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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 2. Mai 2019; 02:06
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Oeko/Antifa/Debatte:
> Braune Ökos? Doch nicht bei uns!
Die Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen-Vereinigung (ÖBV) ist
Herausgeberin der Zeitschrift "Wege für eine BÄUERLICHE ZUKUNFT" (BZ)
heraus. Klingt nach freundlichen Informationen für emanzipierte
Biobäuerinnnen und -bauern, ist aber nicht immer so. Da kann es schon mal
ideologisch rumpeln. *Florian Walter* und *Heike Schiebeck* wollten Manches
in dieser Zeitschrift so nicht stehen lassen und schrieben nachfolgenden
Artikel -- den die Redaktion der BZ ablehnte, vorgeblich aus rechtlichen
Gründen. Deswegen erscheint dieser Text jetzt in der akin.
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Braune Ökos? Doch nicht bei uns! So dachten wir. Wir sind doch die ÖBV -
Mitbegründerin von La Via Campesina, einer weltweiten emanzipatorischen
Bewegung. Da hat rechtsextremes Gedankengut keinen Platz.
Wir erlebten jedoch mehrmals unangenehme Überraschungen: Im März 2012, als
bei einer Demo der agrarpolitischen Plattform "Wir haben es satt!" plötzlich
ein FPÖ-Abgeordneter auftauchte und das Mikrofon ergriff. Er würde unsere
Ziele teilen, meinte er. Wir waren nicht dieser Ansicht und setzten uns in
der "Bäuerlichen Zukunft" 2/2013 unter dem Motto "Rechter Rand am Land"
intensiv mit Ökofaschismus auseinander.
Im Herbst 2016 erhielten wir das Angebot einer Köflacher Gemeinderätin, mit
uns ein Symposium für Ernährungssouveränität zu organisieren. Nach
anfänglicher Zustimmung fanden wir jedoch heraus, dass sie sich für Hofer
und Trump begeisterte. Wir versuchten mit ihr zu diskutieren. Da sie nicht
reagierte, sagten wir die Veranstaltung ab.
Im vergangenen Jahr fanden aufmerksame ÖBV-Mitglieder heraus, dass Siegfried
Jäckle vom "Forum Pro Schwarzwaldbauern", der jahrelang mit uns
zusammengearbeitet und in unserer Zeitung geschrieben hatte, Michael
Beleites gegen Kritik in Schutz nimmt: ".wer dem (kapitalistischen
Wachstumszwang) nicht folgt, wird . abgestempelt und läuft neuerdings
Gefahr, gleich als Faschist oder Nationalist eingeordnet zu werden, wie es
ein großes deutsches Nachrichtenmagazin mit einem Freund aus Sachsen .
gerade gemacht hat" (BZ 3/2018).(1) Dieser Freund Beleites hat ein Vorwort
für ein Pegida-Buch geschrieben und hält Vorträge vor der rechtsextremen
Burschenschaft Normannia zu Jena und der neurechten Denkfabrik "Institut für
Staatspolitik" (siehe BZ 2/2018). Einige von uns ÖBVler*innen waren
schockiert und empört und suchten das Gespräch. Da Jäckle auch nach mehreren
Diskussionen sich nicht von Beleites distanzierte und dessen Buch und
Vorträge weiter auf seiner Website bewirbt, gab es keine Zusammenarbeit
mehr. Der ÖBV-Vorstand beschloss, das Thema Rechtsextremismus in
Landwirtschafts- und Umweltbewegungen zu einem Schwerpunkt der
ÖBV-Bildungsarbeit zu machen.
Hellhörig geworden, fielen uns auch andere unterschwellige oder uneindeutige
Passagen in Zeitungstexten der "Bäuerlichen Zukunft" auf, wie etwa jener
einer Tiefenökologin, die ebenfalls von sich aus einen Bezug zum
Nationalsozialismus herstellt, indem sie schreibt: "Jahreskreisfeste sind
aus der Mode gekommen, sie werden oft sinnentleert wiedergegeben,
verkommerzialisiert, oder sie werden von manchen als Überbleibsel des
Nationalsozialismus verteufelt. Gleichzeitig sehnen sich immer mehr junge
Menschen danach." (BZ 4/12). Wann, so fragten wir uns, waren denn
Sonnwendfeuer zuletzt modern? Wohl doch im Nationalsozialismus! Und wonach
sehnen sich junge Menschen nun? Jeder kann den Text so lesen, wie er ihn
gerne deuten will - braune ÖkologInnen inclusive.
Wie erkennen wir versteckte rechtsextreme Botschaften? Wie verhindern wir
Applaus von der falschen Seite? Wie können wir Agrarpolitik machen, die
nicht den Rechten den Boden bereitet? Welches Selbstverständnis setzen wir
der Entsolidarisierung entgegen?
Diese Fragen haben wir im Jänner bei einem Seminar in Tainach, Kärnten,
diskutiert. Wir haben uns mit rechtsextremen Strömungen im
ländlich-bäuerlichen Umfeld, den eigenen braunen Rändern und dem Rechtsruck
in der Gesellschaft auseinandergesetzt. Der Referent Peter Bierl (1) trug
das Thema mit fundiertem Wissen und Humor vor.
Humor, bei so einem ernsten Thema?
Ja, zum Lachen ist es schon, wenn Rassenfanatiker den Gebrauch von Glyphosat
deshalb ablehnen, weil sie im Einsatz des Spritzmittels einen gezielten
Anschlag auf ihr überlegenes arisches Erbgut sehen. Manche
Tiefenökolog*innen und Tierrechtler*innen halten eine vermeintliche
Überbevölkerung des Planeten für die wichtigste Ursache von ökologischen
Zerstörungen. Sie fordern eine drastische Reduktion der Menschheit, nicht
nur um Umweltkatastrophen zu verhindern, sondern weil sie den Planeten in
eine Wildnis zurückverwandeln wollen. Sie sind gegen das Impfen, weil es die
natürliche Selektion verhindert. Da die Überbevölkerung im globalen Süden
ausgemacht wird, ist diese Haltung menschenfeindlich und rassistisch. Bierl
zitierte dazu provokant Erich Mühsam: "Wer meint, es gäbe zu viele Menschen,
der möge doch mit gutem Beispiel vorangehen und sich selbst entleiben!"
Rassistische Esoterik als Wissenschaft getarnt
Die Anthroposophie ist in der Öffentlichkeit vor allem durch Waldorfschulen
und Demeter Nahrungsmittel bekannt und bezeichnet sich selbst oft als
wissenschaftliche Grundlage für den biologisch-dynamischen Landbau, der
"Königsdisziplin der Landwirtschaft". Was wir nun hörten war, dass dieser
Weltanschauung ein obskures esoterisch-rassistisches Evolutionskonzept, die
sogenannte Wurzelrassenlehre zu Grunde liegt, die auch judenfeindliche
Elemente miteinschließt. Wen wunderts da noch, dass die Waffen-SS in den
Konzentrationslagern Ravensbrück, Dachau sowie im steirischen KZ Nebenlager
Bretstein Experimente mit biologisch-dynamischer Landwirtschaft durchführen
ließ ? Warum haben sich bislang nur wenige Demeter-AnhängerInnen mit diesen
Tatsachen auseinandergesetzt?
Gedanken zu Ende denken!
Das anfängliche Lachen über abstruse und eigenartige Behauptungen blieb uns
also bald im Halse stecken. Bierl überraschte uns in seinem Vortrag mit
Begriffsverwirrungen: "Ganzheitliches Denken", "organische Marktwirtschaft",
"Gemeinwohl", "Postwachstumsökonomie","Natur der Frau" und
"Ernährungssouveränität" -- diese Wörter begegnen uns in Alltagsgesprächen
mit Nachbar*innen, Ökobewegten, Tierschützer*innen,
Globalisierungskritiker*innen und natürlich auch in Texten der Zeitschrift
"Bäuerliche Zukunft". Sie werden aber auch von Rechtsextremen benutzt, die
damit etwas ganz Anderes meinen. In ihrem Sinne bedeutet etwa
"ganzheitlich": Die natürliche göttliche Ordnung der Gesellschaft sei
gegliedert in Ganzheiten wie Rasse, Volk, Sippe und Familie. Der Einzelne
müsse sich der Ganzheit unterordnen. Widerstand, Protest, Rebellion und
kritisches Denken seien somit wider die Natur." (3)
Which side are you on?
Der geschichtliche Rückblick auf die autoritären Wurzeln der Umwelt-,
Heimatschutz- und Lebensschutzbewegung rückte so manche Begriffe ins rechte
Licht. Es war so etwas wie ein Aha-Erlebnis. Zunächst harmlos klingende
Worte erwiesen sich als Versatzstücke rechter Ideologien. Ein Beispiel:
Ethnopluralismus klingt tolerant, gemeint ist jedoch Rassentrennung. Was wir
von dem Seminar mit nach Hause genommen haben: Bei nebulösen Formulierungen
Fragen stellen! Behauptungen, die sich gut anhören, konsequent zu Ende
denken und dann erst entscheiden, ob sie zu unseren Vorstellungen passen
oder nicht! Werden allen Menschen im Sinne der Aufklärung die gleichen
Rechte auf Leben, Freiheit und Glück zugestanden? "Mir ist erst jetzt klar
geworden, wir müssen uns entscheiden, auf welcher Seite wir stehen", sagte
eine Teilnehmerin spontan.
Kapitalismuskritik: ja, aber durchdacht!
Während des interaktiven Workshops dämmerte uns die Erkenntnis, dass unsere
Kritik am Kapitalismus manchmal vielleicht nicht genügend durchdacht ist.
Vereinfachende Erklärungsversuche können anschlussfähig sein für
völkisch-nationalistische Positionen: Statt die Ausbeutung von Menschen und
die Zerstörung der Natur auch durch heimische Betriebe zu kritisieren, geht
es bei völkischer Kapitalismuskritik darum, Feindbilder zu schaffen: Fremde
Mächte, amerikanische Konzerne und eine sogenannte jüdische
Weltverschwörung, die im Hintergrund die Fäden zieht. Wir arbeiten also
schon an der nächsten Veranstaltung. Titel: Kapitalismuskritik für
Anfänger*innen.
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(1) Das mit dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gemeint ist und
mit dem Freund aus Sachsen nur Beleites gemeint sein kann, ergibt sich aus
der Lektüre des Spiegel 2/2018
https://www.spiegel.de/spiegel/warum-ddr-buergerrechtler-sich-bei-der-afd-engagieren-a-1186288.html
und Berichten über die Kooperation von Jäckle und Beleites wie zum Beispiel hier:
https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.st-georgen-von-wegen-bluehende-landschaften.e990b780-3e79-4c8c-be14-17e891e7b25f.html
(2) Peter Bierl, Politikwissenschafter, Soziologe, Psychologe und
politischer Aktivist aus München, arbeitet als freier Journalist und hat
zuletzt das Buch Grüne Braune. Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von Rechts
veröffentlicht.
(3) _ Siehe dazu den Kurzbeitrag im Bayrischen Rundfunk: "Braune Ideologie
hinter grüner Fassade" über den Anastasia-Kult:
https://www.br.de/mediathek/video/die-story-braune-ideologie-hinter-gruener-fassade-av:5bf5e04bbf85ef001c4bcaa4
oder https://bit.ly/2I437W4
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