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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 6. Juni 2019; 18:27
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Causa Prima:

> Frausein ist kein Programm

Im 21sten Jahrhundert angekommen, ist das Faktum, dass nicht ein Mann,
sondern eine Frau die Funktion übernimmt, Bundeskanzlerin zu sein,
eigentlich kein Thema mehr. Selbst in der reaktionär geprägten Schweiz
musste in den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch im letzten
ihrer Kantone dem Frauenwahlrecht stattgegeben werden. Die Tatsache, dass
Frauen wie Männer gleichermaßen wahlberechtigt sind und auch politische
Ämter innehaben können, ist also schon seit längerem Realität.

Umso erstaunlicher mutet es an, dass prominente Medienvertreter in ihrer
ersten Reaktion -- via ORF übertragen -- als erstes das Merkmal Frau betont
hatten, so, als wäre es etwas Besonderes, dass es eine Frau ist, die
Bundeskanzlerin sein darf und diese Funktion innehaben wird. Die Frau, das
andere Geschlecht, das klingt doch antiquiert, obschon wir wissen, dass wir
real noch immer im Patriarchat leben. Trotz patriarchal geprägter
Grundstruktur, analysierbar über strukturell und kulturell geprägter Gewalt
ist es doch nicht - nicht mehr - verblüffend, dass sich Frauen in den Reigen
des Patriarchats einschmiegen, um in der Männersuppe mitzuschwimmen.

Frau sein, ist kein politisches Programm. Frau sein ist keine politische
Haltung und Frauensolidarität kann auch dort aufhören, wo die Schere
zwischen Arm und Reich beginnt. Mit einer Frau, die einst vermeinte: 'Sollen
sie halt Kuchen essen' empfinde ich genausowenig Solidarität wie mit einem
Mann, der Heerscharen ins Schlachtfeld schickt. Frau sein alleine kann kein
Bonus dafür sein, dass jetzt alles erlaubt ist und nichts mehr gilt.

(Die neue Bundeskanzlerin steht Mitte-rechts. Unsympathisch. Unabhängig
davon, wie man/frau zu einer Quotenregelung stehen mag, kann man ihre
Ablehnung diesbezüglich als reaktionär einordnen.)

Das autoritäre Politikverständnis der neuen Bundeskanzlerin wurde
offenkundig, als sie bei ihrer Erstpräsentation vor den Medien vorab erklärt
hatte, sie werde vorerst keine Interviews geben, sie hätte wichtigeres zu
tun, nämlich eine Regierung zu bilden.

Da hätten wir jetzt aber schon einen Bundespräsidenten, der an die
Bevölkerung appelliert hatte, das Vertrauen nicht zu verlieren. Eine
Vertrauensregierung soll da jetzt kommen. Ja eh. Hinter mehr oder weniger
verschlossenen Türen, mit einer Bundeskanzlerin, die vorab erklärt, sie
werde keine Interviews geben, sie wolle lieber an einer Aufstellung einer
Regierungsmannschaft arbeiten, soll ein Vertrauen aufgebaut werden.
Vertrauen setzt aber Kommunikation voraus. In einer Demokratie ist es eine
Selbstverständlichkeit, sich der sogenannten "vierten Gewalt", den Medien zu
stellen. In anderen Ländern wird mittels unangenehmen bis grausigen
menschenfeindlichen Methoden versucht, kritische Medienberichterstattung zu
unterbinden, in Österreich teilt die künftige Bundeskanzlerin nur lapidar
mit, dass sie keine Zeit für Interviews haben wird, und kein einziger
Hofberichterstatter schreit auf.

Also uns geht das nichts an, wir können nicht erfahren, wie es zur nächsten
Regierungskonstellation kommen wird, geschweige denn mitreden, wir werden in
Kenntnis davon gesetzt, welche Vertraute besagter Dame bis zur nächsten Wahl
die Geschicke dieses Landes verwalten dürfen. Sollte ich das richtig
verstanden haben, leben demokratische Prozesse von Mitsprache. Aber
vielleicht regt es einen gelernten Österreicher nicht auf, dass
Entscheidungen, die hinter einer kaiser-roten Tür getroffen werden, uns
dummen Volk einfach nur mitzuteilen sind.

Gehts noch? Das ist einfach autoritär. So, wie ein Richter waltet und
schaltet. Die künftige Bundeskanzlerin ist es als gelernte Richterin ja
gewohnt, Schicksal zu spielen. Da fällt einem unweigerlich Konstantin Wecker
ein: "Herr Richter, seien sie gnädig", ohne Hoffnung darauf, dass dieser es
auch sein wird können. Wer richtet, ist kein Menschenfreund.

Wer richtet, versteckt sich hinter Paragraphen, um sich mit denen gewappnet
über andere zu erheben. Das mag sich im Rahmen der Justiz ausgehen,
Demokratie ist etwas anderes. Diese besteht aus Diskurs, aus
Auseinandersetzung, aus Kommunikation. Beispielhaft sind die Vorträge von
PolitikerInnen inzwischen geworden, die es den bürgerlichen Massenmedien
gestatten, sich ihre Vorträge anzuhören, ohne Fragen stellen zu können. Das
ist nicht Diskurs, das ist Herrschaft. Die künftige Bundeskanzlerin hat
bereits angekündigt, Herrschaft ausüben - nicht zu wollen - zu können.

Was sich hier zeigt, sind Gesichter, die Gesetzesbücher über Gefühl und
Moral stellen. Eine Maschinerie des Urteilens und damit Be- und
Verurteilens, völlig vergessend, dass wir diese Bücher jederzeit umschreiben
können. Eine Bibel kann nicht umgeschrieben werden, wer glauben will, glaubt
eben. Ein Verfassungsgesetz ist von Menschen geschrieben und kann daher auch
neu geschrieben werden. Gesetze sind nicht heilig, sondern menschlicher
Vernunft geschuldet, daher nicht in Stein gemeisselt.

Ein Bundespräsident der die Verfassung als Bibel präsentiert vergisst, dass
sie umgeschrieben werden kann. Von uns.

Eine Beamtenregierung wurde herbeigeredet, eine ExpertInnenregierung, es
wurde verlautbart, dass jetzt ExpertInnen, BeamtInnen die bessere
Alternative sein könnten.

ExpertInnen, BeamtInnen? In echt? Anstatt gewählter PolitikerInnen?
PolitikerInnen sehen einen Auftrag, einen moralischen Aspekt in ihrem
Handeln, zumindest müssen sie ihre Haltung und ihr Handeln alle paar Jahre
per Wahlen überprüfen lassen. Beamte vollziehen Gesetze ohne moralische
Bewertung dieser. Mir graut vor Vollstreckungsbeamten. Bevor es zu einer
Gesetzes-Vollzugsanstalt kommt, würde ich schon gerne noch ein Wort mitreden
dürfen, welchen Geistes diese geschuldet sein sollte.

*rosalia krenn*
(31.5.2019)



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