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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Mai 2019; 05:56
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Ibiza/Glosse:

> Darf man Mitleid haben mit Strache?

Das Problem ist und bleibt die ÖVP. Ein Blog-Kommentar vom 18.5., 21:30

Mitleid mit einem Politiker wie H.C. Strache zu haben, hieße Mitleid einer
Person gegenüber zu empfinden, die politisches Kapital daraus bezieht, Angst
zu schüren, Menschen aus anderen Herkunftsländern zu diffamieren, die mit
Plakaten wie "Daham statt Islam" für Ausgrenzung Sorge trägt. Ausgrenzung
ist erst der Folgeschritt von Abwertung. Ein Politiker, der Personengruppen
aufgrund von Gruppenmerkmalen abwertet, begeht den ersten Schritt der
Gewalt, die in Ausgrenzung und verminderter Chancen auf ein würdevolles
Leben für jene endet, die überhaupt eine Möglichkeit haben, in Österreich
verbleiben zu können, mit der Forderung nach Abschottung der Außengrenzen
wird bewußt der Tod vieler "Flüchtlinge" in Kauf genommen, die schon auf den
Weg nach Österreich unter anderem die Fahrt über das Mittelmeer nicht
überleben oder nach Verhaftungen und Schubhaft in Länder ab- und weiter
zurückgeschoben werden, die deren Überlebenschancen drastisch verringen.
Einem Politiker wie H.C.Strache unterstelle ich, dass er weiß, welche
Konsequenzen seine politische Haltung für Menschen, die ihre Herkunftsländer
verlassen hatten, beinhaltet, die sich Hilfe erwarten, die Unterstützung
benötigen, um hier Fuß fassen zu können. Als Oppositions- wie
Regierungspolitiker trägt H.C.Strache Verantwortung und Mitverantwortung
dafür, Menschenrecht mit Füßen zu treten. Dass jeder Mensch gleich an
Rechten und Würde geboren ist, scheint bei diesem wie bei allen anderen
Regierungsparteien, allen voran der ÖVP noch nicht angekommen zu sein.
Letztendlich ist die FPÖ nichts weiter als Steigbügelhalter für den
Machtanspruch und die Durchsetzung der Interessen der ÖVP und ihrer
Profiteure.

Das alles ist hinlänglich bekannt, ich schicke es trotzdem voraus, um ein
persönliches Gefühl zu artikulieren. Ich habe Mitleid mit H.C.Strache in
dieser Situation. Ich vermute, dass, wenn ein staatstragender ÖVP-Politiker
in eine tragisch-komische Falle geraten wäre, der mediale Diskurs anders
verlaufen würde.

Häme und Spott empfinden jetzt wohl viele, im ersten Moment habe ich auch
Schadenfreude empfunden, aber ich war auch berührt von der Pressekonferenz,
die Strache gegeben hatte, in der er ausgesagt hatte, dass er "dumm und
unverantwortlich" gehandelt hätte, da war die Rede von "Fehler",
selbstbezichtigend von "prahlerisch", "Macho-Gehabe", "Teenager", "peinlich"
bis hin zu einer Entschuldigung an seine Frau, die sich wohl verletzt fühlen
müsse. Ich hatte den Eindruck, dass Strache diese Selbstanklage ernst
gemeint hatte. Ja, so einen unverblümten Auftritt hätte man sich von Kurt
Waldheim auch gewünscht, bei dem aber sprichwörtlich nur sein Pferd zu einer
Nazi-Truppe gehört hatte.

Was mich an diesem Diskurs stört, wie am Umgang mit der Person Strache
selbst, ist, dass dieser Politiker nicht an seinen Handlungen gemessen wird,
die in Österreich stetig für die Verschärfung von Fremdenrecht sorgen bis
hin zur Aufrüstung des militär-industriellen Komplexes, dass nicht Kritik
daran geübt wird, dass die kläffenden Hunde der "Ausländerfeindlichkeit" der
ÖVP die Stimmung verschaffen, die es ermöglicht, aus Hetze Gesetze zu
machen, die die Gesellschaft weiter spalten und dafür Vorsorge treffen, dass
die Reichen immer reicher und die "Armen" eben immer ärmer werden oder in
Armut gehalten werden.

Für mich stellt sich die Polit-Figur Strache als tragisches Opfer dar, und
wenn Täter zu Opfern werden, da stellt sich halt unabhängig davon, dass man
Strache als "Schreibtischtäter" der Hetze samt grausigen Konsequenzen für
viele Menschen sehen muss, die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, statt
durch die mediale Berichterstattung aufgegeilt, genußvoll an einem
Köpfe-Rollen teilhaftig zu werden, sich jenen zuwenden sollte, die die Macht
haben, an einer eiskalten, mitleidlosen, profitorientieren
Gesellschaftsstuktur leider erfolgreich basteln, in der eine qualvolle
Flucht von Menschen umdefiniert wird in die "Schließung" einer potentiell
möglichen Fluchtroute, ohne Rücksicht auf Verluste. Im ÖVP Jargon sind
Menschen (ist schon eine Zeitlang her) in "Humankapital" umdefiniert worden.

So wichtig es ist, sich gegen "rechts" zu wehren, am Burschi-Ball Präsenz zu
zeigen, damit Widerstand, so wichtig wäre es gleichsam, lautstark ein Signal
gegen den Opernball zu setzen.

Das Kapital und damit die Kapitalisten schütteln sich die Hand.
Trittbrettfahrer nimmt man gerne mit. Wenn man sich stark genug fühlt, kann
man sich derer auch entledigen. Das Spiel mit Macht und Geld bleibt dabei
unberührt. Die besseren Spieler waren häufig auf Seiten des Kapitals, die
Kreisky-Ära hatte dem Einhalt gebieten können, muss aber in dieser Zeit
verortet werden.

Was heute fehlt, ist vielleicht auch eine selbstbewußte Sozialdemokratie,
was bestimmt fehlt ist ein seriöser Umgang mit Zeitgeschichte,
Wirkungsgeschichte und Gedankenwelten, an die das Stück "Heldenplatz"
erinnern konnte, genauso wie an die Bezeichnung dieses Landes als
"katholisch-nationalsozialistisch" (Thomas Bernhard).

Neuwahlen hin oder her, wenn dem Kurz ein Schüssel-Coup á la 2002 gelingt,
stellt sich zum wiederholten Male die Frage, ob ich nicht schon vorsorglich
die Koffer packen sollte und mich mit der Frage beschäftigen sollte, nicht
doch auswandern zu wollen. Vielleicht nach Papua-Neu-Guinea.

Von dort könnte ich dann dem naturliebhabenden Bundespräsidenten, seines
Zeichen Professor, von erschreckenden Beispielen des Klimawandels berichten,
um die er sich dann engagiert kümmern könnte.
*rosalia krenn*



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