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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 2. Mai 2018; 16:48
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Schwarzblau/Soziales:

> Falsches Spiel mit der "Mindestpension"

Warum nur 0,25% aller PensionistInnen die medienwirksam angekündigte höhere
Mindestpension erhalten, obwohl es die FPÖ der Hälfte aller PensionistInnen
versprochen hat. *Lukas Wurz* analysiert für reflektive.at.
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Großer Ärger ergoß sich über die österreichische Politik im Jänner 2017.
Zehntausende Frauen fühlten sich verhöhnt. Großspurig hatten SPÖ und ÖVP in
einer ihrer wenigen konstruktiven Phasen angekündigt, die Ausgleichszulage
für Menschen, die dreißig Jahre gearbeitet haben, auf 1.000 Euro anzuheben.
Im Geldbörsel gespürt haben das bei der Einführung Anfang 2017 aber dann nur
sehr wenige. Etwa 22.000 Menschen profitieren von dieser Regelung.
Voraussetzung für diese erhöhte "Mindestpension" waren nämlich nicht dreißig
Versicherungsjahre, sondern 30 Beitragsjahre. Kinderbetreuungszeiten, Zeiten
der Krankheit, der Arbeitslosigkeit, des Zivil- oder Präsenzdienstes zählten
nicht mit. Und deshalb fielen ganz viele Menschen, insbesondere Frauen, die
damit gerechnet hatten, eine höhere Pension zu bekommen, um dieses um. Und
die waren echt sauer.

Nun will die schwarz-blaue Bundesregierung das gleiche Spiel mit den
PensionistInnen noch einmal spielen.

Was hat die Regierung versprochen und was kommt wirklich?

Es war vor allem die FPÖ, die in ihrem Wahlprogramm 2017 (auf Seite 26)
etwas versprochen hat: "Eine Mindest-Alterspension von 1.200 Euro monatlich
ab 40 Versicherungsjahren bei besserer Anrechnung von
Kindererziehungszeiten." Im Regierungsprogramm las sich das auf Seite 100
zwar ähnlich, bedeutete aber etwas ganz anderes: "Daher führen wir eine
erhöhte Mindestpension von 1.200 Euro für Menschen mit 40 Beitragsjahren
ein. Ehepaare erhalten bei 40 Beitragsjahren eines Partners zumindest 1.500
Euro." Das klingt jetzt ein bisserl nach ,über den Tisch gezogen'.

Versicherungsjahre und Beitragsjahre sind nämlich nicht dasselbe: Als
Versicherungsjahre für die Pensionsversicherung zählen etwa auch Zeiten des
Präsenzdienstes, des Zivildienstes, der Kinderbetreuung, der
Arbeitslosigkeit oder des Krankengeldbezugs. Als Beitragsjahre zählen jedoch
nur Zeiten, in denen ein Mensch erwerbstätig war und vom Einkommen auch
wirklich Beiträge gezahlt hat.

Um den Unterschied darzustellen: 40 Versicherungsjahre erreichten bei der
Pensionsversicherungsanstalt im Jahr 2016 etwa 50% der Menschen, die neu in
Pension gegangen sind. Da aber im Durchschnitt 14% der Versicherungszeiten
keine Beitragszeiten sind, erreichen nur sehr wenige Menschen auch 40
Beitragsjahre. Es sind etwa 20% aller AlterspensionistInnen. Und im
Durchschnitt bekommen jene, die diese 40 Beitragsjahre erreichen, eine
Pension von über 1.900 Euro. Da bleiben also nicht mehr sehr viele übrig für
eine Ausgleichszulage von 1.200 Euro. Nur ein Bruchteil der Menschen, denen
die FPÖ im Wahlprogramm eine höhere Mindestpension versprochen hat, kann
diese auf Grund dieser Voraussetzungen auch tatsächlich erfüllen.

Wie viele Menschen werden profitieren?

Das ist nicht so einfach festzustellen: Die Zahl der alleinlebenden Menschen
mit 40 Beitragsjahren muss (bis auf ganz wenige Ausnahmen) eine Teilmenge
jener 22.000 Menschen sein, die bereits jetzt auf Grund der noch von der
SPÖ-ÖVP-Koalition eingeführten erhöhten Ausgleichszulage für Menschen mit
zumindest 30 Beitragsjahren (von 1.022 Euro im Jahr 2018) erhalten. Im Jahr
2016 erhielten jedenfalls im Bereich der Pensionsversicherungsanstalt stolze
251 Menschen, die jedenfalls mehr als 40 Beitragsjahre hatten, eine
Ausgleichszulage. Dazu kommen noch einige hundert alleinlebende Menschen mit
Pensionen zwischen 1.022 und 1.200 Euro, die tatsächlich 40 Beitragsjahre
haben.

Von der höheren Leistung für Paare wiederum werden nur wenige aus der Gruppe
jener 32.000 Paare profitieren können, die bereits jetzt eine
Ausgleichszulage erhalten. Auch in dieser Gruppe ist davon auszugehen, dass
nur sehr wenige wirklich 40 Beitragsjahre aufweisen können. Wenn Vizekanzler
Strache nach dem Ministerrat am 18.4.2018 von 40.000 Menschen gesprochen
hat, die davon profitieren können (das wären übrigens auch nur 2% aller
PensionistInnen), so erfindet er etwas (oder wahrscheinlich einer seiner
MitarbeiterInnen). Das ist aufgrund der Zahlenlage denkunmöglich. Wesentlich
realistischer sind höchstens 5.000 Menschen. Das sind dann aber nur 0,25%
aller PensionistInnen.
(gek.)

Volltext:
http://reflektive.at/allgemein/ueber-den-tisch-gezogen-falsches-spiel-mit-der-mindestpension


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