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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. August 2018; 17:14
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Nicaragua:

> Solidarität mit den Protesten gegen die Regierung

In Nicaragua protestieren seit März 2018 hunderttausende Menschen gegen das
undemokratische, klientelistische Regime von Daniel Ortega. Dieses reagiert
mit brutaler Repression und versucht seither vergebens, die Proteste zu
ersticken. Da die Regierung nach wie vor von sich behauptet, links zu sein,
und sich auf das Erbe der sandinistischen Revolution von 1979 stützt,
sträuben sich weltweit viele Linke, Position zu beziehen. Deshalb
veröffentlichen wir hier eine internationale Solidaritätserklärung, welche
die staatliche Gewalt verurteilt und den Rücktritt der Regierung fordert.
Die Erklärung ist datiert mit dem 19. Juli 2018, dem 39. Jahrestag der
sandinistischen Revolution.
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Mit diesem Dokument möchten wir als Intellektuelle, soziale Aktivist*innen
und Akademiker*innen die in Nicaragua vom Staat ausgeübte politische Gewalt
und die begangenen Menschenrechtsverletzungen nachdrücklich verurteilen.
Diese Verstösse liegen in der Verantwortung des derzeitigen
Ortega-Murillo-Regimes [Präsident und Vizepräsidentin] und haben in den
letzten drei Monaten etwa 300 Todesopfer gefordert.

Die Empörung, der Schmerz, das Gefühl der historischen Frustration sind umso
stärker, als eine solche politische Verirrung das Ergebnis des Handelns von
Anführern und einer Regierung ist, die behaupten, links zu sein. Was ist
schmerzhafter als die Ironie eines Führers, der behauptet, ein Revolutionär
zu sein, wenn er die kriminellen Praktiken des Diktators [Anastasio Somoza]
reproduziert, gegen den er sich in der Vergangenheit erhoben hat? Die
Empörung ist aufgrund des mitschuldigen Schweigens von prominenten
(selbst-)proklamierten politischen Führern und linken Intellektuellen -
trotz der staatlichen Gewaltorgie - noch stärker. Das Einverständnis eines
bestimmten intellektuellen Establishments - einer "offiziellen Linken "[d.h.
Regierungslinke], die daran gewöhnt ist, die alleinige Repräsentantin der
Linken zu sein - hat sich in der Hitze der Regierungsmacht in einen
ausgesprochenen Ersatz für Zynismus verwandelt.

Diese ebenso schmerzhafte wie unannehmbare Situation anzuprangern, unsere
Stimme gegen die Verletzung der elementarsten Freiheiten und Rechte durch
die gegenwärtige nicaraguanische Regierung zu erheben, ist nicht nur eine
Pflicht der humanitären Solidarität. Es ist auch ein Akt und ein kollektiver
Appell zur Verteidigung des revolutionären Gedächtnisses; ein Versuch, das
tragische Ergebnis der anhaltenden politischen Degeneration zu vermeiden.

Es gibt keinen schlimmeren Diebstahl als den der politischen Hoffnung der
Menschen.

Es gibt keine schlimmere Plünderung als die, die darauf abzielt, die
rebellischen Energien eines Kampfes für eine gerechtere Welt zu rauben.

Es gibt keinen schlechteren Imperialismus als einen internen Kolonialismus,
der sich in gewalttätige Unterdrückung verwandelt, welche in antiimperialer
Rhetorik versteckt ist.

All dies geschieht in Nicaragua. Das Land, das Ende der 1970er Jahre das
fruchtbare Symbol der emanzipatorischen Hoffnung war, hat sich in ein neues
Terrain des Autoritarismus verwandelt.

Die Erinnerung an eine der edelsten und hoffnungsvollsten Revolutionen von
Nuestra América [Anspielung auf den berühmten Text von José Marti], wie auch
die Revolution von Sandino [1895-1934], wird durch die Regierung beschmutzt;
ebenso wie die Erinnerung an die antikapitalistischen Kämpfe eines unter
Gewalt leidenden, aber trotzdem mutigen Volkes, das heute einmal mehr mit
Füßen getreten wird, weil das diktatorische Regime dadurch versucht, die
alltägliche Gewalt zu verstecken, die für solche Regimes charakteristisch
ist [.]. Der ehemalige Revolutionsführer, geehrt durch das Vertrauen seines
Volkes, hat sich nun in einen Diktator verwandelt, der durch die Macht blind
geworden ist und dessen Hände mit dem Blut der Jugend bedeckt sind. Das ist
der schrecklich bittere Zustand unseres lieben Nicaragua.

Wir erheben unsere Stimme, um die Diktatur, in die die Regierung
Ortega-Murillo verwandelt wurde, öffentlich zu verurteilen. Wir bekunden
unsere Solidarität mit den Menschen und Jugendlichen, die sich heute einmal
mehr erhoben haben und Widerstand leisten. Wir unterstützen ihre Forderungen
nach Dialog und Frieden und fordern ein Ende der illegitimen und kriminellen
Regierung, die sich heute die Erinnerung der Sandinist*innen aneignet. Wir
tun dies in der Überzeugung, dass es nicht nur um die «Rettung der Ehre» der
Vergangenheit geht, sondern vor allem um die Sicherung und Pflege der heute
bedrohten emanzipatorischen Keime.

Einige der ErstunterzeichnerInnen: Alberto Acosta (Ökonom, Ecuador), Raúl
Zibechi (Schriftsteller, Uruguay), Hugo Blanco (Aktivist, Direktor von
«Lucha indígena», Peru), Joan Martinez Alier (Herausgeber der Zeitschrift
«Ecología política», Spanien), Pierre Salama (Ökonom, Frankreich), Edgardo
Lander (Soziologe, Venezuela), Boaventura de Sousa Santos (Anwalt,
Soziologe, Portugal), Jaime Pastor (Herausgeber der Zeitschrift «Viento
Sur», Spanien), Ricardo Napurí (sozialistischer Aktivist, Argentinien), Nora
Ciapponi (sozialistische Aktivistin, Argentinien), Aldo Casas (Aktivist,
Herausgeber der Zeitschrift «Herramienta», Argentinien)

Weitere Unterstützungen bitte an: declaracionurgentepornicaragua@gmail.com

Erschienen am 17./18. Juli 2018 auf Viento Sur und alencontre.org;
Übersetzung durch die Redaktion von sozialismus.ch. Quelle dieser Fassung:
http://www.aufbruch-salzburg.org/nicaragua-solidaritaet/


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