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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. Mai 2019; 23:56
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Glosse:

> Wer braucht schon Antimilitarismus?

Die Panzer rollen wieder und allen ist es wurscht

"Wer braucht schon Frieden?" plakatieren derzeit die Grünen im EU-Wahlkampf.
Na, wenigstens eine Partei thematisiert den zunehmenden Einfluß des
militärisch-industriellen Komplexes auf die EU. Die wähl ich. Ahso, nein,
das ist gar nicht das Thema? Die Grünen definieren das anders: "Es ist kein
Menschenleben her, da sind sich in Europa Soldaten im Schützengraben
gegenüber gelegen und Millionen Menschen wurden ermordet. 'Nie wieder' war
die historische Antwort darauf. Auf den Trümmern des Faschismus entstand die
europäische Zusammenarbeit als Friedensprojekt. Für Zusammenhalt und gegen
nationalistische Spalterei war und ist die Devise." Man könnte bösartig
formulieren: Die EU soll ihre Kriege in Zukunft nur mehr außerhalb ihres
Territoriums führen -- ganz nach US-Vorbild.

Wenn jemand die Rüstungsindustrie und die EU-Militarisierung kritisiert,
dann sind das ... (Trommelwirbel!) ... die USA! Weil man es im Washington
nicht gerne sieht, wenn sich die Unionseuropäer selber ihre Waffen bauen
anstatt sie aus Übersee zu importieren.

Na, dann wirds aber wenigstens in Österreich heftige Proteste geben, wenn
US-Panzer durchs Land rollen, oder? "Eine internationale, US-geführte
Militärgroßübung in Bulgarien, Ungarn und Rumänien wird im Juni
Truppentransporte durch Österreich notwendig machen". Vermeldet die APA.
Ohne daß das verräterische Wörtchen "NATO" in der Meldung vorkommt. Und was
soll man denn schon machen, wenn es "notwendig" ist?

Aber zumindest gibt es eine parlamentarische Anfrage. Da wünscht die
Opposition Informationen über "die Anzahl der Transporte der vergangenen
Jahre durch Österreich, die Herkunft und das genaue Ziel sowie die
Genehmigungen. Dabei geht es auch um die Frage der konkreten Kriterien,
welche das Bundesministerium für Landesverteidigung für den Durchzug
ausländischer Streitkräfte durch das Staatsgebiet anwendet und welche Stelle
dafür überhaupt zuständig ist". Blöd nur, daß das ein Zitat aus
unzensuriert.at ist, der anfragende Abgeordnete der FPÖ-Mandatar Christian
Hafenecker ist und das Ganze von 2015 stammt. Heuer wird der
FPÖ-Generalsekretär wahrscheinlich nicht mehr so eine Frage stellen. Erstens
weil der Heeresminister heute selbst ein blauer ist und zweitens weil das
alles mittlerweile ganz normal ist.

Denn bei dem Manöver handelt es sich um die Militärgroßübung "Saber
Guardian" ("Wächter des Säbels", "Säbelwächter"?), die alle zwei Jahre
stattfindet. Und deswegen gab es diese Transporte von Truppen und Gerät
durch Österreich schon 2015 und 2017. Was sollte dann also heuer daran so
skandalös sein?

Österreich ist schön, komm, roll drüber!

Und überhaupt: Die gar so neutrale Alpenrepublik ist längst zum
Durchmarschgebiet aller möglichen Militärs geworden. Das ergibt die Antwort
auf oberwähnte Anfrage aus 2015. Das Vice-Magazin faßte das damals wie folgt
zusammen: "Zwischen Jänner 2011 und September 2015 gab es 5.592 Transporte
ausländischer Truppen durch Österreich, die nach dem
Truppenaufenthaltsgesetz genehmigt wurden. 2016 waren es zirka 1.200.
Darunter Truppen aus Albanien, den USA, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien, Polen, der Schweiz und weiteren europäischen Staaten. Auch
die Ukraine durfte zwischen 2012 und 2015 Waffen und Soldaten durch
Österreich transportieren, obwohl dort seit Februar 2014 ein bewaffneter
Konflikt ausgetragen wird." Zu Letzterem zitiert Vice Oberstleutnant Peter
Barthou: "Zur Ukraine ist festzuhalten, dass es sich hier nach
internationaler Einschätzung um keinen Krieg im völkerrechtlichen Sinne
handelt." Deswegen sei das auch keine Neutralitätsverletzung.

Und was ist jetzt mit dem Protest gegen das Militär -- das hiesige, das
unionseuropäische, das US-amerikanische? Grüne? Voggenhuber und Pilz? Gar
ein paar verstreute SPler? Oder wenigstens das, was außerparlamentarisch
rumläuft und sich "Linke" nennt? Stört das noch irgendwen?

Nein, natürlich nicht. Aber das war schon mal anders. 1991 mußte in aller
Eiligkeit das Kriegsmaterialiengesetz geändert werden, damit die US-Panzer
Richtung Irak gebracht werden konnten. Politisch war das alles andere als
unumstritten -- übrigens auch in Italien. Nur dank eines massiven Einsatzes
österreichischer Gendarmerie und italienischer Carabinieri konnte das
Kriegsmaterial bis nach Brindisi zur Verschiffung gebracht werden. 2003, als
die USA bei der Wiederauflage dieses Krieges ihre Transporte wiederholen
wollten, machte die Schüssel-Regierung noch Manderln -- nicht aus
prinzipiellen Erwägungen, sondern weil es halt keine
Sicherheitsratsresolution gegeben hatte, die das sanktioniert hätte.

Auch derlei wird wohl in Hinkunft kein Hindernis mehr sein. Denn im selben
Jahr gab es das Berlin-Plus-Abkommen bezüglich der militärischen
Zuständigkeit zwischen NATO und EU inclusive Verschränkung der beiden
Militärstrukturen. Die neutralen EU-Mitgliedsstaaten haben das einfach nur
abgenickt. 2009 trat mit dem Vertrag von Lissabon auch die "Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik" in Kraft. Was endgültig klarmachte,
daß sich Österreich auch an "Petersberg-Aufgaben" beteiligt. Und seit 2017
haben wir "PESCO" zur "Synchronisierung der nationalen
Streitkräftestrukturen" und "der Durchführung gemeinsamer
Rüstungsprojekte" -- wobei es für Österreich die Möglichkeit gegeben hätte,
nicht mitzumachen, denn es beteiligen sich nur 25 der derzeit noch 28
EU-Mitglieder daran. Aber der damalige Außenminister Kurz, der sich gerade
so EU-kritisch gibt, war dafür und auch die SPÖ hatte keine
Neutralitätsbedenken.

Also was soll man sich aufregen? Die europäische Armee, die die NEOS
fordern, haben wir ja schon längst. Und es ist die "reine
Verteidigungsarmee" von der die Frau Gamon redet -- weil Angriffsarmeen
gibts ja heutzutage nimmer. Deswegen gibt es ja weltweit auch keine Kriege
mehr. Oder so.

Nein, mich regt es immer noch auf. Und es regt mich auf, daß es sonst
anscheinend kaum mehr jemand aufregt. Denn es braucht Antimiltarismus.
Dringend!

*Bernhard Redl*




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