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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. Februar 2018; 06:52
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Schwarzblau:
> Was doch alles möglich ist
Kurz und Strache sind nicht einfach nur rechts. Sie betreiben auch eine sehr 
originelle Personalpolitik.
Sex and Crime geht immer. Als 2009 die Richterin Bandion-Ortner, die sich 
lediglich wegen des BAWAG-Prozesses und ihrer Vorliebe für extravagante 
Brillen als neue Justizministerin auf einem ÖVP-Ticket empfohlen hatte, ihr 
Amt antrat, schüttelten viele ihren Kopf. Das soll die neue Chefin im 
Justizressort sein. Ortners Gegenstrategie: Sie möchte mehr Strafen wegen 
Kinderpornographie. Weil das kommt ja immer gut. Zwei Jahre später wurde sie 
im Amt schon wieder abgelöst.
Derlei Vorschläge kommen immer dann, wenn jemand im Amt mit aller Gewalt 
punkten möchte. So auch jetzt wieder: "Regierung plant höhere Strafen bei 
Gewalt gegen Frauen und Kinder", so die Schlagzeilen - von Leuten, die sich 
mit der Problematik beschäftigt haben, kommt zwar hefige Kritik, aber das 
ist egal, Hauptsache, dem Boulevard gefällts. Vertreten wird dieser Vorstoß 
wieder von einer ehemaligen Richterin und jetzigen ÖVP-Politikerin. 
Staatssekretärin Karoline Edtstadler war ja eigentlich als Aufpasserin im 
Innenministerium angesehen worden, damit Herbert Kickl dort nicht allzuviel 
Blödsinn machen kann und damit das dort alles ein bisserl seriöser wirkt. 
Das hat aber offensichtlich nichts genützt.
Das ist aber auch kein Wunder. Man erinnere sich an eine Geschichte aus dem 
Jahr 2010. Damals protestierte in Salzburg eine Gruppe von Menschen gegen 
einen Auftritt der damaligen Innenministerin Fekter. Die Polizei schritt ein 
und nahm unter anderem ein Brüderpaar fest. In Folge dessen belobigte Fekter 
diese Polizisten, so als hätten sie sie aus einer wirklichen Lebensgefahr 
gerettet. Damit war klar, daß Fekter hier ein Exempel an ihren Kritikern 
statuiert sehen möchte. Das Brüderpaar wurde von der ersten Instanz derart 
hart bestraft, daß sogar die Staatsanwaltschaft dies überzogen fand, in 
Berufung ging und ein milderes Urteil forderte - ein bis dato nahezu 
unerhörter Vorgang. Die Richterin in diesem Prozeß war Karoline Edtstadler. 
Damit empfahl sich die damals noch sehr junge Richterin der ÖVP für höhere 
Weihen, wechselt bald ins Ministerium und war dann Referentin von 
Justizminister Brandstetter. So wird man dann halt auch Staatssekretärin. 
Und in diesem Lichte muß man auch ihre jetzigen Statements verstehen.
Immer noch Wahlkampf?
Eigentlich wäre die Verkündung einer Strafrechtsnovelle ja Angelegenheit von 
Josef Moser als Justizminister gewesen. Aber der laboriert ja noch an der 
Tatsache, daß sein ebenso krone-tauglicher Vorstoß für ein 
Tabula-rasa-Gesetz nicht ganz so einfach umsetzbar sein wird, will er nicht 
die Rechtsstaatlichkeit im Land generell kübeln. Also blieb es an der 
Innen-Staatssekretärin hängen, die neueste Errungenschaft zu verkünden.
Diese Regierung ist grandios im Überschriftenmachen. Man will da das totale 
"Speed kills" durchziehen wie schon anno dazumal das Kabinett Schüssel I. An 
den Folgen dieser Regierung knabbert die Republik bis heute. Nur: Damals war 
dieses Feuerwerk an unausgegorenen Ideen noch irgendwo verständlich: Die 
Legitimation der Regierung war eine höchst wacklige, die der Kanzlerschaft 
Schüssel nicht einmal ansatzweise vorhanden. Kanzler Kurz hingegen führt die 
manadatsstärkste Partei an und die Koalition hat beinahe eine 
Verfassungsmehrheit im Nationalrat. Die großen braunen Flecken in der FPÖ 
gefährden auch nicht wirklich die Regierung - daß die NS-Nostalgie in dieser 
Partei besonders gepflegt wird, ist nunmal nicht gerade eine brandneue 
Entdeckung. Und trotzdem hat man dem Eindruck, die Regierungsparteien haben 
nach dem 15.Oktober nicht aufgehört, Wahlkampf zu machen.
Diesen Eindruck verstärkte auch jüngst Norbert Hofer. Der beschwerte sich 
über Facebook, daß der ORF beim Münchner Transitgipfel in der ZIB 1 "den 
Verkehrsminister" (also ihn selbst) nicht erwähnt hatte. Und knüpft daran 
auch gleich, daß er gegen "Zwangsgebühren" sei.
Und jetzt noch der VfGH
Noch viel verheerender aber ist, was sich derzeit in Fragen der 
Verfassungsrichter abspielt. Der Gerade-eben-noch-Justizminister soll neuer 
Verfassungsrichter werden. Einmal abgesehen davon, daß manche Vorschläge 
Herrn Brandstetters als Minister seriösen Verfassungsrechtlern oft als eher 
bedenklich erschienen sind, ist schon davon auszugehen, daß ein solcher 
Verfassungsrichter in gut der Hälfte der Sessionen sich befangen erklären 
müßte, weil es um Reformen aus seiner Zeit als Minister geht. Von den 
Reformen, die seine frühere Referentin Edtstadler dann auf den Weg gebracht 
haben wird, reden wir dabei noch gar nicht einmal.
Auch die lustigen Burschis, die die FPÖ im VfGH unterbringen will, zeugen 
nicht gerade davon, daß diese Regierung den Anschein von Seriosität 
vermitteln möchte. Dabei geht aber noch eine andere problematische 
Bestellung unter, nämlich die des neuen Vizepräsidenten. Der hat zwar einen 
ausgezeichneten Ruf als Jurist, aber auch eine spezielle Geschichte. 
Christoph Grabenwarter wurde nämlich 2005 von der Regierung Schüssel II in 
den VfGH berufen. Kaum ist wieder Schwarzblau am Ruder, macht man den 
bisherigen WU-Professor zum Vize des Höchstgerichts - und zwar mit dem 
Versprechen, daß er 2020 Präsident wird. Dann wird er aber erst 54 sein - 
und dann voraussichtlich 16 Jahre lang VfGH-Präsident. Da sieht man dann 
schon, was diese Regierung so unter Nachhaltigkeit versteht.
Und so geht das die ganze Zeit - erinnert sei daran, daß die ÖVP zuerst 
Elisabeth Köstinger als Nationalratsneuling zur Präsidentin machte, um sie 
kurze Zeit später durch den bisherigen Innenminister, bekannt als Mann fürs 
Grobe und vor 2017 auch nicht im Nationalrat, zu ersetzen. So geht diese 
Regierung mit den höchsten Ämtern des Staates um.
Ja, könnte man sagen, was hat man sich auch von so einer Regierung erwartet? 
Es ist ja an sich schon ein Skandal, daß diese Parteien nach den Erfahrungen 
mit den Diktaturen in diesem Land überhaupt noch in österreichischen 
Herrschaftsgremien irgendwas zu sagen haben. In Wirklichkeit beruht der real 
existierende Republikanismus in Österreich ja nur auf Übersetzungsfehlern - 
freiheitliches Bürgertum ist bei uns nur neoliberale Bourgeoisie. So ist das 
Wort Norbert Hofers, daß wir uns "noch wundern werden, was alles möglich 
ist", in Wirklichkeit zu verstehen.
*Bernhard Redl*
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