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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 6. März 2019; 22:29
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Staatsbürgerliches/Ö:
> Schwarzblauer Doppelpaß
Volksnachrichten aus dem Parlament
"Österreichische Abgeordnete stimmen gegen Gesetz, das Nachkommen von
Nazi-Opfern Pässe gewährt hätte" -- so titelte jüngst der britische Jewish
Chronicle. Ganz so stimmt es allerdings nicht, denn die Behandlung der
entsprechenden Gesetzesnovelle wurde am 14.Februar vom zuständigen
Nationalratsausschuß lediglich vertagt. Praktisch aber liegt der Verdacht
nahe, daß es hier schon wieder einmal darum geht, etwas in die Länge zu
ziehen, um es dann still und heimlich zu entsorgen.
"Doppelstaatsbürgerschaft für Nachfahren der Opfer des Nationalsozialismus
aus Österreich" -- so steht es im Regierungsübereinkommen von 2017.
Allerdings wirkt es dort ein bisserl wie eine Entschuldigung für den darüber
stehendenden, viel ausführlichere formulierten Punkt, daß auch
deutschsprachige Südtiroler einen österreichischen Paß bekommen sollen.
Beide Vorhaben wurden allerdings im Parlament noch nicht von Schwarz-Blau
angegangen -- der Antrag bezüglich Pässe für Nachkommen der Nazi-Opfer wurde
von der SPÖ eingebracht, schon im Dezember des letzten Jahres. Ende Jänner
stand er auf der Tagesordnung. Geht es nach dem Antragsteller, dem
SP-Abgeordneten Johannes Jarolim, sollten auch Urenkel von Geflüchteten das
Recht auf einen "Einbürgerungsvorzug" erhalten -- was wahrscheinlich
Schwarzblau so nicht vorhatte. Die FPÖ hält diesen Antrag sowieso für
komplett unnötig. NR David Lasar verwies darauf, daß das eh schon im
Regierungsprogramm stünde.
Allerdings: Selbst wenn die Parlamentsmehrheit den SP-Antrag zum Gesetz
machte -- Pässe gibts für die Nachkommen dann immer noch nicht so leicht.
Die Verfahren würden nur weniger Bedingungen haben als bei anderen
Staatsbürgerschaftswerbern. Das hat in Österreich ja Tradition und betraf
schon nach 1945 die rückkehrwilligen selbst Geflüchteten. Der Kabarettist
Georg Kreisler, der 1938 als Jugendlicher geflohen war und in den USA die
dortige Staatsbürgerschaft angenommen hatte, hat das schon beschrieben. Er
konnte es nicht fassen, daß zwar alle österreichischen NS-Täter, die durch
den Anschluß Deutsche geworden sind, sofort automatisch wieder Österreicher
wurden, die rückgekehrten Opfer aber erst um die Staatsbürgerschaft ansuchen
mußten. Aus Protest blieb Kreisler dann einfach ein Ami.
Parlamentarischer Minderheitenschutz
"Ein Appell zur Versöhnung, zu einer ehrlichen Geschichtsbetrachtung ohne
Ressentiments und einer gemeinsamen Zukunft in einem friedlichen,
demokratischen Europa, in dem das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben
geschützt wird, zog sich heute wie ein roter Faden durch alle Reden im
Rahmen der Veranstaltung 'Für ein Europa freier Völker und Volksgruppen' im
Parlament in der Hofburg. "So hieß es dieser Tage in der
Parlamentskorrespondenz. Der Hauptredner bei der Veranstaltung meinte: "Wir
wollen die Erinnerung an die Vergangenheit aber wachhalten. Andere Länder
sind uns in diesem Punkt voraus, wenn sie Geschichte in einem weiteren
Rahmen betrachten. Man muss die kritischen Punkte schon sehen - aber man
muss dann auch stolz sein auf seine Geschichte."
Der das sagt, ist Lothar Höbelt, der Lieblingshistoriker der FPÖ. Eingeladen
hatten dazu der erste NR-Präsident Wolfgang Sobotka und die dritte
Präsidentin Anneliese Kitzmüller. Weiter heißt es in der Aussendung: "Die
Veranstaltung erinnerte an die 54 Sudetendeutschen, die am 4. März 1919
friedlich für die Eingliederung ihrer Heimatgebiete in Böhmen, Mähren und
Österreich-Schlesien in die neu gegründete Republik Deutschösterreich unter
Berufung auf das von Präsident Woodrow Wilson proklamierte
Selbstbestimmungsrecht der Völker demonstriert haben und durch die
einschreitende tschechische Miliz getötet wurden. Über hundert Menschen
wurden verwundet." Und: "'Jeder muss sich seiner Geschichte stellen, sonst
stellt ihn die Geschichte', rief Sobotka einmal mehr zu einem ehrlichen und
ernst gemeinten Geschichtsbewusstsein auf." Da ist die ÖVP natürlich ein
leuchtendes Beispiel.
Erstaunlich ist auch, daß bei einer Veranstaltung dieser Leute, wo es um
Volksgruppenschutz geht, doch auch die in Österreich lebenden Minderheiten
Erwähnung finden. Nämlich als Vorbild für Regelungen in ganz Europa:
"Sobotka verwies in diesem Zusammenhang auf den in Österreich geltenden
Minderheitenschutz durch die Anerkennung der sechs autochthonen Volksgruppen
der Slowenen, Kroaten, Ungarn, Slowaken, Tschechen und Roma." Daß dieser
Minderheitenschutz nicht ganz freiwillig passiert ist, sondern Folge des
Staatsvertrags, und sich Österreich lange sträubte, auch nur einigermassen
dieser völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen, erwähnt Herr Sobotka
nicht -- zumindest geht das nicht aus der Parlamentskorrespondenz hervor.
Nun, es wird seine Gründe haben, warum nicht das gesamte NR-Präsidium zu
dieser Veranstaltung einladen wollte.
-br-
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