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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Mai 2019; 05:58
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Ibiza/Zeitgeschichte:
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Ein historischer Abriß
War es vielleicht überhaupt von Anfang an der Plan der ÖVP, die FPÖ
scheitern zu lassen? Immer wieder wurde in den letzten Tagen das Schicksal
der ersten schwarzblauen Regierung bemüht, das 2002 zum 42%-Ergebnis der ÖVP
führte. Aber es gibt hier auch große Unterschiede zur Situation von damals
wie auch Parallelen zu anderen Geschehnissen in der Zweiten Republik. Auch
erwähnt wurde in der Debatte, daß die FPÖ jedesmal wieder ihre
"Regierungsunfähigkeit" bewiesen hätte -- aber so eindeutig ist auch das
nicht.
Bis 1970 war die FPÖ (resp. VdU/WdU) eine Restlverwertungspartei ohne
Einfluß auf die Regierungsbildung. Da trafen sich jene alten Nazis, die
nicht von SPÖ und ÖVP abgeworben worden waren, mit den großbürgerlichen,
wirtschaftsliberalen Überbleibseln der Großdeutschen Partei der 1. Republik.
Bis 1966 hauten SP und VP sich immer auf ein Packel und hatten gemeinsam
deutlich mehr als 90% der Mandate. Für die FPÖ gab es da nichts zu melden.
Es folgte eine ÖVP-Alleinregierung, wo die FPÖ noch weniger Sinn machte,
weil die SPÖ in der Oppositionsrolle dominant war.
Kreisky I
1970 verlor die ÖVP die Absolute und wurde sogar schwächer als die SPÖ,
wollte den Anspruch auf Kanzlerschaft wie auf inhaltliche Dominanz aber
nicht abgeben und hielt dieses Beharren für alternativlos. Bundespräsident
Jonas, eigentlich ein Großkoalitionär, beauftragte wegen dieser
Starrköpfigkeit Bruno Kreisky mit der Bildung einer Minderheitsregierung --
unter Duldung durch das Zünglein an der Waage, die FPÖ. Kreisky belohnte die
FPÖ mit ein paar Prestigeposten und einer Änderung des Wahlrechts, wodurch
die schwer angeschlagene FPÖ im Nationalrat überleben konnte. Und die SPÖ
beschloß mit der FPÖ gemeinsam Dinge, die mit der ÖVP nicht möglich gewesen
wären wie zum Beispiel die Legalisierung der Homosexualität unter
Erwachsenen. 1971 wurde -- ohne großen Krach -- diese prekäre
Regierungssituation beendet und Kreisky konnte mit dem Kanzlerbonus die
Absolute einfahren.
Sinowatz / Vranitzky I
1983 verlor die SPÖ die Absolute und Kreisky ging in Pension. Er fädelte
aber noch die kleine Koalition unter Sinowatz und Steger ein. Allerdings war
die FPÖ da trotz verändertem Wahlrecht schon wieder am Abschmieren. Die
Partei hatte mit knapp unter 5% das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte
eingefahren. Da damals noch einzig ein Grundmandat den Verbleib im
Nationalrat ermöglichte, war für die Partei Feuer am Dach. Jörg Haiders Sieg
über Norbert Steger am Innsbrucker Parteitag 1986 war kein Zeugnis von
Regierungsunfähigkeit und auch kein Rechtsruck (welch Geistes Kind Norbert
Steger ist, sehen wir ja aktuell bei seiner segensreichen Arbeit als
ORF-Stiftungsrat), sondern vor allem eine Selbstbehauptung der Partei.
Trotzdem konnte der neue SPÖ-Bundeskanzler Vranitzky diese neue
Parteiführung nicht als Koalitionspartner tolerieren. Die Neuwahlen brachten
zwar einen Erfolg für die FPÖ und Stimmenverluste für die SPÖ, aber
angesichts des schon vorhandenen Abwärtstrends der SPÖ und dem Einzug einer
neuen Partei (der Grünen) waren 43% der Stimmen immer noch ein Erfolg auch
für die Kanzlerpartei.
Schüssel I
1999 stürzte die ÖVP knapp auf den dritten Platz ab. Wolfgang Schüssel
schaffte es aber trotzdem -- wohl mit dem Verweis auf das schlechte
internationale Renomee der FPÖ und dennoch mit deren Unterstützung -- im
Februar 2000 Kanzler zu werden. Ein Hasardspiel, das aber aufging. Wieder
sah sich die FPÖ an die Wand gedrückt -- bereits im Laufe des ersten
Regierungsjahres verlor die Partei bei Kammerwahlen und der steirischen
Landtagswahl und mußte ständig Minister austauschen. Als der frisch
eingewechselte Justizminister Böhmdorfer (Haiders Anwalt) dann noch die Idee
ventilierte, unbotmäßige Journalisten strafrechtlich verfolgen zu lassen,
war das Image der Partei auch international überhaupt nur mehr unterirdisch.
Bei den Umfragen rutschte die Partei bis Silvester 2000 wieder auf den
dritten Platz zurück. Die Ereignisse von Knittelfeld 2002 waren ähnlich wie
der Innsbrucker Parteitag eine Notwehrreaktion gegen den Koalitionspartner,
der einen zu erdrücken drohte -- diesmal eben die ÖVP.
Die nutzte die Umbrüche in der Partei, um Neuwahlen auszurufen. Die FPÖ
verlor massiv an die ÖVP, die einen Kantersieg einfuhr -- aber eben nicht
wegen Knittelfeld, sondern weil die Wähler von der FPÖ enttäuscht waren, was
erst zu dieser berüchtigten Partei-Versammlung in der Obersteiermark geführt
hatte.
Schüssel II
Bei den Verhandlungen Schüssels mit den anderen Parteien 2002/2003, wo sich
der ÖVP-Chef den Partner aussuchen konnte, gab es die FPÖ von Allen am
Billigsten und ging wider besseren Wissens mit der ÖVP nochmal eine
Koalition ein -- diesmal allerdings nur als dezentes Beiwagerl. Daß sich die
Partei dabei nicht erholen konnte, war klar. Jörg Haider, Mastermind hinter
Knittelfeld und offiziell nur mehr "einfaches Parteimitglied", wählte
diesmal einen anderen Weg, die Partei zu retten. Er versuchte 2005 eben
genau das Gegenteil von 2002 und spaltete die Partei -- wodurch er
absurderweise die sehr wohl vorhandene "Regierungsfähigkeit", sprich
Kompatibilität mit der Schüssel-ÖVP bewies: Dem neu gegründeten BZÖ sollten
alle Regierungsmitglieder und auch möglichst alle Mandatare auf Bundes- und
Landesebene angehören, während die alte FPÖ auf den Schulden sitzen bleiben
und damit wohl zum Absterben verdammt sein sollte. Ironischerweise rettete
er damit die FPÖ, die wieder Oppositionsarbeit machen konnte.
Resümee
In Summe ergibt sich also das Bild, daß die jetzigen Ereignisse nicht
wirklich in einer Tradition einer Partei stehen, mit der kein Staat zu
machen sei. Auch diesmal war es ja nicht die Arbeit der FPÖ in der
Regierung, die für die kaum viel anders gesinnte ÖVP ein Problem darstellte,
sondern ein Faux Pas aus ihrer Zeit als Oppositionspartei. Auch daß es sich
dabei um eine rechtsextreme Partei handelt, die manchmal mehr, manchmal
weniger versucht, dies zu übertünchen, war den jeweiligen Kanzlern kein
echtes Problem. Und wenn es auch moralisch inakzeptabel ist, mit der FPÖ
zusammenzuarbeiten, so lohnt es sich für die jeweils dominante Partei
zumeist, eine Koalition oder auch nur wie bei Kreisky eine Zusammenarbeit
mit diesem seltsamen Verein zu wagen. Denn Moral ist keine politische
Kategorie.
-br-
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