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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. Juli 2019; 21:41
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Ö/Justiz:
> Zahlen fürs Demonstrieren
Die Justiz ist der Meinung, daß für Schäden, die im Umfeld einer
Demonstration von Unbekannten verursacht worden sind, diejenigen haftbar
sind, die die Demo angemeldet haben. Zumindest gelte das für eine Linzer
Demo, die von "Linz gegen Rechts" organisiert worden war. Die
Zivilbeklagten, KJÖ und SJ OÖ, wollen in Berufung gehen.
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Im Jahr 2016 fand in Linz eines der größten rechtsextremen
Vernetzungstreffen im deutschsprachigen Raum statt. Das Bündnis "Linz gegen
Rechts" organisierte dagegen eine riesige Demonstration, die sich gegen
Rassismus, Hass und Hetze und für ein solidarisches und gemeinsames
Miteinander aussprach. Nun stellt ein folgenschweres Gerichtsurteil das
demokratische Recht auf Versammlungsfreiheit in Frage und bringt die
Demonstrationsanmelderinnen in große Bedrängnis. Die Anmelderinnen der
Demonstration, die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) und die
Sozialistische Jugend Oberösterreich (SJ OÖ) wurden geklagt, weil während
der Demonstration ein Sachschaden auf einem Gebäude entlang der Demoroute
entstand. Das Bezirksgericht Linz sprach den Klägern nun in erster Instanz
Schadenersatz zu, inklusive Prozesskosten sollen die beiden
Jugendorganisation eine Summe von 23.263,45 EUR bezahlen. SJ OÖ und KJÖ werden
dieses Urteil nicht akzeptieren und gehen in Berufung!
"Wer Demokratie lebt, darf dafür nicht bestraft werden. Es ist daher unsere
demokratische Pflicht in Berufung zu gehen. Denn dieses Urteil bedeutet
nichts anderes, als das Aus des Versammlungsrechtes in Österreich. Das
werden wir nicht zulassen!", gibt sich Nina Andree, Landesvorsitzende der
Sozialistischen Jugend Oberösterreich, kämpferisch. "Wenn wir unsere Meinung
nicht mehr auf die Straße tragen können, ohne Gefahr zu laufen für Schlicht
weg alles zur Verantwortung gezogen zu werden - noch dazu egal ob man als
AnmelderIn korrekt gehandelt hat oder nicht - steuern wir auf düstere Zeiten
zu. Es ist ein Angriff auf antifaschistische Arbeit und es ist vor allem ein
Angriff auf die Demokratie."
"Das Recht auf Verhandlungsfreiheit ist eines unserer wichtigsten
demokratischen Rechte! Wenn wir dieses Gerichtsurteil akzeptieren würden,
würden wir auch akzeptieren, dass dieses Grundrecht massiv beschnitten und
angegriffen wird. Das können und wollen wir nicht zulassen!", erklärt
Raffael Schöberl, Bundesvorsitzender der Kommunistischen Jugend Österreichs,
unisono und ergänzt: "Da uns die gesamtpolitische Tragweite dieses Urteils
bewusst ist, werden wir in Berufung gehen."
Um die anmeldenden Organisationen in ihrem Gerichtsprozess zu unterstützen,
hat das Bündnis "Linz gegen Rechts" die Spendenkampagne "Demokratie in
Gefahr: Versammlungsfreiheit verteidigen!" ins Leben gerufen. Mit dem
gesammelten Geld sollen die Anwalts- und Verfahrenskosten gedeckt werden.
Sollten durch einen erfolgreichen Verlauf des Prozesses weniger Kosten als
befürchtet auf die anmeldenden Jugendorganisationen zukommen, wird das Geld
dem Bündnis "Linz gegen Rechts" zur Verfügung gestellt, um auch in Zukunft
eine starke antifaschistische Stimme in Linz und Oberösterreich zu haben.
Die Rechtsanwälte der Kommunistischen Jugend Österreichs arbeiten gerade an
der Berufung des Urteils, ohne den Inhalt vorwegnehmen zu wollen, können die
Anwälte der KJÖ bereits jetzt angeben: "Eine Haftung des Anmelders bzw.
Leiters einer Demonstration für sämtliche Schäden, die von Teilnehmern der
Demonstration verursacht wurden, ist gesetzlich nicht vorgesehen und wäre
auch mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf
Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Dem Anzeiger die Haftung für das
Verhalten sämtlicher Teilnehmer einer Demonstration aufzubürden käme einer
intentionalen Beschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gleich,
die dessen Anwendungsbereich völlig aushöhlen würde." - Bernd Wiesinger
(Rechtsanwalt)
Der Rechtsanwalt der Sozialistischen Jugend Oberösterreich, Michael Pilz,
gibt folgende Erklärung ab:
"Das vorliegende Urteil ist ein schlecht begründeter Eingriff in das
Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Das Erstgericht versucht aus dem
Umstand, dass am Beginn der Demonstration bereits Personen teilnahmen, die
möglicherweise gegen das öffentlich-rechtliche Vermummungsverbot verstoßen
haben, eine Haftung der Demonstrationsleitung zu konstruieren, die nach der
Auffassung des Gerichtes gezwungen gewesen sei, diese Personen aus dem
Demonstrationszug zu entfernen, um eine Haftung für nachfolgende
Sachbeschädigungen zu vermeiden. Dabei übersieht das Erstgericht, dass der
Demonstrationsleitung gar keine rechtlichen Handhaben und tatsächlichen
Zwangsmittel zur Verfügung standen, um auf die Einhaltung des
Vermummungsverbotes zu achten; sie ist dazu auch nicht gezwungen, da das
Vermummungsverbot eine öffentlich-rechtliche Ordnungsvorschrift ist.
Bemerkenswerterweise haben auch die den Demonstrationszug begleitenden
Sicherheitskräfte keine Veranlassung gesehen, wegen tiefer ins Gesicht
gezogener Kapuzen einzelner Demonstrationsteilnehmer einzuschreiten.
Ungeachtet dessen konstruiert das Erstgericht eine Haftung, da bei ,einer
unüberschaubaren Anzahl von Schädigern, etwa bei Großdemonstrationen, eine
Solidarhaftung unangemessen scheine. Im Ergebnis wäre daher eine Haftung der
beklagten Parteien zu bejahen'. Diese Begründung entbehrt jedes rechtlich
vertretbaren Substrates. Letztlich wird das Urteil schon deswegen aufzuheben
sein, da das Erstgericht ohne erkennbare Rechtfertigung zwischen den
Anmeldern der Demonstration einerseits und den Demonstrationsleitern
andererseits nicht differenziert; letztgenannte waren natürliche Personen,
wobei die von der klagenden Partei in Anspruch genommenen Organisationen
aber lediglich als Anmelder der Demonstration fungierten.
Dieses Urteil wird, so meine Einschätzung, vor dem Landesgericht Linz nicht
halten; sollte dies wider Erwarten der Fall sein, wird der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte darüber zu entscheiden haben, ob im Umweg
über eine Schadenersatzhaftung für das Verhalten Dritter das
Demonstrationsrecht beschnitten werden darf."
(Aussendungstext von "Linz gegen Rechts", 1.7.2019)
Quelle: http://linz-gegen-rechts.at/wir-gehen-in-berufung/
Prozesskostenspendenkonto: Konto: Bündnis Linz gegen Rechts,
Verwendungszweck: Solidarität, IBAN: AT93 5400 0002 0065 9688, BIC: OBLAAT2L
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