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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. März 2018; 16:09
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Herr Kardinal, sind Sie noch bei Trost?

Österreichs Bischöfe missionieren in Bosnien.
Von *Christoph Baumgarten*, balkanstories.net

Christoph Schönborn, Kardinal von Wien, hat am 5.März in Sarajevo bei einer
Sitzung der Bischofskonferenz (1) das Kreuz wörtlich als Friedenszeichen
bezeichnet. Angesichts der religiös-nationalistischen Spannungen im Land
fragt sich vermutlich nicht nur dieser Autor, ob der Herr Kardinal bei Trost
ist.
*

Serben haben ein Kreuz auf einem Hügel im Drinatal aufgestellt. Es steht bei
einem Grenzübergang nicht weit von Visegrad.

Von der serbischen Seite der Grenze aus sieht man es nicht. Es gerät erst
ins Blickfeld, wenn der bosnische Grenzbeamte einen abgefertigt hat und der
Bus aus der Grenzstation herausfährt.

Hier beginnt die Republika Srpska, der serbische Teilstaat Bosniens. Die 49
Prozent Territoriums, die den Serben nach dem Bürgerkrieg zugestanden worden
war.

In diesem Bürgerkrieg haben serbische Milizen in dem Tal, durch das wir
fahren, tausende Bosnjaken umgebracht.

Allein in Visegrad, der nächsten größeren Stadt waren es 3.000. Seitdem ist
Visegrad fast rein serbisch.

Was denken Herr Kardinal? Werden die Serben das Kreuz auf den Hügel gestellt
haben, um den verbliebenen Bosnjaken Frieden zu wünschen?

Oder liegt es nicht nahe, dass sie sagen wollen: HIer beginnt unser
Territorium. Wir wollen es nie wieder hergeben?

Und was ist mit dem 33 Meter hohen Kreuz auf dem Berg Hum in Mostar, Herr
Kardinal? Dieses Kreuz ist ein katholisches. Wollen die Kroaten, die Mostar
jahrelang belagert haben, den Muslimen der Stadt mit dem Kreuz Hallo sagen?

Oder wollen sie nicht eher sagen: Der Westteil der Stadt, über den dieses
riesige Kreuz ragt, der ist unser und nach Möglichkeit rein unser? Wir
wollen euch Bosnjaken hier nicht haben, in unserem Klein-Herceg-Bosna?
*

"Dankbar für dieses Zeugnis"

Und was sagen Sie, Herr Kardinal?

Ich zitiere Sie hier wörtlich aus Ihrer Presseaussendung:

"Jesus hat nicht Gewalt gepredigt und Leben genommen, sondern sein Leben
hingegeben am Kreuz, das damit ein Zeichen des Friedens ist." Diesen
Gedanken stellte Kardinal Christoph Schönborn in das Zentrum seiner Predigt
bei der Festmesse am Sonntagabend zum Beginn der Vollversammlung der
Österreichischen Bischofskonferenz in Sarajewo. Die Menschen dieser Stadt
hätten im letzten Krieg während der Belagerung "das Kreuz erlebt, und wir
sind dankbar für dieses Zeugnis", so der Vorsitzende des österreichischen
Episkopats bei der Feier in der Kathedrale. Weil in Bosnien-Herzegowina der
Frieden aber noch nicht vollendet sei, "beten wir dafür, dass Frieden und
Gerechtigkeit kommen und die Kirche in diesem Land eine Auferstehung
erlebt."

Sie, Herr Kardinal, sind dankbar, dass die Menschen in Sarajevo "das Kreuz
erlebt" haben?

Wie dankbar werden wohl die 10.000 Einwohner dieser Stadt sein, die bei der
Belagerung durch die allerchristlichste Armee der Republika Srpska in der
Stadt ums Leben gekommen sind?

Von den 8.000 in Srebrenica, die unterm orthodoxen Kreuz ermordet wurden,
red ich mal gar nicht. Kleiner religiös motivierter Völkermord. Kann man
glatt vergessen.
*

Den zweiten religiös motivierten Völkermord sollten wir nicht vergessen

Aber glücklicherweise sagen Sie ja auch das:

"Anders als bei totalitären Ideologien wie Kommunismus und
Nationalsozialismus mit Millionen Toten habe sich Jesus selbst hingegeben.
"Reinigung im christlichen Sinn ist Lebenshingabe und Kreuzesopfer", so der
Kardinal. Die Torheit der Kreuzesbotschaft sei die Mitte des christlichen
Glaubens und der Weg zur Überwindung von Gewalt."

Hauptsache Kommunistenbashing bringen wir auch noch unter.

Es waren, Herr Kardinal, nicht die Kommunisten, die in Bosnien und
angrenzenden Regionen 750.000 Menschen im Zweiten Weltkrieg umgebracht
haben.

Es waren die kroatischen Ustasa. Viel Katholischer als die Ustasa kann man
kaum sein.

Angefeuert wurden sie von ebenjener katholischen Kirche, deren Auferstehung
Sie herbeibeten wollen.

Nicht wenige Kleriker ebendieser Kirche haben eifrigst selbst mitgemordet.

Im 20. Jahrhundert gab es in dem Land, in dessen Hauptstadt Sie beten, zwei
grausamste religiös motivierte Konflikte. Ihnen ist in Summe fast eine
Million Menschen zum Opfer gefallen.

Die Haupttäter waren in beiden Fällen Christen.
*

Religion hat Bosnien mehr, als es braucht

Wenn ich Ihre Aussagen höre, Herr Kardinal, muss ich Ihnen eine offene und
ehrliche Frage stellen: Sind Sie blind und taub oder einfach nicht ganz bei
Trost?

Ich habe, außer von Extremnationalisten, lange niemanden mehr gehört, der
die Verbrechen des 20. Jahrhunderts so leichtfertig vom Tisch wischt, wie
Sie das mit ein paar Worten tun.

Noch ein Wörtchen zur katholischen Kirche in Bosnien.

Das Land ist arm. Die Behörden sind korrupt, die Politiker auch. Damit es
nicht so auffällt, schieben sie einander ständig den Schwarzen Peter zu und
verbrämen das mit religiös-nationalistischen Phrasen.

Jeder, der kann, geht.

Die Kroaten können am einfachsten. Sie kriegen schnell einen kroatischen
Pass und flugs sind sie in der EU. Die anderen haben's schwerer.

Wenn Sie eine Auferstehung Ihrer Kirche in Bosnien wollen, sollten Sie nicht
unbedingt für mehr Religion beten. Davon hat das Land mehr, als es braucht.

Sie sollten was für bessere Lebensbedingungen für die Menschen tun.

Aber das ist halt nicht so einfach wie ein paar gesalbte Worte, deren
Bedeutung Sie offenbar ohnehin nicht überblicken.
(bearb.)


Quelle:
https://balkanstories.net/2018/03/05/herr-kardinal-sind-sie-noch-bei-trost/

***
Anm. akin: Was machen die österreichischen Bischöfe eigentlich in Sarajevo?
"Erstmals in ihrer Geschichte tagt die Österreichische Bischofskonferenz in
Bosnien und Herzegowina. Unter dem Vorsitz von Kardinal Christoph Schönborn
beginnen am Sonntag die Beratungen der Bischöfe mit einem Festgottesdienst
um 18 Uhr in der Kathedrale von Sarajewo, an dem auch der dortige Episkopat
teilnehmen wird. Am Montag werden sich die Mitglieder beider
Bischofskonferenzen 'über die Herausforderungen von Kirche und Gesellschaft
in beiden Ländern austauschen', wie der Generalsekretär der heimischen
Bischofskonferenz, Peter Schipka, gegenüber Kathpress erklärte. Das Programm
der Bischöfe sieht weiter vor, dass es am Mittwoch zu hochrangigen
Begegnungen mit den politischen und religiösen Autoritäten des Landes
kommt."
http://www.bischofskonferenz.at/home/120791/sterreichische-bischofskonferenz-tagt-erstmals-in-sarajewo



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