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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juli 2019; 21:47
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Militarismus:

> BRD: Zivile Eliten im Flecktarn

Die Site *German Foreign Policy* berichtet über die Suche nach
Bundeswehr-Propagandisten unter den Meinungsmachern Deutschlands
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Die Bundeswehr sucht verstärkt zivile Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft
und Verwaltung als Vermittler von Propagandabotschaften zu gewinnen. Zu den
hierfür in Anschlag gebrachten Instrumenten zählen insbesondere sogenannte
Dienstliche Informationsveranstaltungen, bei denen die Teilnehmer angehalten
werden, künftig in ihrem jeweiligen "Verantwortungsbereich" die
militärpolitischen Zielsetzungen der deutschen Streitkräfte "aktiv zu
unterstützen". Erklärter Zweck ist die vollständige Identifikation mit der
Truppe: Die hochrangigen Besucher der mehrtägigen Lehrgänge werden zu
Offizieren befördert, müssen manöverähnliche Übungen absolvieren und
erhalten ein Schießtraining mit scharfer Munition. Integraler Bestandteil
des "erlebnisorientierten Programms" sind zudem Vorträge deutscher
Spitzenmilitärs über Aufstandsbekämpfung, "hoch intensive" Kriegführung oder
den "Arbeitgeber Bundeswehr". Diejenigen, die die Armee als potenzielle
Propagandisten einstuft, werden in eine spezielle "Multiplikatorendatei"
aufgenommen.

Die mehrtägigen Lehrgänge richten sich explizit an Bundestagsabgeordnete und
andere Parlamentarier, an "Spitzenkräfte" aus Unternehmen und
Gewerkschaften, an hochrangige Beamte, Richter und Staatsanwälte sowie an
"ausgewählte Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Bildung,
Forschung, Presse und Medien".[1]

Der Ablauf ist streng formalisiert: Zunächst müssen die Teilnehmer ihre
Zivilkleidung gegen eine Kampfuniform der Bundeswehr ("Flecktarn") tauschen,
so dass sie von den regulären Soldaten "nicht mehr ... zu unterscheiden"
sind, wie die Truppe erklärt.[2] Im Anschluss werden die "zivilen
Führungskräfte" für die Dauer des Lehrgangs zu Oberleutnanten "befördert" --
Fahneneid inklusive. Integraler Bestandteil des Lehrgangs ist die
"Waffenausbildung": Den deutschen Streitkräften zufolge lernen die Besucher
das Gewehr G36, die Pistole P8 und das Maschinengewehr MG4 "unter Anleitung
zu laden und damit zu zielen", um dann selbst den "scharfen Schuss" zu
trainieren.[3]

Gedrillte Zivilisten

Auch müssen die Teilnehmer der "Dienstlichen Informationsveranstaltungen"
zahlreiche manöverähnliche Übungen absolvieren. Regelmäßig auf dem Programm
stehen laut Bundeswehr "Orientierungsmärsche" mit Karte und Kompass, das
Überwinden einer Schlucht mittels "Seilsteg" oder das Durchqueren von
Minenfeldern. Trainiert werden zudem klassische Besatzungstätigkeiten wie
das Einrichten von Straßensperren ("Checkpoints") und das Durchführen von
Patrouillen in einem fiktiven Interventionsgebiet - etwa als Reaktion auf
"Terroranschläge von separatistischen Gruppen".[4] Passend dazu finden die
"Informationsveranstaltungen" des Heeres meist in "Barbaradorf" statt. Dabei
handelt es sich um eine künstliche Siedlung auf dem niedersächsischen
Truppenübungsplatz Munster-Nord, die eigens eingerichtet wurde, um Soldaten
auf den "Häuser- und Ortskampf" in feindlicher Umgebung vorzubereiten.

Abgerundet werden die Lehrgänge für "zivile Führungskräfte" durch Vorträge
deutscher Spitzenmilitärs. So vermittelte etwa Brigadegeneral Norbert
Wagner, Kommandeur des Ausbildungskommandos der deutschen Infanterie, den
Teilnehmern der "Informationsveranstaltung" des Heeres im Juni 2017 die
Notwendigkeit militärischen Drills mit der Aussage, der einzige
"Bestimmungszweck" von Streitkräften sei der "Kampf": "Dies erfordert das
Beherrschen des militärischen Handwerks sowie physische und psychische
Robustheit, um im Einsatz zu bestehen." Wie Wagner weiter ausführte, gehe es
letztlich darum, die Truppe auf das "hochintensive Gefecht" vorzubereiten,
da damit auch sämtliche "Fähigkeiten für die Erfüllung anderer
Einsatzaufträge" abgedeckt würden. Schließlich sei die "Bandbreite" der von
der Bundeswehr durchzuführenden Kriegsoperationen "riesig" und "geografisch
nicht eingrenzbar", erklärte der General.[5]

Olivgrün

Erst kürzlich absolvierten mit Cem Özdemir und Tobias Lindner zwei
hochrangige Politiker der Partei "Bündnis 90 / Die Grünen" eine "Dienstliche
Informationsveranstaltung" der Bundeswehr. Beide waren danach voll des Lobes
über die Truppe; stellvertretend für seinen Fraktionskollegen sprach der
Bundestagsabgeordnete Özdemir von einem "tolle(n) Programm" und "sehr
positive(n) Eindrücke(n)": "Die Teilnahme an dieser Veranstaltung kann ich
nur empfehlen."[6]

Das braucht aber nicht zu verwundern, denn noch heute setzt Özdemir die
NATO-Bombenangriffe auf Jugoslawien mit der Landung der Westalliierten der
Anti-Hitler-Koalition in der Normandie gleich: Beides zeige, dass man "als
äußerstes Mittel auch den Einsatz des Militärs" brauche, um seiner
"humanitären Verantwortung gerecht (zu) werden", schrieb er unlängst
gemeinsam mit seinem Parteifreund Lindner in der FAZ.[8]
(gek.)


[1] Deutscher Bundestag. Drucksache 19/10427. Berlin 23.05.2019.
[2] Das Ausbildungszentrum Munster begrüßt 46 zivile Führungskräfte.
deutschesheer.de 13.06.2019.
[3] Das Heer zum Anfassen - Zivilisten erkunden eine andere Welt.
deutschesheer.de 04.07.2018.
[4] Eine Reise in eine andere Welt. luftwaffe.de Oktober 2014.
[5] "Vorbild - Vertrauen - Verantwortung" - die Schlüsselbegriffe der
Menschenführung in der Bundeswehr. deutschesheer.de 13.06.2017.
[6] "Tolles Programm, sehr positive Eindrücke" - Die Abgeordneten Lindner
und Özdemir üben in Munster. deutschesheer.de 19.06.2019.
[8] Tobias Lindner/Cem Özdemir: Warum grüne Außenpolitik die Bundeswehr
braucht. Frankfurter Allgemeine Zeitung 13.06.2019.

Volltext: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7975/



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