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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. November 2018; 20:48
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Prozesse:

> Freispruch wegen Graffitis

Am 12.November fand der zweite und letzte Tag eines Prozesses am
Landesgericht Wien wegen Graffitis statt. Dem Beschuldigten waren "schwere
Sachbeschädigung", sowie das Delikt der "Urkundenfälschung" in Verbindung
mit "Betrug" vorgeworfen.

Der Beschuldigte hatte in einem Statement in der U-Haft zugegeben, eine
Videokamera übermalen zu haben und einen Ausweis zum Erschleichen von
öffentlichen Dienstleistungen verwendet zu haben (er hatte sich mit einem
fremden Presseausweis gegenüber einem Schwarzkappler ausgewiesen).

Wie schon am ersten Prozeßtag folgte auch diesmal etwa 25 solidarische
Menschen einem Aufruf den Angeklagten zu unterstützen und warteten gegen
9.15h auf den Einlaß in den Gerichtssaal 208. Der Richter zog sein
Aktenwägelchen an den solidarischen Unterstützer_innen vorbei und versuchte
mit einem netten, unbeantwortet gebliebenen "Hallo" Sympathie zu erheischen.
Im Gerichtssaal war wieder zu wenig Platz, wieder mussten einige
solidarische Zuhörer_innen stehen.

Am ersten Prozeßtag war ein Hausmeister gehört worden, der im Februar 2017
wegen einem Graffiti Anzeige erstattet hatte. Darauf, aber auch auf etliche
andere Graffitis, bezog sich die Beschuldigung der "Schweren
Sachbeschädigung".

Mit besonderer Vehemenz waren Fahndungsversuche, wie zum Beispiel die
Veröffentlichung von Fotos in den Tageszeitungen "HEUTE" und "ÖSTERREICH",
unternommen worden. Am 12.November wurde der zweite Zeuge -- ein Arzt und
Hauseigentümer -- in den Zeugenstand gerufen. Er hatte der Polizei Fotos
seiner, der später übermalten Überwachungskamera ausgehändigt und damit die
Öffentlichkeitsfahndung ermöglicht.

Der Richter befragte ihn, ob er eine persönliche Wahrnehmung bezüglich der
Tat hatte. Dies mußte der Arzt verneinen.

Die Verteidigerin befragte den Zeugen bezüglich des Ortes der Montage der
Videokamera und verwies darauf, daß es nicht rechtens sei, den Gehsteig vor
einem Haus abzufilmen. Der Arzt jammerte, daß in der Märzstraße 80 schon
einige Male eingebrochen worden wäre -- der Beschuldigte unterbrach die
Ausführungen des Zeugen mit den Worten, daß die Videokamera wohl keine
Einbrüche verhindern wird. Der Richter ermahnte den Beschuldigten die
Verhandlung nicht zu stören und wies die Rechtsanwältin darauf hin, daß die
Frage des Montageortes der Videokamera nicht Gegenstand der Verhandlung sei.

Der Richter fragte den Zeugen genauer zu dem Ausmaß der Sachbeschädigung.

Der Zeuge meinte, die Graffitis an der Aussenfassade hätten in einer
eintägigen Übermalung entfernt werden müssen. Die Reinigung der Videokamera
wäre allerdings nicht besonders aufwändig gewesen.

Mit der Einvernahme des Beschuldigten war die Beweisführung abgeschlossen.
Im Schlußplädoyer der Rechtsanwältin verwies diese auf die politische
Gesinnungsverfolgung. Konkret verwies sie darauf, daß, nur weil der
Angeklagte für ein A im Kreis an der Wand beschuldigt wurde, nicht für alle
As und anderes zur Rechenschaft gezogen werden kann. Außerdem ergibt sich
durch ein A im Kreis keine "typische Handschrift" einer Aktivistin oder
eines Aktivisten.

Der Richter forderte vor der Urteilsverkündung, daß sich alle Personen im
Saal erheben sollten. Der Angeklagte wie auch alle solidarischen
Prozessbeobachter_innen im Saal weigerten sich. Der Richter widerholte die
Aufforderung noch zweimal - bevor er jene die sich weigerten dazu
aufforderte den Gerichtssaal zu verlassen. Der Angeklagte nahm als einer der
ersten seine Jacke und wollte gehen. Der Richte sagte: "Bitte kommen Sie
zurück". Der Angeklagte setzte sich zurück und auch alle solidarischen
BeobachterInnen konnten sitzend das Urteil vernehmen: Freispruch bezüglich
der schweren Sachbeschädigung! 2 Monate bedingt auf 3 Jahre Probezeit
bezüglich der Urkundenfälschung.

Der Angeklagte, einige solidarische ProzessbeobachterInnen und die
Rechtsanwältin zogen sich zur Beratung zurück -- sie entschieden sich das
Urteil vorerst nicht anzunehmen, sondern wollten Bedenkzeit -- vor allem um
dem Richter das unmittelbare Gefühl einer Genugtuung zu nehmen, ein sanftes
Urteil gesprochen zu haben.
(indymedia/abc-wien.net, Zusammenfassung durch akin)


Quellen: https://de.indymedia.org/node/25935 und
https://de.indymedia.org/node/24986



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