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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. April 2019; 16:16
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Freiheit stirbt mit Sicherheit:
> Kein Anschluß ohne Handynummer
Der nächste Schritt zum gläsernen User wird vorbereitet.
(Updates siehe Nachspann)
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Tja, jetzt macht die Regierung Ernst mit dem Kampf gegen den "Haß im Netz"!
Jetzt kommt das "digitale Vermummungsverbot", wie im Herbst letzten Jahres
angekündigt. Und das so transparent, daß man auf Gerüchte aus der
"Süddeutschen Zeitung" angewiesen ist. Diese berichtet, daß die
Regierungsvorlage eine Pflicht zur Hinterlegung einer Handynummer vorsehe,
bevor sich jemand in einem Internetforum registrieren und dann auch posten
dürfe. Gut, das wird wahrscheinlich nicht überall wirklich so durchsetzbar
sein, schließlich heißt das ja "world wide web" und nicht "Österreichisches
Heimatnetz", aber hiesige Betreiber wie etwa das Standard-Forum kann man
damit schon ordentlich nerven. Und vielleicht ist auch Facebook kulant und
hält sich mal an österreichische Gesetze. Aber etwas anderes fällt auf --
das paßt nämlich wunderbar dazu, daß erst vor kurzem Herr Kickl durchgesetzt
hat, daß alle PrePaid-Handies amtlich registriert werden müssen. Ohne diese
Bestimmung würde das mit der Authentifizierung ja gar nicht funktionieren.
Nebenbei fällt auch noch was für die Forenbetreiber ab -- die Info eben über
die Handynummer. Und dann versteht man, daß das natürlich nicht nur nicht
ärgerlich, sondern sogar enorm praktisch ist für Firmen wie Facebook.
Schließlich fordern die einen ja ständig auf, man möge doch seine
Handynummer hinterlegen, um "den Account zu schützen". Na, dann müssen sie
auch nimmer betteln und können sich sogar darauf ausreden, daß sie einfach
die große Datenkrake sein müssen -- von Gesetzes wegen.
Auch wer ein Youtube-Video kommentieren will, müßte sich erst anmelden. Und
damit bei Google. Und wenn man sich nicht ständig an- und abmelden will,
kriegt Google bei jeder Suchanfrage auch noch die Verknüpfung mit der
Handynummer. Weit ist es dann nicht mehr bis zur eindeutigen persönlichen
Identifikation der Suchanfragen -- da kann man Cookies löschen, soviel man
will. Und die NSA freut es auch. Den österreichischen Staat sowieso, weil
der soll zwar nicht die Handynummer passend zu den Usernamen frei Haus
bekommen, sondern nur auf Anfrage durch Verfolgungsbehörden -- aber nach
dem, was heutzutage alles schon an Äußerungen verfolgbar und klagsfähig ist,
werden sich da schon sehr schnell die staatlichen Datenbanken füllen. Also
alle gewinnen, ist doch super!
Naja, außer uns, den Bürgern und Konsumenten. Für uns werden elektronische
Geräte wieder ein bisserl mehr zu Televisoren. Das große Mitmachnetz ist
damit bald wieder Geschichte. Was hier erzeugt wird, ist ein Klima der
Angst. Braucht man bald einen Anwalt, bevor man ein Posting schreibt? Oder
schreibt man dann sicherheitshalber lieber nix?
Das greift auch so schön nahtlos in die Zahnräder des Marktes: Wer kein
Handy hat, soll auch nicht posten. Schon seit zwei Jahren ist ja auch
Online-Banking ohne Handy nicht mehr möglich, denn der TAN wird nur mehr per
SMS verschickt. Warum soll es der Staat nicht genauso machen wie die Banken?
Und schließlich geht es ja nicht an, daß es immer noch Untertanen gibt, die
keine Handysignatur beim Staat hinterlegt haben.
Jeder dieser Schritte hin zur Überwachung erscheint für sich gesehen beinahe
harmlos -- weil: Wer nix zu verbergen hat, braucht sich ja nicht zu
fürchten, gellja? Alles zusammen ist aber sehr wohl zum Fürchten. Die
Kombinationen machens! Anderes Beispiel: Zuerst wuchs die Zahl der amtlichen
Überwachungskameras. Dann gabs die biometrischen Pässe, damit auch jedes
Gesicht eindeutig vermessen ist. Folglich kam dann zwecks Schutz der Frauen
vor dem Burkazwang das allgemeine Vermummungsverbot. Zuletzt fehlt noch die
schon von der Vorgängerregierung geplante Vernetzung aller
Überwachungskameras. Dann brauchts nurmehr ein wenig Software und im urbanen
Raum ist jeder jederzeit per Gesichterkennung auch ohne Handy auffindbar.
Die wieder abgeschaffte Vorratsdatenspeicherung erscheint da ja schon fast
harmlos. Und die Datenschutzgrundverordnung ist bekanntermassen zum
Krenreiben. Nein, natürlich nicht, man kann davon ausgehen, daß beim
nächsten Versuch, endlich vielleicht doch das Amtsgeheimnis abzuschaffen,
die DSGVO als Ausrede verwendet wird, das Ansinnen abzuschmettern. Denn wir
dürfen uns zwar von Staat und Kapital nach Herzenslust aushorchen lassen,
umgekehrt ist aber alles geschützt, was Kreti und Pleti so interessieren
würde. -br-
Update 1: Laut Informationen von futurezone.at am Montagnachmittag könnten
noch andere Authentifizierungsmaßnahmen im Gespräch sein. An der
Bedenklichkeit dieser Maßnahme wird sich aber wohl kaum etwas ändern.
Konkretisierungen von Regierungsstellen lagen aber bis zu unserem
Redaktionsschluß nicht vor.
Update 2: Mittlerweile sind die Pläne offiziell. Einzige wirklich neue
Information ist aber, daß kleinere Foren -- explizit wird da ausgerechnet
unzensuriert.at erwähnt -- ausgenommen werden sollen.
Radiotip: "Überwachungsstaat: Sicherheit um jeden Preis?" - zweistündiger
Mitschnitt einer Podiumsdiskussion, zu hören unter:
https://cba.fro.at/402536
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