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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 6. Juni 2019; 18:32
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International/Initiativen:
> Donbass: Bergarbeiter und Antifaschisten
*Willi Langthaler* war mit einer österreichischen Friedensdelegation in
Donetsk und Lugansk. Sein Bericht unterscheidet sich fundamental von dem,
was wir sonst so aus der Region hören.
*
Anlässlich der Siegesfeiern über den deutschen Faschismus am 9. Mai sowie
dem 5-jährige Jubiläum der Donbasser Republiksgründungen begab sich eine
9-köpfige Delegation der österreichischen Friedens- und Neutralitätsbewegung
in die Rebellengebiete der Ostukraine.
Auch nach nur ganz wenigen Tagen wird jeder Beobachter feststellen müssen,
dass einige der bei uns verbreitenden Grundannahmen über die sogenannten
Separatistengebiete in eklatanter Weise dem Augenschein widersprechen:
Zumindest in den Hauptstädten Donetsk und Lugansk herrscht Normalität. Von
einer Kriegssituation oder einem Ausnahmezustand spürt man wenig. Spuren des
Krieges sieht man ab und an, muss man sich aber besser zeigen lassen. Paris
ist jedenfalls militarisierter. Auf der anderen Seite erkennt man auch die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sozialen Folgen der ungewissen Lage
und den Mangel an Investitionen.
Politisch-kulturell könnte man von einer Art Resowjetisierung sprechen, auch
wenn die sozialen Grundlagen und Ursachen ganz andere sind. Zwei Momente
erscheinen für die Volksrepubliken identitätsstiftend:
Einerseits die Zentralität der Arbeiterschaft in der Kohle- und
Stahlindustrie, die zu einem bei uns unvorstellbaren "Proletkult" führt,
selbst im Rahmen der Staatsakte, denen wir beiwohnten. Es gab dort nie eine
bürgerliche Elite, und die in den letzten Jahrzehnten entstandenen
Oligarchen liefen mit dem Bürgerkrieg davon. Die Protostaaten sind aus einer
Volksrevolte entstanden, die eine neue Führung hervorbringen musste.
Insbesondere in Lugansk, wo Kohle und Stahl noch dominanter sind, herrscht
de facto die Gewerkschaft. Man könnte also von einer Gewerkschaftsrepublik
sprechen. Donetsk wies mehr Maschinenbau auf und war metropolitaner.
Andererseits ist da der Sieg über den deutschen Faschismus, der gerade in
dieser Region mit einem besonders hohen Blutzoll erfochten wurde. Darum
führt das Anknüpfen des ukrainischen Nationalismus an der Nazitradition mit
Bandera & Co zu besonders heftigen Gegenreaktionen. Nicht umsonst sind die
zahlreichen sowjetischen Denkmäler unangetastet und werden weiterhin geehrt.
Lenin wacht überall.
Der 9. Mai hat sicher auch in der Russischen Föderation einen hohen
Stellenwert, aber im Donbass ist es eine enorme Mobilisierung von unten,
mehr noch als der 1. Mai, von dem uns viele der anderen Teilnehmer erzählt
hatten, sowie die Gründungstage der Volksrepubliken. Dreimal innerhalb von
weniger als zwei Wochen gehen Massen auf die Straße. Auch wenn natürlich die
Behörden die Organisation überhaben und für Beteiligung sorgen, nimmt man
ein Element der Freiwilligkeit sehr deutlich wahr. Insofern ist der Begriff
Volksrevolte noch immer gültig, auch was das Militärische 2014 und die
Folgejahre betrifft. Russland mag unterstützt haben, den Widerstand haben
die einfachen Leute geleistet.
Ein russisch-nationalistisches Element, wie es bei uns selbstverständlich
unterstellt wird, fällt in keiner Weise auf. Die orthodoxe Kirche hatte
praktisch keine Rolle - anders als in Russland selbst. Auch die Kosaken, die
sich in der Region als potentiell konservatives Identitätsmoment im Sinne
eines staatlichen Kulturengineering anbieten würden, erscheinen als nicht
viel mehr als Folklore, es sei denn in einem antifaschistischen Sinn. Es ist
kein Zufall, dass beispielsweise das Schewtschenko-Monument - der
ukrainische Nationaldichter der von den Nationalisten in Anspruch genommen
wird - nicht entfernt wurde. Es geht um das bewusste Signal, dass es sich um
einen demokratischen und antifaschistischen Aufstand handelt, keinen
nationalen oder gar nationalistischen. Nicht zu vergessen: Der Donbass war
ein sowjetischer Schmelztiegel, anders als die russisch-imperiale Krim.
Wirtschaftliche Lage sowie Entwicklungsperspektiven lassen sich in wenigen
Tagen nicht in der notwendigen Tiefe ergründen. Klar ist jedoch die
überwältigende Rolle des Staates. Die Oligarchen sind verschwunden. Auch
wenn ihr Besitztitel formal erhalten geblieben ist, hat doch in den meisten
Unternehmen der Staat organisierend einspringen müssen - man bedenke, dass
es kein reguläres Bankwesen und damit auch keinen kommerziellen Kredit gibt.
Formal scheinen alle Wirtschaftsbeziehungen mit der Kiew-Ukraine
unterbrochen. Aber man hört immer wieder, dass es doch Austausch gebe. So
soll Donbass-Kohle trotz allem den Weg zu seinen ehemaligen Absatzgebieten
auch heute noch finden. Die Tatsache, dass die ukrainischen Nationalisten
und Rechtsradikalen im Zuge der Verhängung der Donbass-Blockade ihre eigenen
Oligarchen wegen der Weiterführung der Wirtschaftsbeziehungen anklagten,
deutet darauf hin.
Die von Putin angekündigte Möglichkeit, sich russische Pässe ausstellen zu
lassen, wurde frenetisch willkommen geheißen. Denn damit ist endlich wieder
ein international verwendbares Reisedokument verfügbar, insofern, als man
die ukrainischen Pässe in den Volksrepubliken nicht erneuern kann.
Auch wenn Moskau zum Minsker Ankommen steht und sich deswegen die Führungen
der Volksrepubliken auch zurückhalten, so wünschen sich viele den Anschluss
an Russland - auch aus ganz pragmatischen Gründen. Sei es das enorme soziale
Gefälle - ein Bergarbeiter im Donbass verdient R 25.000 (ca. EUR 350), im
russischen Kusbass das zwei- bis dreifache -, sei es die Normalisierung der
wirtschaftlichen Situation und die überlebensnotwendige Eingliederung der
Schwer- und Metallindustrie.
An den Minsker Frieden und die darin vorgesehene Autonomie kann man nicht
mehr glauben, zu kriegerisch und extremistisch hat sich Kiew gezeigt. Zu
sinnlos und brutal scheint der Bruderkrieg, den die Rechtsradikalen der
Region aufzwangen und der vom Maidan-Regime betrieben wurde. Allerdings, das
muss mehr politische Hypothese bleiben, könnte sich das auch schnell ändern,
wenn in Kiew eine demokratische Revolution reüssieren würde.
Bemerkt sei hier auch noch der deutliche Unterschied zwischen Donetsk und
Lugansk: groß und klein, Stadt und Land, reich und arm. Donetsk versucht
sich moderat und an Russland anknüpfend, während Lugansk auch im
Staatswappen auf sowjetische Symbolik setzt. In Donetsk organisierte das
Ministerium, in Lugansk die Gewerkschaften.
Was einige westeuropäische Rechte betrifft, die sich bei solchen
Gelegenheiten auch einfinden, kann man den isolierten Volksrepubliken nicht
verdenken, dass sie bereitwillig jede symbolische Unterstützung annehmen.
Zudem stehen die Türen für die Linke ebenso, wenn nicht noch weiter, offen.
Man braucht sie nur zu durchschreiten. Als Werner Murgg,
Landtagsabgeordneter in der Steiermark, die große österreichische Delegation
mit insgesamt vier steirischen Kommunisten im Donetsker Außenministerium
vorstellte, war man hochzufrieden. In Lugansk hat man schon mehrfach
Einladungen ausgesprochen.
Vereinbart wurde um den 9. Mai 2020 eine weitere österreichische
Friedensdelegation geführt durch die Lugansker Gewerkschaften. Einige
Programmpunkte wurden bereits abgesprochen. Fabriksbesuche, um die soziale
und wirtschaftliche Situation besser zu verstehen. Der antifaschistische
Kampf damals und heute. Die Situation an der Demarkationslinie. Kultur und
Bildung. Kontakt mit der Bevölkerung.
Es ist jeder eingeladen, sich selbst ein Bild zu machen.
(21. Mai 2019)
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Quelle:
http://www.ukraine-frieden.org/2019/05/21/donbass-bergarbeiter-und-antifaschisten/
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Termin:
17. Juni 2019, 18:30; Solidarwerkstatt, Waltherstr. 15, 4020 Linz
Antifaschistische Gewerkschaftsrepubliken?
Reisebericht der österreichischen Friedens- und Neutralitätsdelegation nach
Donesk und Lugansk von Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt; Leo Gabriel,
Komitee Frieden für die Ukraine; Willi Langthaler, Selbstbestimmtes
Österreich
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