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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. März 2018; 04:35
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Ö/Recht:
> Erfreulicher Idi-Freispruch
Die Anwendung des §285 StGB bleibt problematisch
Jene 17 Identitären, die wegen ihres eher unguten Auftritts bei der
Veranstaltung "Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene" im
Audimax der Uni Wien 2016 nun vor Gericht gestanden sind, wurden
freigesprochen. Und das ist gut so -- zumindest, was den Vorwurf der
"Störung einer Versammlung" (§285 StGB) angeht. Auch wenn es uns nicht
gefallen mag, daß eine solche Aktion straftrechtlich ungesühnt geblieben ist
(zivilrechtlich gab es ja eine Verurteilung), so ist damit auch ein weiterer
Mißbrauch dieses Paragraphen vermieden worden. Eine Verurteilung hätte die
Spruchpraxis wieder mehr in eine Richtung gedreht worden, die eher dem
Weltbild der Identitären entsprochen hätte denn einem fortschrittlichen.
Eines ist ja schon häufiger bemerkt worden: Viele der Aktionsformen der
Identitären sind von den Linken abgeschaut -- Störaktionen dieser Art waren
bislang eher unsere Domäne. Sie wurden zumeist auch von den Gerichten als
legitimes Mittel der gesellschaftlichen Auseinandersetzung gesehen, wiewohl
die Polizei bisweilen dies im Vorfeld von Ermittlungen anders
interpretierte.(1)
Enger Versammlungsbegriff
Den Medienberichten ist zu entnehmen, daß die Richterin in ihrem Urteil
bestritten hatte, daß es sich dabei um eine Versammlung im Sinne dieses
Paragraphen gehandelt hätte. Das ist auch sehr korrekt, denn eine
Versammlung gilt in diesem Zusammenhang nur als solche, "wenn sie in der
Absicht veranstaltet wird, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken
(Debatte, Diskussion, Manifestation usw) zu bringen, sodass eine gewisse
Assoziation der Zusammengekommenen entsteht" (2). So sieht es zumindest der
Verfassungsgerichtshof. Es ist dies eine Definition, wie wir sie auch aus
derm Versammlungsrecht kennen, wenn es sich um Veranstaltungen unter freien
Himmel handelt, also um politische Versammlungen. Auch wenn im Anschluß an
die Theateraufführung eine Diskussion geplant gewesen war, handelte es sich
dennoch um eine Theateraufführung -- also nicht um eine Versammlung im
engeren Sinne.
Warum konkret die Richterin dies so entschieden hat, während es die
Staatsanwaltschaft anders interpretiert, ist eine andere Frage -- vielleicht
wäre das Urteil bei der Störung einer rechten Veranstaltung auch anders
ausgefallen. Faktum ist aber, daß das die Einschätzung der geltenden Lehre
entspricht.. Die ergibt sich auch aus der historischen Interpretation. Die
Ursprünge dieses Paragraphen liegen noch in der Monarchie und waren
fortschrittlicher Natur -- damit sollten Wahlversammlungen und ähnliches
geschützt werden, waren also der Idee des Schutzes der Versammlungsfreiheit
geschuldet. Daß mitunter Exekutivbehörden dies kreativ-autoritär
interpretieren, steht auf einem anderen Blatt.
Polzeiliche Interpretation als Repressionsmittel
So kam es auch schon zu Anzeigen wegen §285 StGB gegen Demonstranten, weil
der Akademikerball als zu schützende Versammlung definiert worden war -- was
er defintiv nicht ist. Auch da ist der Hintergrund klar: Die Polizei hat im
Zuge der Ermittlungen weitaus mehr Handhabe gegen Beschuldigte, wenn sie
einen strafrechtlichen Tatbestand ins Treffen führen kann als wenn nur wegen
eines Verwaltungsdelikts ermittelt wird. Das macht den Paragraphen zu einer
ähnlich leicht mißbrauchbaren Norm wie etwa der Vorwurf des
Landfriedensbruches, der auch oft genug zur Argumentation einer
gerichtlichen Verfolgung herangezogen wird. Der Nutzen solcher
Gummiparagraphen liegt dabei in der bequemen Grundlage für die Tätigkeit von
Polizei und Staatsanwaltschaften -- Verurteilungen nach §285 hingegen sind
selten.
Spielregeln der Diskussion
Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum eine Verurteilung der
Identitären unpassend gewesen wäre. Denn auch bei einer eindeutig
politischen Versammlung ist nicht jede störende Intervention gleich eine
Störung im Sine des Gesesetzes. Dazu muß eine solche Störung schon eine
"erhebliche" sein, sprich: der ordnungsgemäße Verlauf der Veranstaltung
"über das nach den Spielregeln der öffentlichen Diskussion in der
demokratischen Gesellschaft allgemein tolerierte Maß hinaus beeinträchtigt"
werden, wie es in der Fachliteratur heißt (2). Hätte die Aktion der
Identitären, so widerwärtig sie einem auch erscheinen mag, diesbezüglich zu
einem Schuldspruch geführt, wären auch strafrechtliche Verurteilungen linker
Störaktionen beispielsweise bei einem Auftritt deutschnationaler
Burschenschafter auf der Uni möglich.
Eine großzügigere Handhabe dieses Paragraphen wäre nur noch ein weiterer
Bestandteil einer immer rigider werdenden Strafverfolgungspolitik. Und das
kann man einfach nicht wollen.
*Bernhard Redl*
(1) Zitate nach Angelika Adensamer und Nora Pentz: "Die Störung einer
Versammlung iSd §285 StGB -- Anwendung und Geschichte einer
verfassungsrechtlich problematischen Norm", Juridicum 3/2014.
http://www.juridikum.at/fileadmin/user_upload/_temp_/juridikum_AdensamerPentz____285_StGB_01.pdf
(2) Ebenfalls interessant ist die Auseinandersetzung mit der Nutzung des
§285 gegen Linke auf der Seite des Rechtsinfokollektivs:
http://rechtsinfokollektiv.blogsport.at/2015/02/04/storung-einer-versammlung-c2a7285-stgb-aus-gegebenem-anlass/
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