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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. Februar 2018; 06:56
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Arbeit/Soziales:

> Arbeitskampf beim KV Sozialwirtschaft?

Die Auseinandersetzung um den Kollektivvertrag im Bereich der
Sozialwirtschaft Österreich spitzt sich zu. Nach einer Demonstration mit rd.
3.000 TeilnehmerInnen am 24. Jänner in Wien und dezentralen Kundgebungen am
31. Jänner stehen die Zeichen auf Arbeitskampf. Die Verhandlungen wurden
abgebrochen, am 12. Februar will man sich zu einer neuen Runde treffen. Die
Gewerkschaften GPA und vida fordern deutliche Reallohnerhöhung und eine
Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich, um
der wachsenden Arbeitsbelastung entgegenzuwirken. Das Angebot der
Arbeitgeber, die Löhne um 2,25% zu erhöhen, ist aus mehreren Gründen
unzureichend:

Dieses Angebot entspricht gerade einmal der aktuellen Inflationsrate
(VPI=Verbrauchpreisindex), verweigert den in der Sozialwirtschaft
Beschäftigten also jede Teilhabe an der steigenden Produktivität der
Gesamtwirtschaft.

Und selbst diese VPI-Inflation ist für DurchschnittsverdienerInnen
irreführend, da sich in diesem Warenkorb Luxus- und Alltagskonsum
gleichermaßen finden. Viel zutreffender für ArbeitnehmerInnen ist die
Preissteigerung im "Mikrowarenkorb", also den Gütern des alltäglichen
Verbrauchs. Dieser ist im Dezember 2017 auf 5,7% geklettert, also dem
deutlich mehr als Doppelten des Arbeitgeber-Angebots. Ein/e
Durchschnittsverdiener/in hat nichts davon, wenn die Fernflüge billiger
werden, wenn gleichzeitig die Mieten, Betriebskosten und
Nahrungsmittelpreise davongaloppieren.

Und selbst zu diesen DurchschnittsverdienerInnen zählen die Beschäftigten im
Sozialbereich nicht. Ihr Löhne und Gehälter liegen um 19% unter dem
österreichischen Durchschnittseinkommen.
(friwe.at/bearb.)

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> Zeit wirds

Ein echter Arbeitskonflikt ist in diesem Bereich schon lange fällig. Daß die
durchschnitlichen Einkommen gar so gering sind, hat mehrere Gründe.

Zum einen ist dieVerbandsbezeichnung der Arbeitgeber "Sozialwirtschaft
Österreich" irreführend. Früher hieß das BAGS, "Berufsvereinigung von
Arbeitgebern für Gesundheits- & Sozialberufe", was der Wirklichkeit schon
näher kommt. Der Großteil der rund 120.000 Beschäftigten sind in Instutionen
beschäftigt, die man nicht als das bezeichnen kann, was so landläufig als
"Wirtschaftsunternehmen" verstanden wird. Diese Unternehmen
(unterschiedlicher Rechtsform) sind hauptsächlich von Subventionen der
öffentlichen Hand abhängig. Die öffentliche Hand hat aber diese an sich
gesellschaftlich notwendigen Aufgaben an private Institutionen
ausgelagert -- und subventioniert mehr oder weniger nach eigenem Ermessen.
Da die Subventionsgeber aber nicht direkt Arbeitgeber sind, sind sie auch
keine Kollektivverhandler -- und lassen die Privaten den Druck auf die KV
ausüben. Da aber auch kein Profit aufteilbar ist, hat die Gewerkschaftsseite
lange Zeit auf Kampfmaßnahmen verzichtet, weil eben nicht mehr zu holen ist,
wenn der Subventionsgeber nicht mitspielt. Die öffentliche Hand ist nicht
Arbeitgeber, sondern Kunde der privaten Firmen und Vereine -- und agiert
hier ähnlich wie in der Bauwirtschaft der Generalunternehmer gegenüber
seinen Subunternehmern. Sprich: Die Verantwortung wird abgeschoben.

Dazu kommt, daß im Sozialbereich ein nur sehr geringer Willen zum Streik
vorhanden ist -- in vielen Bereichen würde eine Arbeitsverweigerung vor
allem den Patienten und Klienten schaden, was natürlich bei denjenigen, die
ihren Job ernstnehmen, ein No-Go ist. Der Subventionsgeber nutzt damit das
soziale Gewissen der Arbeitnehmer aus.

Last but not least sind die meisten Beschäftigten in der "Sozialwirtschaft"
Frauen und zwar in einem Bereich, der sehr stark von Ehrenamt geprägt ist.
Daß da die Bereitschaft, eine ernsthafte Entlohnung anzubieten, gering ist,
ist -- wenn auch ein Skandal -- nicht verwunderlich.

Seit Jahren kommt es regelmäßig zu Protesten im Zuge der KV-Verhandlungen.
Kampfmaßnahmen wurden aber bislang nicht einmal ernsthaft angedroht -- eben,
weil die Leidtragenden eines Ausstands in erster Linie eben nicht die
Geldgeber sind. Aber vielleicht läßt man sich diesmal doch etwas einfallen.
-br-



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