**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. März 2018; 04:47
**********************************************************
Brasilien:
> Mord an prominenter Links-Politikerin
In der Nacht von 15. auf den 16.März sind in Rio de Janeiro die lokale 
Abgeordnete der Sozialistischen Partei (PSOL), Marielle Franco, und ihr 
Fahrer im Dienstwagen erschossen worden. Ihre Pressesprecherin kam mit 
leichten Verletzungen in ein Krankenhaus. Franco befand sich nach einer 
Veranstaltung für die Rechte schwarzer Frauen auf dem Heimweg, als an einer 
Kreuzung aus einem Nachbarwagen das Feuer eröffnet wurde. Die Ermittler 
gehen von einer Hinrichtung aus. Laut Polizeiangaben hatten die Täter genaue 
Kenntnis vom Sitzplatz der Politikerin. Die Schüsse seien gezielt auf Franco 
abgegeben worden, gleichwohl die Scheiben komplett verdunkelt waren, 
berichtet das Nachrichtenportal UOL unter Berufung auf die Polizei. Aus dem 
Umfeld der Menschenrechtspolitikerin hieß es, dass weder die Partei noch 
ihre Familie Kenntnis von Drohungen gegen sie hatten.
Unter Verdacht stehen die para-polizeilichen Milizen
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine Anhaltspunkte für Verdächtigungen. 
Doch die offensichtliche Hinrichtung deutet auf eine klare Botschaft an die 
Öffentlichkeit und Machtdemonstration hin: Medienberichten zufolge erinnert 
die Art des Verbrechens an die Ermordung der Richterin Patrícia Acioli aus 
dem Jahr 2011, die gegen sogenannte Milizen ermittelte und, wie sich 
herausstellte, von diesen ermordet wurde. Diese para-polizeilichen Gruppen 
formierten sich unter dem Vorwand, den Drogenhandel und das organisierte 
Verbrechen zu bekämpfen und rekrutieren sich vorwiegend aus ehemaligen oder 
außer Dienst stehenden Polizisten oder Militärangehörigen. Nicht selten 
finanzieren sie sich aus Schutzgelderpressungen und der Kontrolle lokalen 
Handels. Die Bedrohung durch Milizen ist auch heute aktuell. Allein im 
Wahlkampf 2016 sind in der Metropolregion Rio de Janeiro neun Kandidaten und 
Politiker im Amt durch gezielte Schüsse in der Öffentlichkeit ermordet 
worden . Immer wieder sind dabei Verstrickungen zwischen Milizen und der 
lokalen Polícia Militar (PM) aufgedeckt worden. Erst am Mittwoch hatte die 
mit Ermittlungen beauftragte Polícia Civil neun Personen festgenommen, die 
verdächtigt werden, Mitglied einer Miliz zu sein. Vier von ihnen waren 
Polizisten der Polícia Militar. Nicht selten reagierten Milizen auf 
Festnahmen und Angriffe mit Rachemorden.
Die Miliz führt die Liste mit den meisten Todesfällen an
Die 38-jährige Schwarze, die selbst aus der Favelá Maré stammt, setzte sich 
seit über zehn Jahren aktiv für Menschenrechte und insbesondere die Rechte 
von Schwarzen und Frauen ein. Immer wieder hatte Franco das rassistische 
Vorgehen der Polizei in Rios Favelas angeklagt. Bei der letzten Wahl 2016 
war sie die fünft meist gewählte Abgeordnete. Zuletzt hatte die 
Links-Politikerin zum wiederholten Male die Polizei für den Tod von 
Jugendlichen verantwortlich gemacht. Auf ihrem Facebook-Account hatte Franco 
am 10. März geschrieben, Polizisten des 41. Bataillon "terrorisieren und 
üben Gewalt gegenüber den Bewohnern von Acari aus. Zwei Jugendliche wurden 
getötet und in einen Abwassergraben geworfen". Die jüngste 
Militärintervention habe diesen alltäglichen Zustand von Gewalt gegen 
Bewohner einkommensschwacher Wohngebiete nur noch schlimmer gemacht, so die 
Abgeordnete. Tatsächlich führt der Einsatzbereich des 41. Bataillons die 
Liste mit den meisten Todesfällen im Bundesstaat an. In den letzten fünf 
Jahren sind nach Angaben des Instituts für Öffentliche Sicherheit (ISP) dort 
450 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen. Erst vor zwei Wochen wurde Franco 
zur Vorsitzenden der Kommission gewählt, die die Militäraktionen in den 
Favelas überwachen soll. Gegen die massive Intervention der Armee und der 
Polizei hatte sie sich von Beginn an positioniert. "Das ist eine einzige 
Farce", so Franco vor einem Monat. "Die Militärintervention dient einzig dem 
Image der Verantwortlichen für Innere Sicherheit sowie der Rettung der 
[regierenden] Partei PDMB und steht in Verbindung mit der Sicherheits- und 
Waffenindustrie."
Die Regierung will weiter an der Militärintervention festhalten
Nach Bekanntwerden ihres Todes kam es landesweit zu Trauerbekundungen und 
Protesten. Die Parlamentssitzung in Brasília begannen die Abgeordneten mit 
einer Ehrung der Ermordeten. Sonnenblumen und erhobene Fäuste prägten das 
Bild der Zeremonie. Unterdessen weitet sich der Mord zu einem großen 
Politikum aus. De-facto-Präsident Michel Temer (PMDB), der die Ermordung ein 
feiges Verbrechen nannte, entsandte extra Verteidigungsminister Raul 
Jungmann nach Rio. Dieser soll die Ermittlungen persönlich begleiten. Die 
Regierung bekräftigte zugleich, an der seit Mitte Februar laufenden 
Militärintervention festzuhalten. In Rio nahmen Tausende an einem 
Trauermarsch teil. Währenddessen besetzen Demonstranten das Stadtparlament. 
Sie machten die Polizei selbst für die Tat verantwortlich. Am Ort des 
Verbrechens hob der langjährige Menschenrechtsaktivist und 
PSOL-Bürgermeisterkandidat Marcelo Freixo ihren Aktivismus hervor: "Sie war 
eine sehr wichtige Person im Kampf gegen den Rassismus in Rio. Ihre 
Ermordung ist ein Verbrechen gegen die Demokratie, ein Angriff auf uns 
alle". Die Landlosenbewegung, MST, nannte Franco eine wichtige Verbündete 
und sprach von einem Verlust im Kampf für soziale Gerechtigkeit und forderte 
die schnellstmögliche Aufklärung.
(Mario Schenk, poonal, 16.3.2018)
Quelle: Nachrichtenpool Lateinamerika; CC BY-SA 4.0, lizenziert unter 
Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 
international. 
https://www.npla.de/poonal/mord-an-prominenter-links-politikerin-in-brasilien/
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen 
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht 
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck 
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete 
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von 
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine 
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als 
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann 
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
vox: 01 53 56 200
redaktionsadresse: dreyhausengasse 3, kellerlokal, 1140
vox: 0665 65 20 70 92
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW