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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 7. Februar 2018; 07:00
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Wahlkämpfe/Kultur/Glosse:

> Dumme Fragen

Eine Web-Posse im Kärntner Wahlkampf entpuppt sich als interessanter, als es
auf den ersten Blick scheint

Jetzt ist wieder was passiert. Auch die Kärntner Grünen haben bekanntermaßen
einen ziemlichen Pallawatsch beieinander. Schließlich kandidieren nicht nur
die offiziellen Grünen, sondern auch die ehemalige Landessprecherin der
Partei mit einer eigenen Liste. Die Mehrheits-Grünen scharen sich indes um
ihren Landesrat und Listenführer Rolf Holub. Der aber ist auch nicht gerade
immer meinungssicher.

Die Webplattform neuwal.com stellte den Parteispitzen standardisierte Fragen
in Form kontroversieller Statements und wollte dazu Videoantworten inclusive
Zustimmungsvoten von 1 bis 10. Eines dieser Statements war: "Wir setzen uns
für eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft der Kammern ein." Holubs
Reaktion: "Also, so wie ich die Kammern erlebt habe, vor allem
Landwirtschaftskammer und Wirtschaftskammer, würde ich sagen, sollen das die
Menschen selber entscheiden." Und vergab eine 10 -- also absolute Zustimmung
zu dieser Aussage. Bei der grünnahen AK-Fraktion AUGE fand man das nicht so
lustig und protestierte bei den Kärntner Grünen. Die waren ein wenig
konsterniert über diese Aussage und intervenierten bei neuwal.com, daß dies
nicht Parteimeinung wäre, worauf neuwal das Statement offline stellte.

Also: Guat is gaungan, nix is gscheng? Naja, diese Geschichte ist
paradigmatisch für moderne Wahlkämpfe und daher mehr als nur eine
winzigkleine Provinzposse.

Positiv steigen bei dieser Geschichte tatsächlich die Kärntner Grünen aus.
Denn die Partei war in der Lage, klarzustellen, daß ihr Spitzenkandidat
nicht die Parteimeinung vertritt und die Partei daher auch nicht hinter
diesem Statement stehen kann. Gerade bei den Grünen ist das erstaunlich --
das Diktum, daß man doch geschlossen auftreten müsse und nicht öffentlich
streiten dürfe, bekommt hier einen gehörigen Kratzer.

Nicht gut kommt der Spitzenkandidat davon -- denn unbedachte Ausrutscher
dürfen zwar auch Spitzenpolitikern passieren, aber nicht dann, wenn sie auf
eine Frage antworten sollen, die ihnen nicht spontan, sondern schon eine
Woche vor der Beantwortung vorgelegt worden ist.

Nicht gut kommt aber auch die neuwal-Plattform weg. Denn die Frage nach der
Beibehaltung der Kammerpflichtmitgliedschaft ist eine Bundesangelegenheit --
Landtagsabgeordnete sind da nicht wirklich gefragt. So eine Frage passiert
nur, wenn man die ewas faden Landesthemen ein bisserl aufpeppen will. Und
weil man sich darauf verlassen kann, daß jeder Politiker brav dazu eine
Antwort gibt, weil er ja kein Spielverderber sein will.

Ein allerdings noch viel seltsameres Statement wurde von neuwal auch
abgefragt: "Wir stehen zu einem differenzierten, leistungsorientierten und
durchlässigen Bildungssystem." Auch da ging Holub in die Falle und meinte
lapidar: "Ja. Und Spaß muss es auch machen dürfen." -- auch hier
Zustimmungsnote 10. Abgesehen von Holubs Reaktion ist die Frage eine
Zumutung und zeigt, wie verkürzt die Bildungsdebatte, die ja alle für so
wichtig halten, hierzulande geführt wird. Seriöserweise kann man da nicht
mit totaler Zustimmung oder Ablehnung antworten, sondern müßte klarstellen,
daß man nicht drei gut klingende Schlagwörter anneinanderreihen und daß dann
schon für eine auch nur in Ansätzen klare politische Aussage halten kann.
Die Behauptung, es gäbe keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten,
hat neuwal hier ziemlich eindrucksvoll widerlegt.

Zur Ehrenrettung von neuwal muß man allerdings sagen, daß in diesem Format
sämtlichen kandidierenden Parteien der gleiche Platz eingeräumt wurde -- ein
krasser Gegensatz zum Beispiel zum ORF, der die vermeintlich chancenlosen
Kleinkandidaturen immer unter den Tisch fallen läßt.

Dennoch: Politikerinterviews in dieser Form entsprechen genauso
sinnentleerten Wahlplakaten, auf denen der Kopf des Spitzenkandidaten und
ein knackiger Spruch in lustigen Farben abgebildet sind.

Mediale Begleitung von Wahkämpfen tendiert immer mehr in diese Richtung --
mehr Hintergrundinformation über tatsächliche Positionen der jeweiligen
Parteien wären da aber eher gefragt als Eyecatcher und Taglines.
*Bernhard Redl*



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