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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juli 2019; 21:37
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Militarismus:

> Mord an der Mur

Vom Wiener Stadtrand durch die Steiermark über Breslau und Kiew nach
Jerusalem und zurück -- ein Parforce-Ritt von *Aug und Ohr* durch die Welt
der Paramilitärs.


Wenn man sich in das z. T. noch romantische und heimliche Stammersdorf
begibt und ein wenig die Hauptstraße hinaufgeht, etwa auch in eine
Nebenstraße gerät, die sich zum Bisamberg hinzieht, wird man bald eines
eigentümlichen scharfen und schnellen Knatterns gewahr - und einer, der
damit nichts anzufangen weiß, könnte auf die Idee kommen, dies wäre eine -
etwas übertriebene - Vorrichtung der Winzer, um die Spatzen aus den
Weinbergen zu verscheuchen. Ach wäre dies nur so!


Der tödliche Weinort

Die Bevölkerung ist aber bereits in Ansätzen informiert, und seit Monaten
erheben sich Proteste gegen die Urheber dieses Lärms. Die Leute haben auch
allen Grund dazu, denn wer heute nach Stammersdorf zieht und sich dort
einkauft - auch in eine der berühmten geförderten Wohnungen - oder sich gar
ein Häusl baut, der muß den Großteil des Tages mit diesem Krach leben. Das
wäre dann eine Fehlinvestition gewesen. Dagegen wenden sich einige Personen
in der Bevölkerung und sie wissen bereits, wem das geschuldet ist: dem Heer,
aber besonders der Polizei, die auf dem nahegelegenen Schießplatz
ununterbrochen zum Wohl der Bevölkerung Schießen übt.

Der Schießplatz wurde - wie kann es anders sein - bereits 1940 von den Nazis
gegründet, und wenn man in seine Nähe kommt und zu einem der dortigen
Heurigen, wundert man sich, wie aggressiv und roh plötzlich die Leute in der
unmittelbaren Nähe der Schießstätte werden, je näher man dem Schießplatz
kommt, gerade auch die, die dort, bei diesem Heurigen, servieren. Man kommt
sich vor wie ein Eindringling.

Zumindest war dies mein Gefühl vor etwa 25 Jahren, seither war ich nicht
mehr dort, aber es wird sich nicht wesentlich verändert haben. Da herrscht
eine eigenartige Kälte: schwerer, guter Wein, faschistische Kälte.

Es gibt Anfragen zu dieser Sache im Floridsdorfer Bezirksparlament, es gab
schon 2001 eine Anfrage vom immer rührigen Pilz, es gab vor kurzem eine
Anfrage im Parlament, die Floridsdorfer Bezirkszeitung berichtet darüber mit
einigem Nachdruck, nur der sozialdemokratische Bezirkschef Papai hält sich
etwas bedeckt.

Einer antimilitaristischen Befreiungsbewegung würde er sich nicht an die
Spitze stellen.


Zwei Schwestern

Verschwiegen wird allerdings von allen Seiten, daß dort, auf diesem Gelände,
auch die Filiale eine der gefährlichsten Kriegseinrichtungen Europas übt und
schießt, und zu ihren Trainingskursen ganz besonders auch Schüler hinlockt:
die European Security Academy (ESA), die ihre Zentrale in Polen hat und u.
a. über ein riesiges, im Wald verstecktes Übungsgelände in der Nähe von
Breslau (Wroclaw) verfügt. Sie ist eine Art Partnerin der International
Security Academy Israel (ISA ISRAEL), die ein beinahe identisches Programm
hat. Diese ISA ISRAEL ist im vergangenen Jahr in Österreich in die
Schlagzeilen gekommen, da sie israelische Nahkampf-Kurse, die auch und
gerade für den Kampf gegen die unterdrückten Palästinenser eingesetzt
werden, in dem idyllischen steirischen Mureck, einem Ort mit
dreieinhalbtausend Einwohnern, nahe der slowenischen Grenze, direkt an der
Mur gelegen, dem strafferen Teil der Bevölkerung anbietet.

Dagegen haben dort (und in Wien) Proteste begonnen, allerdings nicht bloß
wegen der Lärmbelästigung, sondern es sind bereits Proteste
pazifistisch-antimilitaristischen Charakters. Die Proteste gehen vom BDS,
der AIK, über die Steirische Friedensplattform, die steirische Linkspartei,
die Frauen in Schwarz bis hin zu den Grünen und zum SPÖ-Bürgermeister von
Mureck.

Die ISA organisiert dort Kampftraining, mit einem besonderen Focus auf
Nahkampf in seiner speziellen israelischen Ausgabe, die sich Krav Magá
nennt, was in etwa dasselbe bedeutet wie close combat. In Spanien und der
Schweiz existieren bereits Filialen, jetzt versucht man es mit Österreich.

Beiden, der ESA und der ISA Israel sind einige Charakteristika gemeinsam:

-- Sie locken mit zivilen Selbstverteidigungskursen für die, wie sie immer
betonen, zunehmend gefährdete Zivilbevölkerung, Kunden an und versuchen,
sich damit ein ziviles Feigenblatt zu schaffen, aber ihr
strategisch-geschäftliches Hauptaugenmerk zielt in Richtung Spezialeinheiten
und den paramilitärischen Bereich (der in Polen außergewöhnlich stark
anwächst und der in Israel in die militärische Gesamtstruktur integriert
ist).

-- Sie werben zunehmend und offensiv unter Schülern und sonstigen
Jugendlichen. (Im durchmilitarisierten Polen gibt es seit langem
militärischen Unterricht an den Schulen, dort findet die ESA naturgemäß eine
große Resonanz. Auch die ESA in Stammersdorf veranstaltet Schießkurse
explizit für Schüler, exportiert also in gewissem Sinn das polnische Modell.
Und in Israel ist der Staat derart durchmilitarisiert, daß der militärische
und der zivile Bereich praktisch ineinander übergehen.)

-- Schließlich steht im Zentrum der vermittelten skills der nicht
unwesentliche Nahkampf mit seinen immer raffinierteren Techniken: in Polen
nennt er sich BAS und wurde vom Gründer der ESA, dem übrigens hochgebildeten
Dr. Andrzej Bryl, entwickelt.


Faustkampf und Staatsterror

Close combat oder face-to-face ist aber keine bloße Freizeitbeschäftigung
für toughe Jungs: In Polen wird BAS von den Spezialkräften des Heeres und im
Antiterrorkampf der Polizei verwendet. Die Politik des polnischen Staates
ist ganz auf den Angriffskrieg gegen Rußland ausgerichtet, das große
paramilitärische Lager dito.

Die zivile, "kampfsportliche" Ausbildung dient als Einstiegsdroge für
Manche, die sich abwechselnd als Personen- oder Objektschützer, oder dann
als Paramilitärs und Terroristenjäger und dergleichen profilieren wollen. Es
beginnt mit Sport und endet mit Mord.

In Israel wird Krav Maga ebenso im "Antiterrorkampf", das heißt im Klartext:
bei der Unterdrückung der Palästinenser, verwendet.

In Israel, beim IDF und den Spezialkräften, etwa Sayeret Matkal, und den
Kursen für ausländische jüdische wie nichtjüdische Gäste (eine neue boomende
Sparte der Tourismusindustrie) wird fallweise die für Krav Maga
charakteristische Doppelstrategie der blitzschnellen Verteidigung, und
wahlweise des blitzschnellen Angriffs trainiert, welch letzterer von der
Entwaffnung des Gegners bis zu dessen Ermordung geht! "Neutralisierung" des
Gegners ist Programm bei diesen Kursen. Ununterbrochen werden Werbevideos
darüber veröffentlicht.

Polen und Israel haben zwar unterschiedliche politische Hauptzielobjekte:
auf der einen Seite Rußland, auf der anderen die Palästinenser, aber der
paramilitärische Teil der Vorbereitung eines Angriffskriegs und die
counterinsurgency gehen ineinander über, und es findet auch zwischen ESA und
ISA Israel ein gegenseitiger Know-How-Transfer statt.

An Krav Maga soll sich die gesamte israelische Bevölkerung beteiligen -
gewissermaßen die Counter-Version eines Volkskriegs. Krav Maga ist die
Ideologie eines verfolgten und dadurch zusammengeschmiedeten Volkes, diese
Ideologie wird bei allen Kursen (besonders in Israel) mitgeliefert. Wenn
Lenin von Linkem Tourismus sprach - hier ist es der Rechte Tourismus!

In Polen soll tunlichst die ganze Bevölkerung, besonders die Jugend für den
künftigen Angriffskrieg "gestählt" werden.

Und die jungen Bewunderer von Andrzej Bryl, nicht nur die polnischen, auch
die internationalen, sind Legion. Er ist der Spitzensöldnerausbilder, der
Spitzenüberlebenskünstler. Ebenso wie beim israelischen Begründer von Krav
Maga versucht man, die Gestalt Bryls, wohl auch aus merkantilen Gründen,
extrem hochzustilisieren. Es geht bis zum Personenkult.


Blutige Geschichte

Wer noch Zweifel hat, der werfe einen Blick auf die Geschichte von Krav
Maga. Als dessen Gründer gilt Imre (Imi) Lichtenfeld, der in Bratislava
damit begann - allerdings im Nahbereich der radikal rechten bis
faschistischen jüdischen Betar-Bewegung, deren Gründer Vladimir Jabotinsky
von Ben Gurion schlicht und einfach "Vladimir Hitler" genannt wurde - einen
jüdischen, gegen die Faschisten gerichteten Selbstschutz aufzubauen.

Mit Hilfe des Betar, der militärisch und ideologisch eng mit dem
Mussolini-Regime zusammenarbeitete! Es führt eine Linie vom Betar bis zum
Likud.

Der Betar organisierte auch ein Schiff nach Palästina, und Lichtenfeld kam
auf dieses Schiff, aber gelangte letztlich erst auf Umwegen dorthin.

Einige meinen, die Rolle von Lichtenfeld wäre übertrieben gezeichnet und
machen darauf aufmerksam, daß andere Nahkampfausbildner schon vorher, im
Yishuv, Bedeutendes geleistet hätten . Wie dem auch sei: "Imi" (mit
hebraisiertem Namen hieß er Imi Sde-Or) begann, die Kampftechnik in die
Haganah, die Vorläuferin der IDF, und die brutale Elitegruppe der Haganah,
die Palmach hineinzutragen. Wo eine ähnliche Kampftechnik aber bereits
vorhanden war. Er entwickelte sie nur weiter und trieb sie bis zu einer für
Außenstehende beinahe unglaublichen Härte - bei der, im Gegensatz zu
sonstigen Kampfsportarten, auch "sensible" Teile des Körpers nicht geschont
werden.

Später fand Krav Maga bei den IDF eine Heimat, und in allen Spezialkräften!
Diese Technik steht, neben Bomben, Drohnen und Folter, in vorderster Linie
im Kampf gegen die palästinensische Zivilbevölkerung, die sich derzeit
wieder mit den simpelsten Mitteln und verzweifelt, ganz ähnlich wie in den
Zwanzigerjahren, gegen die militärische (militärisch-zivile!) Übermacht der
Besatzer zu wehren versucht. Zu rächen versucht.

Aber Messerstecher gab es auch unter den Zionisten. Im Jahre 1924 bereits
ermordete ein Kommando der Haganah hinterrücks den antizionistischen
orthodoxen Politiker und Poeten Jacob Israël de Haan, der - horribile
dictu - eine Verständigung mit den Arabern anstrebte.

"Imi" entsandte seine Söhne in die Welt, unter anderem Kobi (Jakob)
Lichtenfeld, jetzt Lichtenstein, der sich Brasilien vornahm. Dort, wie in
etlichen anderen südamerikanischen Staaten, wimmelt es nur so von
Nahkampfschulen. Es findet hier also ein (sub)imperialistischer Export von
Techniken irregulärer Kriegsführung statt, und das ausgerechnet nach
Lateinamerika, immer unter der volksfreundlichen Ägide der
"Selbstverteidigung".

Lichtenstein ist ein gutes Beispiel, er bildet das brasilianische Militär
und das Sondereinsatzkommando BOPE (Batalhão de Operações Policiais
Especiais) aus. Eine seiner portugiesischen Publikationen hat den Titel:
Krav Maga: Sua Defesa Pessoal contra a Violência Urbana ("Ihre persönliche
Verteidigung gegen Gewalt auf der Straße"). Bestens geeignet im
Straßenkampf.

Die derzeitige Situation muß ihm einigen Zulauf bescheren.

In zahlreichen Ländern hat sich Krav Maga festgesetzt, gerade in so
politisch "sensiblen" (um das Wort nochmals zu verwenden) wie ausgerechnet
Indien, wo ebenfalls die Counterkräfte des Regimes beliefert werden. Unter
anderem in Frankreich und den USA erhalten polizeiliche wie militärische
Kräfte einen Krav-Maga-Ausbildung. Eine genaue Landkarte des israelischen
militärisch-paramilitärischen Know-How-Exports muß einem eigenen Bericht
vorbehalten werden.


Eine Wirtschaftspartei

Zusätzlich zur militärischen Verquickung, zur politischen, kommt die
wirtschaftliche. Der ukrainische Oligarch Ihor Kolomojsky und dessen Adlaten
haben bekanntlich den halben Semmering aufgekauft, die ukrainische Partie
steht in enger wirtschaftlicher Beziehung zu Corino Fabiani, einem FPÖler,
der dasjenige Hotel in Mureck besitzt, in dem die Krav-Maga-Kurse abgehalten
werden. Wichtige wirtschaftliche Verbindungsfigur zu den Ukrainern ist der
FPÖ-Mann und ehemalige Abgeordnete Schellenbacher.


Ausbildung für Terroristen

Kolomojskyj kann als Faschist bezeichnet werden, da er Banden finanziert,
zuerst die Dnipr-Gruppe, dann das Asow-Bataillon, die zu den brutalsten
Terrororganisationen gehören, die gegen die russische Bevölkerung im Osten
eingesetzt werden. Das Asow-Bataillon ist - fast nach israelischem Muster -
in die staatlichen militärischen Strukturen integriert worden.

Gehen wir einen Schritt weiter. Das Recherchenetzwerk Bellingcat hat
dokumentiert, daß das Asowsche Regiment von der ESA ausgebildet wurde und
daß das Gros der Teilnehmer aus Personen bestand, die eindeutig
nationalsozialistisch ausgerichtet waren. Kolomojskyj, übrigens ein Jude:
ein Financier faschistischer Terroristen, ein Geschäftsfreund der FPÖler!

Wir gehen noch weiter: Zwei am Mord an dem slowakischen Aufdecker Ján Kuciak
beteiligte Personen, ein ehemaliger Polizist und ein ehemaliger
Heeresangehöriger, gingen nach dem Ausscheiden aus dem Dienst bei der ESA in
Polen in die Schule. Das berichten Aufdecker und demokratische Zeitungen in
der Slowakei.

Allerdings ist auch in der Slowakei die ESA kaum ein Thema. Die ESA wird
mehr oder minder verschwiegen.

Die ukrainischen faschistischen Terrororganisationen ziehen die Terroristen
an wie die Fliegen. Der "Antiterrorkampf" in der Ukraine ist ihr Gelobtes
Land. Zwei eng mit dem Mörder von Christchurch zusammenarbeitende
Rechtsextreme waren in der Ukraine im paramilitärischen Einsatz, das ist in
Australien breit dokumentiert, auch von Brenton Tarrant selbst berichtet
eine Quelle, allerdings nur eine einzige (es ist die russische
Kosakenorganisation Australiens), er wäre dort ebenfalls im Einsatz gewesen.


Wo ist das zarte Pflänzchen Hoffnung?

Was für einen Anteil die ESA am Lärm in Stammersdorf hat, das hat dort noch
niemand eruiert . und man müßte darüber noch wesentlich hinausgehen!

Das Problem ESA / ISA Israel geht weit über Lärmbelästigung hinaus, geht
weit über die Störung des friedlichen Fremdenverkehrs von Mureck hinaus,
geht weit über den Male-Chauvinismus der Heranwachsenden und der Ausbildner
hinaus: es betrifft die Paramilitarisierung der Welt mit Hilfe des
"Kampfsportes", in die Österreich hineingezwungen wird. Österreich wird zu
einem willenlosen Puzzleteil im Dauerkrieg.

Die Souveränität dieses Landes ist ein wenig angeknackst. Dessen Territorium
wird für den staatsterroristischen Dauerkrieg zur Verfügung gestellt. Es ist
eine Entsouveränisierung besonderer Art.

Konklusion: Bürgerinitiativen, Pazifisten, antiimperialistische
Organisationen hätten hier eine Phalanx zu bilden, aber eine
österreichweite.

Denn bei Krav Maga in einem kleinen Grenzort wird es nicht bleiben. Auch der
aufheulende Antisemitismusvorwurf wird nicht auf sich warten lassen. Und die
Truppendurchfahrten werden zunehmen.

Hinter der neuen Sportler-, Soldaten- und Söldnerschule in Mureck steht der
Völkermord.
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