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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 20. März 2019; 18:41
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Nachruf:

> Herby Loitsch 1951-2019

Omo ist tot. Nach langer schwerer Krankheit verstorben, heißt es wohl in
solchen Fällen. Aber ich mag mich lieber an den agilen Tausendsassa
erinnern, der er vor seiner Krebserkrankung war. An den ewigen Störenfried
der österreichischen Zustände. Omo konnte ein ziemliches Häferl sein, wenn
ihn was aufregte. Und meistens regte er sich zu Recht auf. Einerseits ein
hochseriöser Journalist für Radio Orange, andererseits jemand der seine
Contenance recht schnell verlieren konnte, wenn ihm ein Interviewpartner
lächerliche Antworten gab. Seine Abschiedsworte jeden Freitag in "trotz
allem" waren immer: "Loßts eich net ois gfoin!"

Lange bevor er fürs Radio zum ständigen Begleiter von Demos und lästigen
Frager bei Pressekonferenzen wurde, war der Omo -- ich hab vergessen, wie er
zu diesem Spitznamen gekommen ist, irgendwas mit "Ostermozart" oder so --
jemand, der den Mächtigen gerade in dieser Stadt schwer auf die Nerven
gegangen ist. Zeitweilig war er sogar in der SPÖ. "Waaßt, daun kaun i de im
Stodtrot mit 'Du' und 'Genosse' aunreden" hat er das mir gegenüber einmal
vor rund 30 Jahren erklärt.

Denn was hat der Herby nicht schon vor dem Radio alles getrieben! In einem
anderen Nachruf hab ich eine Liste seiner Aktivitäten und Obsessionen
gefunden, die wohl nicht komplett ist, aber vielleicht einen Überblick
verschaffen kann: Hippiebewegung, diverse Kommunen in Wien und Umgebung,
Theseustempel, Voom Voom, Camera, Cafe Savoy, per Autostopp quer durch
Westeuropa, Amerlinghaus, Arena-Besetzung, Bewegung für selbstverwaltete
Jugendzentren, Piratenradio Ö-frei, Zwentendorf, Burggartenbewegung,
Phorushalle, Gassergasse, Legalisierungskampagne Inhale, diverse
Hausbesetzungen, Reisen nach Indien und Afghanistan, Aubesetzung Sauhaufen,
Hainburg, Lobau, diverse Jobs in der Musikbranche, Schmuckhandel mit Indien,
Hilfsaktion für Bosnien.

Und bei der katholischen Kirche machte er sich auch recht unbeliebt. Er war
nämlich einer von jenen "Zöglingen" kirchlicher Schulen, die sich noch gut
erinnern konnten, was man mit ihnen so gemacht hat, als sie klein waren.
Seine Schilderungen von Mißhandlungen bis hin zu Erlebnissen, die man heute
wohl als Folter bezeichnen müßte, lassen einen auch heute noch erschaudern.
Aber der Versuch, Herby zu brechen, ist halt gehörig nach hinten
losgegangen. Schon damals hat er sich gewehrt und er hat Zeit seines Lebens
nicht aufgehört damit.

Selbst beim Radio war er nicht immer unbedingt angenehm. "Trotz allem" hieß
seine Sendung, die er zu Anfang noch mit etlichen anderen zusammen machte,
weil man im ach so freien Radio kein Nachrichtenmagazin wollte. Der Name der
Sendung paßte aber auch noch später, als der Grund dafür längst vergessen
war. Und der Radiovorstand hatte auch weiter so seine Probleme damit, weil
Omo eben auch die Sozialbürokratie und die parteinahen Hilfsorganisationen
aufs Korn nahm, was die mit Klagsdrohungen beantworteten, weswegen einige
trotz-allem-Sendungen aus den Archiven gelöscht wurden. Was Omo aber nicht
daran hinderte, auch weiterhin unbequeme Fragen zu stellen und Menschen zu
interviewen, denen sonst keiner zuhört.

Auch gegen den Krebs hat er sich mit aller Kraft gewehrt. Als er mich vor
drei Jahren angerufen hat, daß er diese Diagnose hat, hat er mich noch
beruhigt, daß das sicher nicht das Ende wäre, nur halt jetzt eine Zeit käme,
wo er viele ärztliche Behandlungen vor sich hätte. Er hätte nur gerne, daß
ich ihm währenddessen ein paar seiner Radiosendungen abnehmen könnte.
Eigentlich war immer klar, daß diese Karenzvertretung durch mich und andere
bald wieder enden sollte. Im Spätsommer letzten Jahres aber hat er in einer
Sondersendung von "trotz allem" die Sendungsveranstwortung abgegeben, weil
er wußte, daß er die Kraft dafür nie mehr haben wird. Ein letztes Mal ist er
hinter dem Mikrofon noch einmal zu alter Wortgewaltigkeit aufgeblüht. Aber
es hat nicht gereicht, daß er wieder der Alte geworden wäre.

Gibts einen Himmel? Ich glaub ja nicht daran, aber wenn es einen gibt, hat
der Petrus wahrscheinlich gerade ein Mikrofon unter der Nase und versucht
verzweifelt, glaubwürdige Antworten auf Omos Fragen zu finden. Irgendwie hat
die Vorstellung was Tröstliches.
*Bernhard Redl*



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