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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 28. März 2018; 13:17
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Glosse:

> Fake News

Aber dieses ganze Mahagonny / Ist nur, weil alles so schlecht ist / Weil
keine Ruhe herrscht / Und keine Eintracht / Und weil es nichts gibt / Woran
man sich halten kann.
(Brecht, Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny)

Ich rufe Sie auf, sich ... vor der Versuchung des Stolzes zu hüten - vor der
Versuchung, sich unbekümmert als über dem Ganzen stehend zu erklären und
beide Seiten als gleichermaßen schuldig zu bezeichnen, die Tatsachen der
Geschichte und die aggressiven Antriebskräfte des Reichs des Bösen zu
ignorieren, den Rüstungswettlauf einfach ein gigantisches Mißverständnis zu
nennen und sich auf diese Weise aus dem Kampf zwischen Richtig und Falsch,
zwischen Gut und Böse zurückzuziehen.
(Ronald Reagan, 1983)

The truth ist out there. (Akte X)
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Rußland ist böse. Das hat schon immer gut funktioniert. Und es ist auch so
praktisch -- übrigens auch für die jeweiligen Machthaber in Rußland. Das
Prinzip von 'Viel Feind, viel Ehr' sichert auch Putins Macht, da braucht er
sich gar nicht anzustrengen. Aber vor allem ist der Popanz wichtig für das,
was man heute so Europa nennt -- die Herren der EU in ihrer Identitätskrise
und das sich nun verabschiedende Großbritannien haben den Anschlag von
Salisbury ganz dringend gebraucht. Kaum jemand in den Massenmedien fragt:
Cui bono? Was hätte der russische Geheimdienst von diesem Mordversuch? Und
warum sollte der FSB oder der GRU oder sonst eine russische Staatstruppe
ausgerechnet ein derart unpraktisches, verräterisches und völkerrechtlich
verpöntes Gift verwenden? Für wie blöd sollen wir denn den russischen
Geheimdienst halten, noch dazu bei einem Staatschef, der in ihm politisch
groß geworden ist? Oder ist es gar ein Doppelbluff: Der russische
Geheimdienst wollte einen Grund liefern, um die Feindschaft zwischen Rußland
und den NATO-Staaten wieder ein bißchen aufzufrischen? Das wäre logisch.
Oder es war eben doch nicht Rußland.

Verschwörungstheorien

Geheimdienstgeschichten sind ja üblicherweise die Phantasie anregend. Warum
sonst lieben wir solche Figuren wie James Bond? Die Wirklichkeit ist aber
wohl eher eine, die den Romanen von John LeCarre nahekommt -- ein scheinbar
sinnloses Sandkastenspiel zwischen den Geheimdiensten, wo es auch für die
Akteure oft genug nicht durchblickbar ist, worum es eigentlich geht. Vor
allem ist es aber eine Wirklichkeit, die aus der Produktion von dem besteht,
was heute unter "Fake News" läuft. Aber die Welt hat sich geändert -- nicht
erst mit Facebook. Der Grund für die Verunsicherung der Medienkonsumenten,
was man denn überhaupt noch glauben könnte, sind nicht die
Verschwörungstheoretiker, die mittlerweile seit gut zwei Jahrzehnten dank
ausreichendem Internetangebot eine große Verbreitung haben. Nein, das
Internet bedeutet ein Ende des Oligopols der Top-Down-Medien zur Definition
der allgemeingültigen Wahrheit. Dementsprechend blühen die Vermutungen --
und da kann man schon die nächste dranhängen: Genausowenig wie Putin ein
Demokrat ist, ist Facebook ein Graswurzelprojekt. Es ist ein Konzern mit
einer bedenklichen Firmenpolitik. Aber wieso steht diese Firma gerade jetzt
unter Beschuß wegen Mißbrauchs von Nutzerinformationen? Oh, da könnte man ja
gleich wieder eine Verschwörungstheorie anhängen.

Die Welt ist kompliziert geworden. Wirklich? Nein, nur die Information kommt
viel schneller, geht kunterbunt durcheinander und ist prinzipiell
verdächtig. Da gibt es dann diejenigen, die sich dieses ganze Mahagonny
nicht mehr geben wollen und sich nach Ruhe und Eintracht und einem einfachen
Weltbild sehnen, und die anderen, die prinzipiell an gar nichts mehr
glauben -- außer an Chemtrails. Und noch ein Problem gibt es: Die Krise der
Qualitätsmedien, die wegen ihres Verlusts an zahlenden Konsumenten sich kaum
mehr guten Journalismus leisten können und deswegen wieder zurück zur
Hofberichterstattung gehen, weil die ihnen halt frei Haus geliefert wird.
Was natürlich einen weiteren Vertrauensverlust bedeutet.

Das Reich des Bösen

Die Zeiten des Kalten Krieges, als Ronald Reagan noch die Sowjetunion als
"Reich des Bösen" apostrophieren konnte, sind vorbei. Sollte man meinen.
Aber dann liest man in der Zeitung: "Jedes Mal, wenn Russland die
internationale Rechtsstaatlichkeit unterwandert, wird das Land mehr und mehr
zu einer Gefahr. Diese Gräueltat fand in einer friedlichen britischen
Provinzstadt statt. Nächstes Mal könnte es auch irgendwo anders in Europa,
sogar auf österreichischem Boden, sein." Ja, wunderbar, mediale Verurteilung
ohne seriöse Beweiswürdigung und dazu ordentliche Panikmache. Das ist aber
nicht der Boulevard, wo man das findet, sondern die an sich als seriös
geltende "Wiener Zeitung". Und der Autor ist nicht etwa Henryk Broder,
sondern es handelt sich um einen Gastkommentar von Leigh Turner, seines
Zeichens britischer Botschafter in Wien. Da fragt man sich dann schon, was
die Londoner Regierung bezweckt, wenn sie hochrangige Diplomaten sich derart
äußern läßt. Und natürlich, wo denn jetzt eigentlich der genaue Unterschied
sein soll zwischen Geheimdienstmitarbeitern und Diplomaten.

Österreichische Verhältnisse

Womit wir wieder beim Geheimdienst wären und in der kleinen österreichischen
Welt. Was sich derzeit um den zivilen Inlandsgeheimdienst abspielt, ist ja
auch nicht ohne Pikanterie. Was treibt das BVT eigentlich so? Das wollte
jetzt die SPÖ mit eine Untersuchungsausschuß eruieren lassen. Der wurde von
den Regierungsparteien abgelehnt mit der Begründung, der
Untersuchungsgegenstand wäre zu ungenau definiert. Wenn man sich den Antrag
der SPÖ durchliest, muß man sagen -- ohne dem Verfassungsgerichtshof
vorgreifen zu wollen --, die Krtik ist berechtigt. Möglicherweise sind die
Formulierungen deswegen ungenau, weil man nicht auf die konkrete aktuelle
Causa abstellen wollte, weil es sich dabei ja noch um ein laufendes
Verfahren handelt, was wohl auch einen Ablehnungsgrund bedeutet hätte. Aber
was die SPÖ da fordert, ist eigentlich ein parlamentarischer
Geheimdienstausschuß, der generell die Arbeit des BVT durchleuchten soll.
Denn sowas gibt es zwar in anderen Ländern, in Deutschland beispielsweise
oder in den USA, bei uns aber gibt es lediglich den "Ständigen
Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten" -- dem sitzt ein
ÖVPler vor und die Befugnisse des Gremiums beschränken sich darauf, den
Innenminister fragen zu dürfen, ob beim Verfassungsschutz eh alles in
Ordnung ist. Sicher, auch die Geheimdienstausschüsse anderswo werden oft
genug an der Nase herumgeführt -- das wäre schließlich ein seltsamer
Geheimdienst, der sich von gewählten Abgeordneten auf die Finger schauen
läßt. Aber bei uns versucht man das nicht einmal.

Was hat das mit der großen Weltbühne zu tun? Nun, wenn man hört, daß Zeugen
in der BVT-Affäre um ihr Leben bangen, wird das schon klarer. Möglicherweise
ist das nur ein vorgeschobenes Argument zur Verschleierung -- aber auch das
wäre schon wieder Teil des Informationskrieges.

Wahrheit wird überschätzt

Donald Trump ist da eigentlich das Symbol unserer Zeit -- da wurde jemand
zum US-Präsidenten gewählt, der ständig Fake News verbreitet und dabei alle
anderen beschuldigt, genau das zu tun. Da ist jemand ein mächtiger Teil des
Establishments und wurde unter anderem dafür gewählt, weil er die
wahlberechtigte Bevölkerung aufgefordert hat, dem Establishment zu
mißtrauen. Alles und nichts erscheint heute als wahr -- auch das Gegenteil.

Wahrheit war schon immer auch eine Frage des Glaubens. Nicht umsonst hat man
den Papst einstens für unfehlbar definiert. Man braucht eben etwas, woran
man sich halten kann. Aber was ist das heute noch?

Was bleibt, ist anstrengend: Logik, Plausibilität, Ockhams Rasiermesser und
materialistisches Denken. Dann weiß man zwar auch noch nicht ganz, was denn
wahr oder wirklich ist, aber man hat eine Ahnung davon, was wahrscheinlich
erstunken und erlogen sein dürfte.

Damit wären wir schon einmal ein gutes Stück weiter.
*Bernhard Redl*



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