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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 18. April 2018; 21:03
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Glosse:

> Politisch' Lied

Das Kreuz mit dem Kopftuch hat noch ganz andere Aspekte als auf den ersten
Blick ersichtlich.

Eines ist in der Angelegenheit bezüglich kleiner Mädchen mit Kopftüchern
wohl genauso klar wie beim "Burkaverbot": Um Frauen- oder Mädchenrechte oder
um Kritik am Patriarchat geht es Schwarz und Blau nicht -- das können Basti
und Bumsti ihren Großmüttern erzählen und selbst die werden ihnen das nicht
wirklich glauben. Also das kann man mal ausschließen. Wahrscheinlicher ist
doch, daß es wiedereinmal nur darum geht, den Boulevard zu bedienen und
damit das eigene Wahlvolk.

Vom Willen zu einer Säkularisierung öffentlicher Institutionen wie einst in
den französischen Debatten oder im Kemalismus kann auch keine Rede sein --
das walte die katholische Kirche. Das gleiche gilt für eine Kritik am Recht
der Eltern, Kinder von klein auf religiös zu indoktrinieren. Und siehe da,
so will man von Regierungsseite das auch gar nicht argumentieren, denn man
ist sich im Klaren, daß wie beim Verschleierungsverbot VfGH und EGMR nicht
zögern würden, von einer Diskriminierung aus religiösen Gründen auszugehen.
Nein, das Kopftuch soll als politisches Symbol geächtet werden, wie das
Gudenus jr. jüngst bei "Im Zentrum" ausführen durfte.

Hoppala! Das ist natürlich als eine rechtliche Schutzbehauptung gedacht.
Aber sie hat Gehalt! Denn genauso wird ja auch das Kruzifix in den
Kindergärten argumentiert -- nicht als religiöses, sondern als politisches
Symbol. Am schönsten ist das ausformuliert im burgenländischen
Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 2009 §19, Abs.3, 2.Satz: "Als
staatliche Symbole sind zumindest in jedem Gruppenraum ein Kreuz sowie das
Bundes- und Landeswappen und in jeder Kinderbetreuungseinrichtung ein Bild
des Bundespräsidenten anzubringen."

Einmal ganz abgesehen davon, daß christliche Symbole angeordnet werden,
während islamische verboten werden sollen, zeigt sich hier auch noch ein
ganz anderes Bild: Politische Symbole als individueller Ausdruck werden
pönalisiert, wenn sie nicht von Staat sanktioniert sind.

Wenn man nun hergeht und religiöse Symbole -- die an sich natürlich immer
auch politische sind, weil Religion nunmal immer eine Gesellschaftordnung
definiert -- nun explizit als rein politische deklariert, um nicht an den
Prinzipien der Religionsfreiheit zu kratzen, um diese Symbole damit
vermeintlich leichter verbieten oder auch verordnen zu können, sagt man
damit aber auch aus, daß politische Überzeugungen viel eher einem
staatlichen Verordnungsrecht unterworfen werden können als religiöse --
zumindest in den Erziehungsinstitutionen, möglicherweise aber auch darüber
hinausgehend. Und dann stellt sich die Frage, welche Symbole außer dem
Kopftuch sonst noch außerhalb dessen sind, was einstens Andreas Khol als
"Verfassungsbogen" definiert sehen wollte.

Hier wird es heikel. So etwas sollte nicht Schule machen. Denn bislang galt
das gesellschaftliche Übereinkommen, daß Politik in den
Bildungseinrichtungen nichts zu suchen hat. In der Praxis hieß das, daß der
Staat zwar sein Revier markieren darf mit den entsprechenden Symbolen, das
Personal der Institutionen sich aber politisch-ideologisch neutral zu
verhalten habe. Umgekehrt gestand man aber den Erziehungsunterworfenen sehr
wohl zu, nicht diese Neutralität üben zu müssen.

Derzeit geht es nur um Mädchen im Kindergarten- und Volksschulalter, deren
religiöses und politisches Bewußtsein ja fast ausschließlich von Erwachsenen
bestimmt wird, doch die Überlegungen gehen ja auch schon weiter bis hin in
den sekundären und sogar tertiären Bildungsbereich. Will man da auch
politische Symbole, die dem Staat nicht passen, verbieten? ÖH-Wahlen, zum
Beispiel, stelle ich mir dann aber recht lustig vor.

Religiöse Indoktrination von kleinen Kindern ist natürlich generell etwas
eklig -- unabhängig von der jeweiligen Geschmacksrichtung an Gottesanbeterei
und unabhängig davon, ob diese Prägung durch Eltern, Klerus oder Staat
erfolgt. Aber darum geht es nicht in der Debatte. Es geht darum, ob sich der
Staat das Recht anmaßen darf, zu bestimmen, welche politischen oder
religiösen Lehren zulässig sind und welche nicht.

Damit wären wir aber fast schon zurück in der Epoche vor Josef II. Und ganz
nah an Orban und Erdogan. Darüber wäre dringend zu diskutieren und nicht
über einen läppischen Fetzen Stoff.
*Bernhard Redl*


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