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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Dezember 2017; 17:00
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Initiativen/Interview:

> Lobauautobahn-Zubringer: "Bürgerinitiativen faktisch ausgeschlossen"

Wie in Österreich Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVPs) durchgeführt werden
erscheint AutobahngegnerInnen als Zumutung. VertreterInnen von
Umweltschutzorganisationen, Bürgerinitiativen und Betroffene der geplanten
Autobahnprojekte im Nordosten von Wien fühlen sich um ihre
Beteiligungsrechte geprellt. Derzeit laufen zwei Verfahren in einer hohen
Verdichtung an Terminen. Es geht dabei um die Stadtstraße Aspern und die
S1-Spange Seestadt -- und damit letztlich um die Lobauautobahn.

*Jutta Matysek* hat am 1.Dezember *Wolfgang Rehm*, Sprecher der
Umweltschutzorganisation VIRUS, mitten in diesem 16 Tage dauernden
UVP-Marathon interviewt und nach dem Stand der Dinge gefragt:

Rehm: Wir haben jetzt den ersten Tag der Verhandlung zur Stadtstraße Aspern
hinter uns, insgesamt 11 Verhandlungstage von geplanten 15, was eine
beispiellose Belastung für die beteiligte Öffentlichkeit darstellt. Und wo
aufgrund der Terminsetzung davon ausgegengen werden kann, daß das bewußt und
absichtlich in Kauf genommen worden ist, um so die indviduelle Vorbereitung
zu erschweren. Weil natürlich so für jedes Projekt deutlich weniger Zeit zur
Verfügung steht -- und es sind wirklich Meter an Papier, die hier bei diesen
Projekten vorgelegt werden und zu bearbeiten wären.

Es läuft alles den UVP-üblichen Gang. Die Behörde ist eine
Genehmigungsbehörde, die das Vefrahren erledigen und das Projekt genehmigen
möchte. Straßenverkehrinfrastrukturprojekte sind solche, die vom Gesetzgeber
mit besondern Priviliegien ausgestaltet worden sind und daher besonders
leicht zu genehmigen sind und wo es eigentlich kaum wirksame
Genehmigungshindernisse gibt -- weil über Jahrzehnte daran gefeilt worden
ist, sorgfältig darauf zu achten, daß ja nix passieren kann. Nachdem diese
drei Projekte eng aneinandergekettet sind, hängt eigentlich alles, und auch
noch eine Reihe von Städtebauvorhaben, an der S1-Autobahn. Was die Spange
selbst angeht, wo die Verhandlung gerade abgeschlossen worden ist, ist als
Zwischenbilanz immerhin festzuhalten, daß Auflagen und
Auflagenverschärfungen erreicht werden konnten. Da geht es unter anderem
darum, daß eine Grünbrücke zur Biotopvernetzung von der Asfinag zu schmal
geplant worden ist und zu klein dimensioniert, um Kosten zu sparen und jetzt
auch die Sachverständigen sich unseren Forderungen angeschlossen haben und
es jetzt absehbar ist, daß diese Grünbrücke breiter ausgeführt werden muß.
Des weiteren sind dort einige Altlastenverdachtsflächen angetroffen worden
mit teilweise bedenklichen Kohlenwasserstoffmengen im Grundwasser ohne daß
adäquate Vorkeherungen getroffen worden sind, eine Mobilisierung dieser
Schadstoffe zu verhindern. Die Erschütterungen durch die sogenannten
Rüttel-Stopf-Verdichtungsmaßnahmen für den Untergrund der Autobahn können
diese Schadstoffe der Deponiestandorte neu in Bewegung setzen und das
Grundwassser gefährenden.

Frage: Was hat diese Teilung von Stadtstraße und S1-Spange Seestadt bewirkt?

Rehm: Im Endeffekt wurde das von der Asfinag deshalb gemacht, weil das
Projekt nicht genehmigungsfähig erschienen ist -- von wegen Luftschadstoffen
und Lärmschutz. Jetzt hat es diese Aufteilung gegeben, die insofern ein
Widersinn ist, weil praktisch zwischen zwei Autobahnen ein Nadelöhr in Form
einer Stadtstraße eingepaßt wird und man erwartet, daß das funktioniert.
Jetzt sind es zwei Projektträger, zwei Behörden, einmal Bund, einmal Land,
und daher zwei Verfahren -- mit gemeinsamer Verkehrsuntersuchung und
Auswirkungen, aber wir müssen trotzdem alles doppelt machen. Man versucht
durch eine Aufteilung das Projekt genehmigt zu bekommen -- und bei den
Luftschadstoffen die Genehmigungshindernisse zu untertauchen.

Frage: Es ist daher auch ein Unterschied in den Verfahren, der sich auf die
Bürgerbeteiligung auswirkt?

Rehm: Manche Projekte werden nicht in einem vollen, sondern in einem
vereinfachten Verfahren durchgeführt. Das bedeutet, daß Bürgerinitiativen
keine Parteienstellung haben, sondern nur einen Beteiligtenstatus. Sprich:
Sie könne sich in der Verhandlung äußern, sie könne Akteneinsicht nehmen,
sie können aber keine Anträge stellen und sie haben keine Rechtsmittel gegen
die Entscheidung -- das ist eine deutliche Schlechterstellung gegenüber
einem normalen UVP-Verfahren. Da hat man hier ein großes
Infrastrukturprojekt mit vielen tausend Seiten Papier, aber
Bürgerinitiativen sind faktisch ausgeschlossen.

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Die Genehmigung der Lobau-Autobahn selbst wird derzeit am
Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Das komplette Interview ist nachzuhören
unter: https://cba.fro.at/354863. Weitere Infos zur Problematik gibt es
unter: http://www.lobau.org/



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