**********************************************************<br>akin-Pressedienst.<br>Aussendungszeitpunkt: Montag, 24. Juni 2019; 18:13<br>**********************************************************<br><br>Klima/Glosse:<br><br>Mit klimawandlerischer Sicherheit<br><br>Von *Bernhard Redl*<br><br>Da ist sie schon, die Klimakatastrophe. Nämlich die Katastrophe für das<br>politische Klima in diesem Land. Denn was die Grünen schon bei der EU-Wahl<br>gefordert haben, kommt jetzt wohl bei der Nationalratswahl: Ein<br>Klimawahlkampf. Bei der EU-Wahl war es egal, bei der Nationalratswahl wird<br>es wirklich schlimm. Ja, letztes Mal war es auch schlimm, das war ein<br>Flüchtlingswahlkampf mit ein bisserl Silberstein, da kann man schon<br>verstehen, wenn einem ein Agenda-Setting wie das Klimathema lieber ist. Mit<br>den Flüchtlingen konnten die Grünen nur verlieren, mit dem Klima können sie<br>nur gewinnen, der Heiligen Greta sei Dank.<br><br>Aber was ist nach den Wahlen, gibts dann eine Klimakoalition? Was ist mit<br>all den anderen Themen? Zur Erinnerung: Gerade wurde eine Regierung<br>demontiert, die am besten Weg war, mit der Einführung von Hartz IV,<br>Marginalisierung von Institutionen in den Bereichen Soziales, Arbeitsrecht<br>und medizinischer Versorgung, Kriminalisierung von Flüchtlingen,<br>Verschärfungen des Strafrechts, Exculpierung von Großkapitalisten,<br>Rekatholisierung und Militarisierung der Gesellschaft, weitergehende<br>Durchseuchung der Bürokratie mit Burschenschaftern und Parteigünstlingen<br>sowie der Justiz mit rechten Richtern und Staatsanwälten, Austrocknen<br>kritischer NGOs und des ORF usw. usf. uns wieder zurück in die Zeiten eines<br>Engelbert Dollfuß zu bringen.<br><br>Ein bisserl was davon haben Basti und Bumsti schon durchgesetzt und Herr<br>Kurz verkündet jetzt: "Unser Weg hat erst begonnen!" Na, servas!<br><br>Aber das ist ja alles völlig egal angesichts des drohenden Klimaholocausts,<br>oder? Ja, hartes Wort, aber so muß man das wohl nennen, wenn man liest:<br>"Denn so wie wir unsere Eltern gefragt haben: Wie war das im<br>Nationalsozialismus? Was hast du gewusst? Was hast du getan? Genau so werden<br>uns einmal unsere Kinder und Enkel fragen: Wie war das beim Klima? Was hast<br>du gewusst? Was hast du getan?" Das sagt Helga Kromp-Kolb in einem Interview<br>mit der Krone.<br><br>Bei aller Liebe zur Natur, nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich!<br><br><br>Argumentationslinien<br><br>Ich habe mich die letzten Tage viel mit Grünen gestritten diesbezüglich --<br>die Reaktionen waren fast immer die gleichen. Entweder: Alle anderen Themen<br>sind jetzt egal, wenn wir den Planeten noch retten wollen. Oder: Ja, aber<br>vom Klimawandel sind doch die Ärmsten am meisten betroffen, das ist doch ein<br>gemeinsames Thema, da hilft der New Green Deal, da braucht man das mit dem<br>Sozialen gar nicht mehr extra erwähnen.<br><br>Hmpf! Also bei Ersterem habe ich den Verdacht, das ist einfach nur Angstlust<br>mit Coolness-Faktor. Das ist jetzt hip und die Hl. Greta hat ja gesagt, sie<br>wolle, daß wir Panik bekommen. Ist ja auch ganz toll, wenn man da jetzt den<br>ganzen Planeten retten kann. Greenman und Climategirl werfen ihre Capes um<br>und sorgen für eine CO2-freie Zukunft. Bei der anderen Antwort fühle ich<br>mich an das Diktum des Hauptwiderspruchs erinnert, wie wir es aus den<br>früheren KPs kennen: Die Nebenwidersprüche (wie z.b. die Frauenemanzipation)<br>werden sich schon mit auflösen, wenn es einmal den Kommunismus gibt.<br><br>Wird halt nur schwierig, wenn irgendjemand auf die Idee kommt, daß man<br>Heizöl wie Diesel besteuern soll. Dann werden sich halt manche Leute das<br>Heizen nimmer leisten können. Die erfrieren dann zum Wohle des Planeten. Die<br>Erde ist eh überbevölkert.<br><br>Man verzeihe mir den Sarkasmus, aber man kann da schon den Verdacht haben,<br>daß es hier nur um Opportunismus geht -- daß die Krone und die FPÖ dieses<br>Thema jetzt auch für sich entdeckt haben, ist ein starkes Indiz dafür.<br><br><br>Die Partei, die Partei<br><br>Schlimm allerdings wird es, wenn selbst die Linken bei den Grünen für eine<br>besseres Klima in der Partei die Segel streichen. Da lese ich dann auf<br>Facebook von einem alten Bekannten, der eigentlich schon eine Chance auf<br>einen günstigen Wiener Listenplatz bei der Kandidatenaufstellung gehabt<br>hätte, er verzichte auf seine Kandidatur, um nicht das Mandat eines<br>Greenpeaclers zu gefährden, weil der so ein toller Klima-Experte sei. Die<br>Folge: Der Greenpeace-Typ wurde Wiener Spitzenkandidat, dafür gibts<br>niemanden mit brauchbarem Listenplatz der von Sozialfragen, Arbeitsrecht<br>oder Ökonomie wirklich eine Ahnung hätte. Markus Koza, der diese<br>Qualifikationen alle hat, landete auf Platz 8 der Wiener Liste -- also ohne<br>Chance auf ein Mandat.<br><br>Er hätte aber vielleicht auch gestört in einer zukünftigen Grün-Riege. Denn<br>ganz ausschliessen will der Parteichef ja eine Koalition mit dem türkisen<br>Gesalbten nicht. Ja, jetzt werde ich böse -- denn diese Option ist immer<br>noch im Spiel und seit ein paar Tagen sogar noch leichter denkbar. Auf einer<br>kleinen Spielwiese der Politik, wo ja gerne mal was ausprobiert werden kann,<br>nämlich in der ÖH auf der Karl-Franzens-Uni in Graz hat sich die GRAS (also<br>die Grünen) mit der AG (also der ÖVP) und den JUNOS (also den NEOS) auf ein<br>Packl ghaut, um dort die Exekutive zu stellen. Sie hätten mit VSStÖ,<br>Fachschaftsliste und KSV auch eine Mehrheit gehabt, sogar eine größere, aber<br>... naja, aus irgendeinem Grund wollten sie das lieber so. Warum genau, weiß<br>man nicht, weil jeder Versuch, das zu hinterfragen, geflissentlich ignoriert<br>wird.<br><br>Die Pointe dabei? Das ist genau die GRAS, die die Bundesgrünen 2017 gegen<br>jene Fraktion durchsetzten, die von den Jung-Grünen unterstützt worden ist.<br>Weswegen die Jung-Grünen rausgeschmissen worden sind und dann zur KPÖ<br>gegangen.<br><br><br>Klimawandel<br><br>Genau das ist das Problem. Das politische Klima in diesem Land hat sich sehr<br>gewandelt -- alle fürchten sich davor, daß nach den nächsten Wahlen Herr<br>Kurz alleine bestimmen wird, wohin dieses Land politisch geht. Und alle<br>wollen gerne sein Beiwagerl sein. Also reden sie lieber übers Wetter. Das<br>ist unverfänglich und da kann ja jeder was dazu sagen.<br>###<br><br><br>***************************************************<br>Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen<br>Wiener Wochenzeitung 'akin'. 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