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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. April 2018; 19:52
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Arbeit und Soziales

> Sturm auf den Arbeitsschutz

Bei der Debatte um die AUVA geht es um vielmehr als um die Frage, wer in
Zukunft die Unfallkrankenhäuser betreiben soll. Ein Paradigmenwechsel ist
das Ziel, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.
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Die AUVA hat mit dem ARBÖ und dem ASKÖ etwas gemeinsam -- der erste
Buchstabe all dieser Akronyme bedeutete ursprünglich "Arbeiter". Die heutige
"Allgemeine Unfallversicherungsanstalt" ist zwar im Gegensatz zum
"Arbeiterradfahrerbund" und zum "Arbeitersportklub" keine Gründung der
Arbeiterbewegung, doch ohne sie kaum denkbar. Und das hat sehr wohl etwas
mit der heutigen Debatte zu tun.

1889 wurde die Arbeiterunfallversicheungsanstalt per Gesetz begründet. Der
Hintergrund war aber eben ein immer weniger zufriedenes Proletariat, daß
sich immer mehr zu organisieren begann. Es mag eine rein zufällige
Koinzidenz sein, aber am selben Tag, am 1.Jänner 1989, als dieses Gesetz in
Kraft trat, endete auch jene Zusammenkunft in Hainfeld, die die Begründung
der Sozialdemokratischen Partei in Österreich beschloß. In der Monarchie
brannte also schon ein wenig der Hut: Das Bürgertum hatte man befriedet,
aber die Arbeiter lebten in höchst prekären Verhältnissen -- neben
Lohnfragen war vor allem die Situation im Bereich Arbeitsschutz eine
Katastrophe, denn so etwas gab es schlicht nicht. Die zu bedienenden
Maschinen waren brandgefährlich und den Unternehmen war es egal, ob ihre
Arbeiter mal eine Hand verloren -- schließlich gab es ja genug gesunde
Ersatzleute. Hauptsache, der Profit war vorhanden. Mit der AUVA wurde eben
nicht nur ein Versicherung gegen solche Unfälle geschaffen, sondern auch
eine Obsorgepflicht der Unternehmen definiert. Genau deswegen waren es auch
die Unternehmen, die die AUVA finanzieren mußten. Denn es waren eben nicht
die Arbeiter, sondern die Unternehmer versichert: Die AUVA übernahm dann
eben im Schadensfall diese Versorgungspflichten der Unternehmen für die
geschädigten Arbeiter.

Kafkas Schloß

Dabei war die AUVA von Anfang an vor allem eines: Unterdotiert. Denn man
wollte zwar zur Beruhigung der Arbeiter eine Institution zu ihrem Schutz
schaffen, aber doch nicht die Unternehmer verärgern, denen der AUVA-Beitrag
natürlich immer zu hoch war. Davon konnte auch der wohl berühmteste
Mitarbeiter der AUVA, Franz Kafka, ein Lied singen. Als dieser an die
deutsch dominierte Peripherie Böhmens reiste (also jene Gegend, die man
später Sudetenland nennen würde), fing er sich mit der dortigen
Unternehmerschaft einen regelrechten Krieg an -- und zwar nur deswegen, weil
er überprüfen wollte, ob die zu zahlenden Versicherungssätze mit der
Gefährlichkeit der Maschinen noch im Einklang waren. Was natürlich nicht der
Fall war. Mit dieser Geschichte ist aber auch klar, daß die AUVA von Anfang
an eben nicht nur als Versicherungsleister agierte, sondern auch generell
Druck auf das Unternehmertum aufbauen mußte, für mehr Arbeitssicherheit zu
sorgen.

Die AUVA stand also als Quasibehörde an der Front des
Arbeitnehmerschutzes -- gleichzeitig in der Kritik von Unternehmertum und
Arbeiterbewegung, der natürlich auch klar war, daß die AUVA hauptsächlich
zur Befriedung eingerichtet worden war. Behindert wurde sie aber auch durch
ihrer eigene, höchst schwerfällige Bürokratie -- hauptsächlich, weil ihr die
Leute fehlten, um diesem Aufwand wirklich gerecht zu werden. Ja, Kafkas
"Schloß" wäre wohl ohne seinen Job bei der AUVA nicht möglich gewesen.

Fassen wir zusammen: Die AUVA galt als bürokratischer Moloch, hatte eine
Vielzahl an Aufgaben, wurde dafür aber nicht ausreichend mit Mitteln
ausgestattet und die Unternehmer wollten nicht so hohe Beiträge zahlen --
reden wir da jetzt vom 19. oder vom 21.Jahrhundert?

Nicht nur die AUVA

Die AUVA war die allererste Sozialversicherungsanstalt in Österreich --
lange bevor von Pensionsversicherungen für Arbeiter die Rede sein konnte,
denn die wurden damals in der Regel nicht sonderlich alt, weswegen das Thema
auch nicht so brennend war. Die AUVA war aber nicht die erste staatliche
oder staatsnahe Institution, die sich um Arbeitsschutz kümmerte. Das waren
die schon 1884 eingeführten Gewerbeinspektorate. Die waren organisatorisch
bei den Gewerbeämter angesiedelt und auch hier zeigt sich ein ähnliches
Bild: Formal kümmerte man sich von staatlicher Seite um die
Arbeitsplatzsituationen, praktisch hatten aber die Gewerbeinspektoren nur
beratenden Kompetenz.

Womit wir wieder in der Gegenwart wären: Während jetzt die Sozialministerin
die AUVA in Frage stellt, machte sie im Februar Schlagzeilen, weil sie die
Arbeitsinspektorate, also die Nachfolger der Gewerbeinspektorate, in ihrer
Arbeit kritisierte. Sie setzte dazu an, einen an sich tatsächlich etwas
seltsamen Ministerialerlaß zu streichen, der den Inspektoraten ein
Mindestmaß an Beanstandungen vorschrieb. Die Arbeitsinspektorate machen ja
tatsächlich oft genug recht seltsame Beanstandungen und diese eher selten
bei Großkonzernen. Von daher ist die Kritik natürlich sowohl berechtigt als
auch gut argumentierbar. Dennoch geht es hier auch darum, das, wenn auch
nicht sonderlich scharfe, aber im Vergleich schärfste Instrument gegen
mangelnden Arbeitnehmerschutz an die Kandare zu nehmen.

Reform, Reform!

Es werden also die beiden wichtigsten Instutionen bezüglich
Gesundheitsvorsorge im Bereich unselbständiger Erwerbstätigkeit massiv in
Frage gestellt. Was natürlich auch im Zusammenhang mit dem Versuch, die AK
ausbluten zu lassen, gesehen werden kann.

Bei der jetzigen Debatte geht es eben nicht um Bürokratie, Ineffizienz oder
wer welche Krankenhäuser wie betreibt, sondern um einen Paradigmenwechsel,
der das Arbeitsrecht grundlegend in Frage stellen möchte. Hier wird eine
Stimmung erzeugt, daß eben jene Institutionen, die eben ohne die
Arbeiterbewegung nicht denkbar gewesen wäre und auch deren Weiterentwicklung
duch diese geprägt war, als heute nicht mehr zeitgemäß dargestellt werden
sollen.

Genau das versteht diese Regierung unter "Reformpolitik". Auch unter diesem
Aspekt sollte man sich das geplante "Zweite Bundesrechtsbereinigungsgesetz"
des "Reformministers" Moser noch einmal genau anschauen.
*Bernhard Redl*



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