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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 6. Juni 2019; 18:28
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Polizei:
> Das Überraschende an der Staatsgewalt
Die Aufregung über das Verhalten der Wiener Polizei bei der Klimademo ist
berechtigt. Aber es ist zu befürchten, daß sich auch diesmal genau nichts
ändern wird. Eine Zitatensammlung.
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"Die zur Durchsetzung der Festnahme wegen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt gesetzten Zwangsmittel wurden nach Einsatzende durch die
beteiligten Polizisten dokumentiert und berichtet. Das Referat für besondere
Ermittlungen wird in den kommenden Tagen alle Zeugen und beteiligten
Personen einvernehmen." So heißt es in der Aussendung der Wiener Polizei im
aktuellen Fall der Klimademonstranten.
Soll heissen: Der Verdächtige hat sich des Widerstands schuldig gemacht und
die "Zwangsmittel" dienten nur der "Durchsetzung der Festnahme". Unsere
eigenen Kollegen werden das in den nächsten Tagen beweisen.
Da klingt das mit der Einvernahme von Zeugen schon eher wie eine Drohung.
Aber wie oft haben wir derlei schon gelesen? Wie oft wurde zuerst
abgestritten, dann eine Untersuchung versprochen und letztlich gab es so gut
wie keine Konsequenzen? Wie oft war klar, daß Vorwürfe nur deswegen
überhaupt beachtet werden, weil es Filmmaterial darüber gibt? Wie oft hörte
man von Polizeiopfern, die keine Anzeige erstatteten oder Beschwerde
einreichten, weil sie sich davor fürchteten, selbst angezeigt zu werden? Wie
oft erzählten uns dann wohlmeinende Polizisten, daß das ja nur einzelne
schwarze Schafe seien? Und wie oft fürchteten sich Innenminister sämtlicher
Couleur davor, da irgendetwas zu ändern, weil ihnen ihre eigene Fraktion bei
der Polizeigewerkschaft klarmachte, daß sich das bei den nächsten PV-Wahlen
auswirken würde?
*
Drei Tweets eines Menschens mit "Migrationshintergrund" bringen es auf den
Punkt:
"Mich überrascht immer wieder, wie sehr euch #Polizeigewalt überrascht. Es
hat mich Jahre gekostet, keine Panik bei Polizei-Blaulicht zu schieben,
nachdem ich als Kind gesehen habe, wie 3 Polizisten meinen Vater
fertiggemacht haben."
"Für Menschen, die halt nicht wie Franz Müller aussehen, insbesondere B/PoC
ist die Polizei ein Unsicherheitsfaktor. In Fällen, wo andere sofort Polizei
rufen würden, überlegen wir 5x ob wir das tun einfach weil schon so viele
neg. Erfahrungen."
"Wäre Polizeigewalt in Österreich etwas neues hätte ich mir die Verwunderung
noch irgendwie erklären können, aber verflucht, das ist sie nicht. Am MQ
steht ein Mahnmal, das genau daran erinnert. Noch amüsanter ist die
Verwunderung darüber, dass die Polizei das klein redet..."
(Twitter, 5.6.2019)
*
In der akin-Redaktion steht ein Ordner, auf dem schlicht "Polizei" steht.
Vielleicht machen die folgenden, von uns da herausgefischten Zitate klar,
daß es einfach nicht reicht, "Aufklärung" zu fordern oder etwas "in der
Ausbildung" zu ändern. Denn das ist ja alles nicht neu.
*
"Nachdem er 1993 bei einer Demo für die Menschenrechte der Kurden von der
Polizei in Wien festgenommen und sieben Stunden lang festgehalten worden
war, hatte N.N. Blutergüsse, Hautabschürfungen und eine gebrochene Rippe.
Trotzdem wies der Unabhängige Verwaltungssenat seine Beschwerde ab."
("Bericht", Zeitschrift des Vereins "Menschenwürde unter der Staatsgewalt",
1/1995)
"Heute ist Inspektor K., wieder im Dienst, resozialisiert und bewaffnet. ...
Ernestine Pirker verlor derweil ihren Job, sie verließ Krems, sie sei
behandelt worden 'wie der letzte Dreck'. Das Wirtshaus, in dem Pirker als
Servierkraft arbeitete, wollte sie nicht länger beschäftigen. Hier speisen
ja auch Kremser Polizisten und Staatsanwälte, auch der Beamte, der ihren
Sohn erschoss."
(Florian Klenk in "Falter" 46/2010 über das Schicksal der Mutter jenes
14-Jährigen, der im Sommer 2009 in Krems von jenem Inspektor K. von hinten
erschossen worden war.)
"Jener Wiener Polizeioffizier, der im Verdacht steht, bei einer internen
Schulung rassistische Außerungen getätigt zu haben, wird laut ersten
Erhebungen von Teilnehmern der Veranstaltung belastet. Ein Teil jener 27
Zuhörer soll sich demnach -- wenn auch nicht im Wortlaut -- an kolportiere
Sätze wie 'Neger schlagen, dann erst fragen' erinnern können."
(Wiener Zeitung, 8.10.1999)
"Denn plötzlich kommen weitere Zivilbeamte auf mich zu. Einer schlägt mir
wortlos mit voller Wucht seine Faust ins Gesicht. Mehrere Männer prügeln auf
mich ein, dann kommen Uniformierte hinzu. Sie treiben mich mit schmerzhaften
Knüppelschlägen vor sich her. Zum Zeichen der Aufgabe nehme ich die die
Hände hoch und rufe, daß ich Pressevertreter bin. Mit Würgegriffen werde ich
mehrfach zu Boden gerissen, immer weiter schlagen Uniformierte auf mich ein.
Am Boden drehen sie mich auf den Rücken. ... Dann kommt ein weiterer Beamter
der mir den Schuh vom rechten Fuß zieht und den Fuß in beiden Hände nimmt.
Dann dreht er den Fuß brutal aus dem Gelenk. ... Alle Bänder im rechten
Fußgelenk sind zerfetzt, irreparabel zerstört."
(Oliver Neß, WDR-Reporter, der zuvor mehrere Menschenrechtsverletzungen der
Hamburger Polizei dokumentiert hatte. Dieser polizeiliche Racheakt passierte
1994 in der Hamburger Innenstadt bei einer Kundgebung von Jörg Haider.
Obwohl die Vorfälle zweifelsfrei dokumentiert waren, wollte der Richter 1996
"im Zweifel für die angeklagten Polizisten entscheiden". Übrig blieb
lediglich eine Geldstrafe wegen "Nötigung" und "fahrlässiger
Körperverletzung". ai-Journal 6/1996)
"Das Justizministerium erneuert den Erlass aus dem Jahr 1989 zur
Anti-Folter-Konvention angesichts der vielfach geübten Praxis, daß die
Sicherheitsbehörden bei Misshandlungsvorwürfen selbst ermitteln und die
Causa, mit größerem zeitlichen Abstand zum Vorfall, 'pfannenfertig' dem
Staatsanwalt übergeben, der sie im Sinn der Ermittlungsergebnisse als
'offenbar haltlosen' Vorwurf einstellt."
(Wiener Zeitung, 8.10.1999)
"Die Öffentlichkeit mache sich oft ein falsches Bild von der
Staatsanwaltschaft. Die wollen ja einem Beschuldigten nichts Böses, sondern
prüfe alles, was für oder was gegen seine Schuld spreche."
("Die Presse" zitierte in indirekter Rede am 6.2.1991 die damals gerade neu
eingesetzte Generalanwältin Brigitte Bierlein.)
"Die 'Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung' ist damit eine bloße
Auffangklausel für (ansonsten überflüssige) Polizeiaktivitäten, die der
Polizei jeweils opportun erscheinen, ohne daß eine echte Gefahr vorliegt.
... Die ganze Reichweite der Regierungsvorlage wird deutlich, wenn man sich
vergegenwärtigt, daß der ursprünglich 'enge' -- und nun ausufernde --
polizeiliche Gefahren- und Störerbegriff des klassischen Polizeirechts im
19.Jh. gerade als Waffe gegen einen allgegenwärtigen Staat entwickelt worden
ist. ... Das 'neue' Polizeirecht bricht gezielt mit dieser Bindung: Die
Polizei darf nunmehr auch schon dann tätig werden, wenn sich das Verhalten
eines Bürgers oder der Zustand einer Sache noch nicht zu einer konkreten
Gefahr 'verdichtet' haben. Die Polizei hat sich ab jetzt nicht mehr nur an
den für diese Gefahr Verantwortlichen, also an den 'Störer' zu halten,
sondern auch an andere Personen ("Nicht-Störer") -- zum Teil mit erheblichen
Auswirkungen. ... Die Parlamentarier haben die Wahl: Sie können sich
entweder den bürokratischen Vorgaben unterwerfen, oder sich in einem Akt
parlamentarischer Mündigkeit des rechtsstaatlichen Gehalts der
Regierungsvorlage versichern, der Effiktivitäts-Hysterie der Exekutive eine
entschiedene Absage erteilen und sich so zur echten Bürgervertretung
aufschwingen."
(Rechtsanwalt Alfred Noll analysierte kurz vor der Beschlußfassung im
Nationalrat das Sicherheitspolizeigesetz. "Der Standard", September 1991)
"Grundproblem: Derzeit wird dem Bürger mit 'Polizei' und 'Gendarmerie' eine
paramilitärische, bewaffnete Behörde gegenübergestellt, die mit einer
Ausbildung eine Vielzahl unterschiedlicher Angelegenheit bewältigen soll.
... Das Verhältnis der Bevölkerung gegenüber der Polizei ist in der Regel
nicht das zwischen Staatsbürgern und effizienter und transparenter ziviler
Verwaltung, sondern bürokratischer und ständig mit Zwangsgewalt drohender
obrigkeitsstaatlicher Behörde."
("Grüne Alternativen zur Öffentlichen Sicherheit", Entwurf, 1990)
"Nein, aber das machen die immer so!"
(Stapo-Einsatzleiter auf die Frage eines Richters, ob er denn die von ihm
behauptete Straftat der Demonstranten selbst gesehen hätte; aus einer
akin-Gerichtsreportage, um 1990)
"Gegründet wurde die älteste Einheit bereits 1955 von der Wiener
Bundespolizeidirektion. ... Der Posten des Leiters der Abteilung ist
unbesetzt, die Bewerbungsfrist ist vor zwei Wochen abgelaufen. Zuvor hatten
zwei Bewerber Selbstanzeige nach dem Verbotsgesetz erstattet."
("Der Standard" über die WEGA, 15.3.1995)
"Von der Richtung der Oper zum Parlament ging eine Schwarmlinie von
Sicherheitswache vor, eine richtige Schwarmlinie, die Männer nebeneinander
im Abstand von etwa einem bis anderthalb Schritten. Die Ringstraße war zu
dieser Zeit leer, nur auf der andern Seite der Ringstraße standen ein paar
hundert Leute, nicht Demonstranten, sondern Neugierige, die zugeschaut
haben, wie der Justizpalast gebrannt hat. Es waren unter ihnen Frauen,
Mädchen und Kinder. Da geht nun eine Abteilung vor, ich habe sie gehen
gesehen, das Gewehr in der Hand, Leute, die zum großen Teile nicht schießen
gelernt haben, sie stützten den Kolben auch beim Schießen auf den Bauch und
schossen links und rechts auf die Seite und wenn sie Menschen sahen - es war
eine kleine Gruppe vor dem Stadtschulratsgebäude, eine größere Gruppe
gegenüber dem Parlament -, da schossen sie. Der Menschen bemächtigte sich
eine wahnsinnige Angst; sie haben zum großen Teile die Abteilung gar nicht
gesehen. Man sah die Leute in blinder Angst davonlaufen, und die Wachleute
schießen den Laufenden nach."
(Otto Bauer, Parlamentsrede, 1927, nach dem Justizpalastbrand)
"Auch der Wurm krümmt sich, wenn er getreten wird. Wenn er aber von einem
Wachmann getreten wird, begeht er öffentliche Gewalttätigkeit."
"Besser, es wird einem nichts gestohlen. Dann hat man wenigstens keine
Scherereien mit der Polizei."
(Karl Kraus)
"Was wollen Sie, die Polizei auf der ganzen Welt prügelt!"
(Mario Scelba in seiner Funktion als italienischer Innenminister mehrerer
Nachkriegsregierung. Der christdemokratische Politiker wurde später
Ministerpräsident und dann noch einer der ersten Präsidenten des
Europäischen Parlaments.)
*
Und noch ein aktuelles Zitat: "Am Donnerstag wird in Wien gegen
Polizeigewalt demonstriert. Die Versammlung wurde für rund 1.000 Teilnehmer
angemeldet, die Exekutive wird mit 490 Beamten im Einsatz sein." (APA,
5.6.2019)
Zusammenstellung: -br-
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