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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 6. März 2019; 22:17
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Glosse/Menschenrechte:

> Haftgründe

In Österreich wird man schnell mal weggesperrt -- auch ohne Schutzhaftgesetz

Sebastian Kurz meinte neulich zum Thema Sicherungshaft: "Eine letzte
juristische Antwort auf ihre Frage nach der Moral: Sie haben die Eingriffe
jetzt schon, wenn sie an die Untersuchungshaft denken. Das sind Menschen,
die eingesperrt werden, obwohl nicht bewiesen ist und nicht von einem
Richter entschieden ist, daß sie wirklich schuldig sind. Gibt es genauso."

Ein wahres Wort. Insofern nämlich, daß er das vielleicht auch vor dem
BVT-Untersuchungsausschuß vortragen könnte, da wird nämlich gerade über die
Verhängung der Untersuchungshaft im berüchtigten Tierschützerprozeß 2010
debattiert. Da kann man vielleicht mal darüber reden, wie leicht und aus
welchen durchsichtigen politischen Gründen Untersuchungshaft verhängt werden
kann. Allerdings ist das wohl kein Argument dafür, daß man einen Haftgrund
einführt, der noch weniger Berechtigung hat. Und natürlich ist es formal ein
himmelweiter Unterschied, ob der Verdacht besteht, daß jemand etwas getan
haben könnte, (und noch einige andere Bedingungen erfüllt sind) oder ob der
Verdacht besteht, jemand könnte irgendwas tun.

In der Debatte gab es auch ein paar Verweise auf die Möglichkeit einer
Festhaltung nach dem Unterbringungsgesetz, also von Menschen, bei denen
aufgrund psychischer Beeinträchtigung eine Selbst- oder Fremdgefährdung
vermutet wird. Dieses Gesetz allerdings hat derart prompte und komplexe
Nachprüfmechanismen, ob eine Anhaltung zu legitimieren ist, daß der
Innenminister damit wohl nicht viel Freude haben dürfte. Daß dem so ist, hat
aber auch einen Grund: Eine jahrzehntelange Geschichte von Willkür und
Rechtsmißbrauch und Skandalen sowie halt auch die tradierten
Verhaltensweisen der Ärzte des etliche Male umbenannten Psychiatrischen
Krankenhauses, das in der NS-Zeit "Am Spiegelgrund" hieß. Da hat man ja doch
gelernt.

Ein Vergleich aber wurde meines Wissens nie gezogen: Der mit dem
"Maßnahmenvollzug". Denn da ist nach wie vor einiges im Argen. Seit Jahren
wird immer wieder darauf hingewiesen, daß Menschen bis zum
Sankt-Nimmerleinstag als "geistig abnorme Rechtsbrecher" festgehalten
werden -- in vielen Fällen aus reiner Willkür und ohne große Chancen jemals
dort wieder rauszukommen. Oft handelt es sich dabei um Leute, die lediglich
wegen Kleinigkeiten wie zum Beispiel einer Wirtshausrauferei verurteilt
worden sind und deren Richter der Meinung waren, die wären ein bissi gaga
und deswegen gibts die "Maßnahme". Und weil das so praktisch ist, Menschen
einfach auf Dauer wegzusperren, will daran offensichtlich kaum jemand etwas
ändern. Und allein darüber zu reden ist schon ein Frevel. Als letztes Jahr
eine Reporterin der deutschen "Zeit" in der Justizanstalt Wien-Mittersteig
einen Besuch machte, teilte man ihr mit, daß sie dafür eine
Sondergenehmigung des Justizministeriums bräuchte. Und so eine gibts
natürlich nicht. Die Konsequenz daraus, laut "Die Zeit": "Maßnahmeninsassen
dürfen neuerdings nicht mehr mit Journalisten sprechen. Das
Justizministerium begründete dies schriftlich mit 'erhöhten Anforderungen an
die Strafvollzugsverwaltung zur Wahrung und Schutz der Persönlichkeitsrechte
und Daten' der Insassen."

Eigentlich wollte die Politik das Thema ja schon, jetzt aber wirklich,
angehen. Aber leider, dann doch nicht. Bei einer Tagung zum Thema im
Juridikum meinte Christian Manquet vom Justizministerium, daß die sich nun
schon über Jahre erstreckende Arbeit an der Reform mit dem Regierungswechsel
von 2017 eingebremst worden sei an. Da nun ein anderes Regierungsprogramm
gelte, müsse auch der unter dem ehemaligen Justizminister erarbeitete
Entwurf daran angepasst werden.

Und so schließt sich der Kreis: Am 13.Februar dieses Jahres fand im
Petitionsausschuß des Nationalrats eine offensichtlich recht heftige Debatte
über die Zustände beim Maßnahmenvollzug statt. Dabei wurden "die Beratungen
über die Bürgerinitiative schließlich durch Kenntnisnahme abgeschlossen
wurden, ohne die angeforderte und noch ausständige Stellungnahme des
Justizministeriums abzuwarten". So formuliert es die
Parlamentskorrespondenz. Sprich: Es war nicht einmal ein Begräbnis erster
Klasse dieser Petition.

Zwei Tage später kam Herr Kickl mit seiner Sicherungshaft.

Fazit: In Österreich wird man auch grundlos sehr schnell weggesperrt. Und
nicht ganz so schnell wieder entlassen. Aber dann gibt es auch immer wieder
Geschichten, die sich zum Skandal entwickeln, weswegen dann doch was gemacht
werden muß, damit man ein bisserl näher an die diversen Grundrechtskataloge
kommt. Und dann braucht man halt neue Grundlagen fürs Wegsperren. Wie zum
Beispiel die Sicherungshaft.
*Bernhard Redl*



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