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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. Oktober 2018; 20:37
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Sozialversicherung:

Die Bundesregierung macht sich an den Institutionen der Sozialversicherungen
zu schaffen. Umfärbung und Sozialabbau lautet der Vorwurf. Aber waren das
bisher eigentlich wirklich Institutionen unter Kontrolle der
Selbsverwaltung, der Erwerbstätigen oder der Gewerkschaften? 1994 noch unter
Vranitzky wurde aus dem Arbeitsamt als Behörde des Sozialministeriums ein
öffentlich-rechtliches Unternehmen. Schüssel färbte den Hauptverband der
Sozialversicherungsträger um und daß ein Schwarzer Chef der AUVA ist, ist
mittlerweile auch schon ganz normal. Dabei sind all diese Dinge einstens die
Folge von Kämpfen der Arbeiterklasse gewesen. Daher diese Woche drei Texte
zum Thema -- denn es braucht sehr wohl Reformen. Aber andere!
(akin)

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> AMS: Der ganz normale Terror

Dem AMS werden die Gelder gekürzt, und da soll das (ganze) Problem sein?

Schon 2018 muss das AMS mit weniger Geld auskommen. Die Regierung plant für
2019 erneut, das AMS Budget um weitere 350 Millionen Euro zu kürzen. Es wäre
sachlich die Frage zu stellen, was dies für die weitere Gebarung des AMS
bedeutet und wer Nachteile in welchem Ausmaß zu erwarten hat. Zudem wäre ein
kritischer Blick auf die bisherige Praxis des AMS angebracht. Die im
Parlament vertretenen linken Partien, konkret die SPÖ und die Liste Pilz,
kritisieren diese Kürzungen und ergehen sich gleichzeitig mit Lobesreden auf
das AMS. Kathrin Glösel behauptet auf dem SPÖ-nahen Blog kontrast.at, dass
fehlende Kurse die Menschen deswegen in Billiglohnsektoren abdrängen würden.
Die Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger, spricht von
"arbeitsmarktpolitischer Untätigkeit" und behauptet, Kürzungen im AMS-Budget
würden sogar "Arbeitslosigkeit produzieren". Die seit Jahren, ja Jahrzehnten
geäußerte massive Kritik von Erwerbsloseninitiativen am AMS wird mit keinem
Sterbenswörtchen erwähnt. Dass beim AMS einiges schieflaufen könnte, davon
kein Wort. Statt dessen wird die Illusion verstärkt, adäquate
Arbeitsmarktpolitik könne wie durch Zauberhand Arbeitsplätze schaffen.
Tatsächlich wäre die öffentliche Debatte um das AMS eine gute Gelegenheit
auf einige hoch problematische Praktiken hinzuweisen, unter denen die
Erwerbsarbeitslosen leiden.

Statt Bescheide ausstellen versendet das AMS Mitteilungen

Die Novelle des ALVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz) aus dem Jahre 2007
erlaubt es dem AMS ihre Entscheidungen, etwa die Einstellung des
Arbeitslosenbezuges, bloß per Mitteilung zu verkünden. Der Unterschied
zwischen Bescheid und Mitteilung ist juristisch gesehen gewaltig. Ein
Bescheid muss rechtskonform argumentiert sein und eine Rechtsmittelbelehrung
beinhalten. Das heißt, der betreffenden Person muss mitgeteilt werden, in
welchem Zeitraum und in welcher Form sie das Recht hat, gegen den Inhalt des
Bescheides zu berufen. Eine Mitteilung ist hingegen bloß ein Blatt Papier.
Das ermöglicht dem AMS sich in rechtlichen Graubereichen zu bewegen. Wer die
oftmals recht willkürlichen Entscheidungen des AMS anfechten möchte, muss
erstmal innerhalb von drei Monaten einen Bescheid verlangen. Erst dann kann
dagegen berufen werden. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Wir empfehlen
trotzdem, keine Mitteilungen des AMS zu akzeptieren sondern stets einen
Bescheid verlangen. Dazu findet ihr anbei im Kasten einen Musterbrief. Wäre
es also zu viel verlangt, wenn die parlamentarische Opposition die Rede von
der Rechtsstaatlichkeit, mit der die Regierung die grausamsten Maßnahmen
legitimiert, auch für das AMS einklagen würde und obligatorisch Bescheide
fordert?

Zwangszuweisungen zu Kursen, Reform des § 9 und § 10 des ALVG

Seit 2007 gilt auch als arbeitsunwillig, wer sich weigert "einem Auftrag zur
Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der
Nach(Um)schulung vereitelt, oder ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer
Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den
Erfolg der Maßnahme vereitelt" (ALVG § 10, Abs. 1) Ebenso kann das AMS
Personen verpflichten, "im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB)
oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GBP)" (ALVG §Abs. 7)
tätig zu werden. Im Klartext: Schulungsmaßnahmen und Teilnahme an den
berüchtigten "Sozialökonomischen Betreiben", das sind zweifelhafte
Konstruktionen, die offiziell als Leiharbeitsunternehmen agieren, können
nicht abgelehnt werden. Niemand wird sinnvolle Qualifikationsangebote
ablehnen. In der gesellschaftskritischen Literatur zur Entwicklung des
Sozialstaates werden diese Kurse als das erkannt, was sie mehrheitlich sind:
Mittel und Methoden zur Disziplinierung der Erwerbsarbeitslosen um freudig
jeden Job, sei er noch so schlecht bezahlten, anzunehmen. Nicht fehlende
Kurse zwingen Menschen in Niedriglohnsektoren, sondern die Schikanen des
AMS.

Sanktionen wegen Terminversäumnissen und Ablehnung von Beschäftigungs- und
Schulungsangeboten (§ 10 AlVG)

Der Geschäftsbericht des AMS für 2017 weist insgesamt 111.451 Bezugssperren
auf. Wegen Arbeitsunwilligkeit wurden gerade 237 Sperren ausgesprochen! Der
Großteil wird mit "Ablehnung von Beschäftigungs- und Schulungsangeboten"
(25.404 Fälle) und "Versäumen der Kontrollmeldung" (55.227 Fälle) begründet.
Jedes Jahr sind es über 900.000 Personen, die zumindest kurzfristig mit dem
AMS Bekanntschaft machen. Das heißt, über 10% wurden durch Sperren
sanktioniert. Dieser existenzbedrohende Terror muss aufhören. Seit Jahren
fordern Erwerbsloseninitiativen, diese Praxis zu beenden.

Mittäter

Aber warum kein Sterbenswort der Kritik an der Gebarung des AMS? Ein Blick
auf die Organisation des AMS beantwortet diese Frage. Gewerkschaft und
Sozialdemokratie sind bestens in die Verwaltung integriert. Das Präsidium
besteht aus: Dr. Stefan Potmesil (Sozialministerium), Rudolf Kaske (ÖGB),
Dr. Wolfgang Tritremmel (Industrieellenvereinigung). Im Vorstand agieren Dr.
Herbert Buchinger (SPÖ) und Dr. Johannes Kopf (ÖVP) einträchtig miteinander.
Im Verwaltungsrat sind unter anderem vertreten: Ing. Alexander Prischl
(ÖGB), Willibald Steinkellner (ÖGB), Dr. Gernot Mitter (AK). Auch in den
diversen Ausschüssen (Ausländer-, Förder-, Strategie- und Kontrollausschuss)
sind Gewerkschaft und Arbeiterkammer paritätisch vertreten. Gewerkschaft,
Arbeiterkammer und Sozialdemokratie gestalten seit Jahren die Politik und
Maßnahmen des AMS aktiv mit. Kritik, Opposition? Fehlanzeige.
(Karl Reitter, Volksstimme Nr. 9, September 2018; abgekupfert aus ANSTOSS,
Sept. 18)

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Musterbrief, an die zuständige Geschäftsstelle des AMS zu richten:

Betrifft: Bescheidanforderung Sehr geehrte Damen und Herren! In Ihrer
Mitteilung vom ... (am Postweg erhalten am ...) haben sie mir ohne konkrete
Begründung und Beweisführung die
Arbeitslosenversicherungsleistung/Notstandhilfe rückwirkend mit ...
vorläufig eingestellt. Daher verlange ich entsprechend § 24 Absatz 1 AlVG
die Ausstellung eines entsprechend der Rechtsprechung hinreichend
begründeten Bescheides über die Bezugseinstellung. Hochachtungsvoll



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