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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 6. Juni 2019; 18:25
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Causa Prima / Linke:

> Es gibt nichts zu feiern

Welche Lektionen können wir als Linke aus der aktuellen Situation in
Österreich lernen? Ein Kommentar von *Juan Gerez*
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Die aktuelle Krise der türkis-blauen Regierung erteilt der Linken in
Österreich eine neue Lektion. Wahrscheinlich gab es viele wie mich, die sich
über die Auswirkungen dieser Krise gefreut haben. Das heißt, die FPÖ ist
nicht mehr Teil dieser Regierung. Das Video hat gezeigt, welche
anti-progressiven Reformen die FPÖ für Österreich vorgehabt hat.

Trotzdem hat die Sache einen bitteren Beigeschmack. An diesem Punkt kommt
die Frage, was wir - die Linke - als Opposition und als Alternative dieser
Koalition auf der politischen Ebene während dieser Zeit entgegengesetzt
haben. Die Antwort ist schon ganz klar: gar nichts. Die politische
Aktualität der linken Szene in Österreich ist sogar so schlimm, dass wir gar
nichts zu dieser Krise beigetragen haben. Wir haben sie nur als passive
Zuschauer verfolgt, glaubend, dass die Sache ab jetzt ganz anders und besser
werden könnte. Aber welche neuen Szenarien könnten sich nach der Krise
eröffnen?

Österreich ist kein Land, in dem es zumindest eine politische und linke
Alternative gibt, die etwas von der gegenwärtigen politischen Instabilität
profitieren könnte. Die SPÖ ist heutzutage zu schwach, um eine Regierung
allein zu stellen. Im Gegenteil befindet sich Sebastian Kurz in einer
besseren Position, um die nächste Wahl wieder zu gewinnen. So ist es
wahrscheinlich, dass die WählerInnen der FPÖ dazu tendieren, Sebastian Kurz
zu wählen und leider nicht die SPÖ. Es ist sogar möglich, dass der FPÖ viele
ihrer WählerInnen bleiben. Weder NEOS noch die Grüne erscheinen als
realistische Alternative für die enttäuschten WählerInnen.

Die wirkliche Interessante Frage ist meine Ansicht nach aber eine andere.
Welche Lektionen können wir - als Linke - aus dieser Situation lernen? Ich
mache mir wirklich Sorgen, wenn ich sehe, dass eine der bekanntesten
Alternativen, die die Linke gegen die türkis-blaue Regierung in dieser Zeit
schaffen konnte, die Organisation der Donnerstagsdemo war. Die DO zeigt ganz
genau, welche politische Kraft, Macht und Kreativität die Linke heutzutage
hier haben. Sie zeigt aber auch ganz klar, wie unsere Subjektivität durch
den Kapitalismus geprägt wurde. DO geht es nicht darum, aus einer Masse zu
bestehen, sondern aus einzelnen Individuen, die in den Städten ohne
konkretes Ziel herumlaufen. Das zeigt ganz genau das Unvermögen, das die
Linke seit langem hier lebt, und das den Aufbau einer politischen
Alternative gegen den Kapitalismus verunmöglicht. Eine konkrete und
realistische Alternative, unter der sich die Unterdrückten dieser
kapitalistischen Gesellschaft gemeinsam sammeln könnten, für ein
anti-kapitalistisches aber ganz realistisches politisches Projekt. Das
heißt, alle (ArbeiterInnen, AusländerInnen, StudentInnen, PensionistInnen,
Frauen, Flüchtlinge, Queers, BäuerInnen, etc.) versammelt unter einer
politischen Alternative (eine soziale Bewegung, wie z.B. in Frankreich die
Gelbwesten), die die Probleme der Leute lösen kann. Um es aber zu schaffen,
müssen wir unseren individualistischen Egoismus überwinden, was doch etwas
unrealistisch erscheint. Das heißt, wir sollten die Politik in größeren
Zusammenhängen abseits von Staat und etablierten Parteien denken.
Gleichzeitig müssen wir uns körperlich in konkreten sozialen und
solidarischen Projekten engagieren, welche eine Folge unserer Reflexionen
über die spürbaren Ungerechtigkeiten, die wir erleben, sein sollten.

Es geht darum, aus der Passivität auszubrechen.

(23.5.2019. Aus: Unsere-Zeitung.at. Zuerst aber erschienen auf
espacio11803km.blogspot.com)

Quelle: https://www.unsere-zeitung.at/2019/05/26/es-gibt-nichts-zu-feiern/



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