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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Februar 2019; 20:06
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Zitiert II:

> Kärnten als Versuchstation für den Östereichuntergang

Der in Kärnten lebende Journalist *Bernhard Torsch* erläuterte heute auf
Facebook, warum man sich in seinem Bundesland nicht mehr darüber wundert,
was sich derzeit in der Bundespolitik so abspielt:


Als Jörg Haider Kärnten regierte und das, was die FPÖ-ÖVP-Bundesregierung
heute macht, bereits in Anfängen vorweggenommen hatte, indem er zum Beispiel
gerichtlich unbescholtene Asylbewerber in ein Lager auf einer Alm sperren
hatte lassen, wurde ich unzählige Male von Nicht-Kärntnern gefragt, warum
"wir" denn nichts dagegen unternehmen würden. In liberalen Blättern wie dem
"Falter" erschienen reihenweise höhnische Artikel über Kärnten und seine
offenbar unrettbar autoritäre und braune Bevölkerung.

Wie es wirklich war, erzähle ich euch jungen Wilden jetzt einmal in aller
Kürze: Jörg Haider und seine Bande hatten, auch dank massiver Unterstützung
bürgerlicher und rechter Medien, die Landtagswahlen von 1999 klar gewonnen.
Danach fingen sie sofort damit an, das Land mit Hilfe der Landesbank Hypo in
eine Art Selbstbedienungsladen für FPÖ-Funktionäre und (andere)
Wirtschaftskriminelle umzubauen. Die Bevölkerung wurde mit einer ganzen
Reihe potemkinscher Projekte, die später alle zusammenstürzen würden, sowie
mit volkstümlichen Großveranstaltungen und einer massiven Förderung
ländlicher Trachten- und Gesangsvereine ruhig gehalten. Haider versorgte
auch tausende Menschen mit gut bezahlten Posten und schreckte nicht davor
zurück, zu diesem Zwecke sogar Fantasiefunktionen in der Art von
"Landes-Chorgesang-Beauftragter" zu schaffen. Gleichzeitig nützte Haider
jeden schlimmeren Fall von Kriminalität, in den Asylbewerberinnen verwickelt
waren, dazu aus, seine xenophobe Hetze bis hin zur Errichtung illegaler
Lager voranzutreiben. In Wien interessierte man sich nicht sonderlich für
die "dummen Kärntner" und wenn Haider von Wiener Journalisten interviewt
wurde, konnte er lustige Märchen über die großartige Entwicklung in "seinem"
Bundesland erzählen, ohne dass die lieben Kollegen groß nachgehakt haben
würden.

Und was taten "wir"? "Wir" schrieben in Blogs und ausländischen Zeitungen
dagegen an (in Kärnten hatten "wir" sowas wie Berufsverbot). Die SPÖ hatte
zunächst versucht, sich als strikte Opposition zu profilieren, aber von
Anfang an fand sich stets ein SPÖ-Bürgermeister oder ein anderer höherer
Parteifunktionär, der die Oppositionsarbeit torpedierte, indem er der
Landespartei widersprach und sich hinter Haider stellte. Ob das an
ideologischer Übereinstimmung lag oder an der kalten Berechnung, es sich mit
den Hütern der Geldhähne nicht zu verscherzen, ist nicht wichtig. Das
Resultat war eine demoralisierte Sozialdemokratie, die bald aufgab und sich
mit den paar Pöstchen, die dank des Proporzes für sie abfielen, zufrieden
gab. Die FPÖ hatte auch gleich zu Beginn ein paar Exempel statuiert und
einige nicht rechtsextreme Leute juristisch und finanziell fertig gemacht.
Die anderen wurden dann rasch leise.

"Uns", also all denen, die da nicht mitmachen wollten, blieb die Kritik, die
keiner hören wollte, und ansonsten das Gefühl völliger Ohnmacht angesichts
einer hypnotisierten Bevölkerung und des Desinteresses der Nicht-Kärntner an
dem Labor, in dem wir saßen und in dem man den autoritären Staat neuer
Prägung ausprobierte. Jetzt, da die Rechtsextremen im Bund regieren, merken
viele derer, die einst den Kopf über "uns" schüttelten, was es bedeutet,
skrupellosen Mächtigen gegenüberzustehen, die von den Boulevardmedien und
großen Teilen des Kapitals unterstützt werden. Jetzt seht ihr, wie "leicht"
Widerstand ist, wenn die einzige Partei, die einen solchen organisieren
könnte, dazu nicht willens ist. Jetzt werdet auch ihr erleben, wie es ist,
wenn sich auch Leute, von denen ihr das nie gedacht hättet, in den Wind
drehen.

Quelle: https://www.facebook.com/bernhard.torsch/posts/10213769449573098



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