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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 5. Dezember 2018; 21:03
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Slowakei:

> Das Unternehmen und sein Richter?

In der Slowakei war letzte Woche über Umweltaktivisten aus seltsamen Gründen
U-Haft verhängt worden.
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Zwölf Greenpeace-AktivistInnen, die letzten Mittwoch in der Slowakei
festgenommen worden waren, kommen jetzt wieder frei. Ursprünglich hatte es
geheissen, das Dutzend Leute mit verschiedenen Staatsbürgerschaften sollte
bis zu einer Gerichtsverhandlung in U-Haft bleiben. Ihr Verbrechen: Das
Kraxeln auf einen Turm einer Kohleförderungsanlage. "Nach einer
internationalen Solidaritätswelle und einer Berufung durch Greenpeace sind
die UmweltschützerInnen nun bald wieder auf freiem Fuß, müssen sich
allerdings weiterhin vor Gericht verantworten. Auch in Wien protestierten
heute Greenpeace-AktivistInnen vor der slowakischen Botschaft", hieß es am
Dienstag in einer Aussendung der Umweltschutzorganisation.

Die Protestbekundungen dürften allerdings nicht der Grund gewesen sein, daß
das Gericht seine Meinung geändert hat. Die Sache ist nämlich politisch sehr
viel heikler und schlug in der Slowakei größere Wellen: "Die Entscheidung
des Bezirksgerichts und vor allem dessen Begründung stieß auf harsche Kritik
und wird nun vom Generalstaatanwalt untersucht. Premier Peter Pellegrini
kritisierte diese Entscheidung, wenngleich er das Gericht respektiere. Laut
ihm sei es fraglich, inwiefern die Aktivitäten der Protestierenden als
kriminell bezeichnet werden können. Ihre Inhaftierung müsse demnach
entsprechend gerechtfertigt werden", meldete der staatliche Sender Radio
Slovakia International. Der Justizminister habe die Gerichtsentscheidung
nicht kommentieren wollen, doch auch er hätte sich darüber "überrascht"
gezeigt. Das Umweltministerium wies auf seine konstruktiven Erfahrungen mit
Greenpeace hin, wobei die Aktivisten bei ihren Protesten nie die ethischen
Grenzen überschritten haben sollen. Und Staatspräsident Andrej Kiska meinte
sogar, durch solche Entscheidung schwinde das Vertrauen der Bürger in die
Justiz.

Noch haariger ist aber die Tatsache, daß die Rechtsgrundlage für die Anklage
eine höchst wackelige sein dürfte und die Intentionen des Bezirksrichters in
der Industrieregion Nitra eher fragwürdige. Ein Oppositionsabgeordneter
stellte in Frage, ob die betroffene Betriebsanlage von öffentlicher
Bedeutung sei, worauf das sich das Gesetz über die Bergbautätigkeit bezieht.
Dieses besage, dass es sich beim unerlaubten Betreten eines
Bergwerksgeländes höchstens um ein Vergehen, nicht um eine Straftat handle.
Und der Abgeordnete betonte, daß Hornonitrianske bane Prievizda ein
privatisiertes Unternehmen sei. Es steht also implizit der Vorwurf im Raum,
daß ein privates Unternehmen Druck auf die lokale Justiz ausgeübt haben
könnte. Daß -- laut der staatlichen Agentur TASR -- der Richter in der
Begründung seines Haftbeschlusses ausgeführt haben soll, daß bei einer
Freilassung der AktivistInnen weitere Aktionen gegen das Unternehmen gesetzt
werden könnten, vermag diesen Vorwurf zumindest nicht zu entkräften.

Man könnte sich bei dieser Geschichte durchaus an den Wiener Neustädter
Tierschutzprozeß erinnern, der ja auch nur zustande gekommen sein dürfte,
weil eine Modehandelskette ein bißchen zu gute Beziehungen zur Polizei
gehabt hatte.
-br-


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