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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Dezember 2017; 16:52
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Recht:
> "Homo-Ehe": Nicht zu früh freuen!
Der VfGH hat nicht die Ehe für Homosexuelle geöffnet -- das war schon das 
Parlament. Das Höchstgericht hat nur grundrechtswidrige Passagen entfernt 
ohne große materielle Rechtsfolgen befürchten zu müssen -- und der neuen 
Regierung ein Hintertürl geschaffen.
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Als der Verfassungsgerichtshof verkündete, zwei Wortfolgen und einen Satz 
aus Ehe- und Verpartnerungsrecht zu streichen, brach in fortschrittlichen 
Kreisen großer Jubel aus: Der VfGH hätte damit etwas geschafft, was das 
Parlament nicht geschafft hätte, nämlich die "Homo-Ehe" durchzusetzen.
Tatsächlich aber sieht die Sache ein wenig anders aus. Hätte nämlich nicht 
der Gesetzgeber das Gesetz über die eingetragene Partnerschaft (EPG) 
geschaffen und damit ein eheähnliches Institut, wäre eine diesbezügliche 
Klage vor dem VfGH kaum durchgegangen. Denn die Hauptargumentationslinie des 
VfGH lautet wie folgt:
"Der Verfassungsgerichtshof geht vor diesem Hintergrund vorläufig davon aus, 
dass der Gesetzgeber Ehe und eingetragene Partnerschaft mit der Konsequenz 
separiert, aber im Wesentlichen gleich regelt, dass damit in vielfältigen 
Lebenskonstellationen sichtbar zum Ausdruck gebracht wird, dass zwar im 
Hinblick auf Rechtsbeziehung und Rechtsfolgen Vergleichbares, aber 
Ungleiches in unterschiedlichen Instituten erfasst wird." Das aber 
widerspräche dem Diskriminierungsverbot: "Mit dem unterschiedlichen 
Rechtsinstitut und der unterschiedlichen Bezeichnung dürfte öffentlich und 
für jede Person deutlich gemacht werden, dass die von der eingetragenen 
Partnerschaft erfasste personale Beziehung zwischen zwei Personen gleichen 
Geschlechts etwas anderes - nach früherem Verständnis 'minderes' - ist als 
die Ehe zwischen Personen verschiedenen Geschlechts, obwohl beide 
Beziehungen intentional von den gleichen Werten getragen sind." (zit. nach 
VfGH-Entscheid G 258-259/2017-9)
Mit anderen Worten: Gäbe es so etwas wie das EPG nicht, gäbe es auch keine 
Diskriminierung der Verpartnerung gegenüber der Ehe -- schlicht, weil die 
Verpartnerung nicht existent wäre.
Dazu kommt aber auch noch eine wirklich immens lange Reparaturfrist für die 
gesetzlichen Bestimmungen. Die Streichungen der entsprechenden Passagen 
treten erst am 1.Jänner 2019 in Kraft. Der Gesetzgeber hat also über ein 
Jahr Zeit, sich etwas zu überlegen, vorher eine nichtdiskriminierende 
Rechtslage zu schaffen. Auch wenn die neuen Koalitionspartner in einer 
ersten Reaktion meinten, die Entscheidung des VfGH akzeptieren zu wollen, 
gibt es somit ein riesiges Hintertürl. Denn in diesem Jahr könnte 
Schwarzblau das EPG re- oder besser zerformieren, sodaß es eben nicht mehr 
mit der Ehe vergleichbar erscheint oder sogar ganz abschaffen -- was die 
Diskrimierung, wie sie der VfGH sieht, beseitigen würde. Das könnte dann 
sogar vor dem VfGH Bestand haben -- denn es muß ja einen Grund geben, warum 
das Höchstgericht eine derartige Reparaturfrist zugelassen hat. Das kann 
daran liegen, daß der VfGH noch einige Anpassungen veralteter Passagen in 
anderen Rechtsmaterien (Erbrecht, Sozialrecht, etc.) oder entsprechender 
Verordnungen erwartet. Es kann daran liegen, daß in der Zwischenzeit die 
bisher geschlossenen eingetragenen Partnerschaften per Übergangsgesetz als 
reguläre Ehen legitimiert werden sollen. Aber es könnte auch sein, daß der 
VfGH bewußt dieses Hintertürl schaffen wollte.
Wie dem auch sei: Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist damit immer 
noch nicht sicher. Kurz und Strache könnten immer noch etwas drehen, damit 
das Gegenteil der Gleichstellung Recht wird.
*Bernhard Redl*
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