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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Freitag, 11. Mai 2018; 20:51
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> 70 Jahre Israel

Am 14. Mai 1948 erklärte sich mit dem Erlöschen des britischen
Völkerbundmandats der Staat Israel für unabhängig. *Gerhard Lehner* über ein
heikles Jubiläum:
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Ich habe schon oft in der akin über Israel geschrieben,und ich bin nach wie
vor der Meinung, dass die "Grundidee" des Staates Israel verständlich ist.

Dennoch halte ich es für falsch, dass da in der Heimat der Palästinenser
"einfach so" ein Staat gegründet worden ist.

Theodor Herzl, der ja nur 44 Jahre alt wurde und niemals nach Palästina kam
(ausser lang nach seinem Tod in ein Grab in Jerusalem), hatte von der
tatsächlichen Situation dort keine Ahnung.

Klar, es gab einen Vorläufer eines "jüdischen Staates", unter der Herrschaft
der sogenannten Richter, und dann, nach den Kriegszügen und Eroberungen
durch David, dessen Reich, noch viel später dann den Staat der Makkabäer und
den "Staat von Roms Gnaden" in der Zeit von Jesus.

Aber was in der Bibel in den Geschichten über Moses und Josuah zu lesen ist,
das war ja nichts anderes als eine Eroberung.

Nach dem Beginn der Diaspora "musste" dann wieder eine lange Zeit vergehen,
bis Herzl seine Ideen niederschrieb. Und die grossen zionistischen
Organisationen organisierten dann die Alija, die gezielten Einwanderungen.

Als sie dies taten, war Palästina ein Teil des Osmanischen Reiches.
Osmanische Paschas hatten Grossgrundbesitz,und auf diesen Besitztümern waren
die Dörfer der palästinensischen Bauern.

Vor allem die 5.Alija, die in den 20-er-Jahren des 20.Jahrhunderts,
bedeutete,dass die zionistischen Organisationen den Paschas das Land
abkauften -- und die dort lebenden palästinensischen Bauern vertrieben.

Aber dennoch lebten zunächst, Anfang des 20.Jahrhunderts, in Palästina grad
mal 10% Juden. Um dann die Grundlagen eines jüdischen Staates zu schaffen,
erfolgten drei Dinge: die Gründung von quasistaatlichen(vorstaatlichen)
Strukturen, incl.der Gründung von Städten wie z.B. Tel Aviv.

Dann die Erwerbung der Gebiete des späteren Staatsgebiets.

Und schliesslich die gezielte Einwanderung, eben die Alija.

Denn ein Staat muss ein Staatsvolk (d.h. als Mehrheitsbevölkerung), ein
Staatsgebiet und staatliche Strukturen aufweisen, um gegründet werden zu
können -- durch die erwähnten Massnahmen waren 1947/1948 die Voraussetzungen
für die Gründung des Staates Israel vorhanden.

Jüdische Terrororganisationen wie die IRGUN verübten gezielte Massaker, es
gab brutale Vertreibungen, gezielt wurden die Palästinenser durch diesen
Terror eingeschüchtert -- was dazu führte, dass sehr viele flohen. Und es
gab obendrein besonders brutale Massaker wie etwa die Vernichtung des
palästinensischen Dorfes Dar Jassin mitsamt Einwohnern.

So entstand der Staat Israel, dessen Hymne ein zionistisches Kampflied und
dessen Flagge symbolisch ein jüdischer Gebetsschal ist.

Nach wie vor ist das "höchste", was ein arabisch-palästinensischer
israelischer Staatsbürger werden kann, Abgeordneter in der Knesset.

Und dazu kommt die ja vielfach gespaltene jüdische Bevölkerung incl.
Rassismus gegenüber den aus Äthiopien stammenden Juden und den Ultraorthoxen
incl. Steineschmeissen auf Taxis, die am Schabbat unterwegs sind und
Anspucken von Mädchen, die sich nicht "züchtig" genug anziehen.


Zivilgesellschaft


Erfreulicherweise gibts auch die sehr lebendige israelische
Zivilgesellschaft, diverse jüdisch-palästinensische Schulen, Organisationen,
die aus Juden und

Palästinensern zusammengesetzt sind und Aufklärung und Bewusstseinsbildung
betreiben, die Frauen, die sich an den Checkpoints für die dort
Schikanierten einsetzen, die Peace-Now-Friedensbewegung und die
zehntausenden Menschen, die regelmässig auf die Strassen gehen.

Und es gibt die sehr engagierte und kritische Zeitung Haaretz, es gibt
Amnesty Israel und es gibt die Organisation "Children of Peace", die sich
für ein friedliches und engagiertes Zusammenleben von jüdischen und
palästinensischen Kindern einsetzt.

Aber andererseits "strampelt" sich diese Zivilgesellschaft sehr ab,
insbesondere angesichts einer israelischen Gesetzgebung, die nur z.B. sehr,
sehr wenigen

Flüchtlingen (aus Eritrea etwa) Asyl gewährt und diverse
Menschenrechtsorganisationen gesetzlich schikaniert.

Und nun also ist dieser "zwiespältige" Staat, in dem es einerseits so viele
engagierte Menschen gibt und andererseits die Verantwortlichen für schwere
Menschenrechtsverletzungen (incl.Trennmauern und der Situation in den
besetzten Gebieten) gibt (was nicht bedeuten soll, die
Menschenrechts-Verletzungen, für die die Palästinenser verantwortlich sind,
zu leugnen), 70 geworden.

Shalom?

Aber wann?

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