zu nutzen. Was dabei entstehen kann ist eine neue, kooperative Form
der Produktion. Freie Software ist ein gutes Beispiel dafür. Die Einführung
eines BGE kann also helfen, unsere Welt vom Übel des Kapitalismus gänzlich
zu befreien.

Die einleitenden Überlegungen geben übrigens auch eine Antwort auf die
Frage, wie ein BGE finanzierbar wäre. Offensichtlich können wir es uns ja
auch heute schon leisten die Hälfte der Menschen für Arbeiten zu bezahlen,
die keinen Nutzen bringen.

*Franz Schäfer (Mond), qummunismus.at*


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