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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 13. Dezember 2017; 17:02
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Kommentierte Presseschau:
> AL reloaded
Es ist schon erstaunlich, welchen Selbstzerstörungswillen die Grünen derzeit 
an den Tag legen -- vor allem dann, wenn sie an Regierungen beteiligt sind. 
So konnte man das dieser Tage auch Innsbruck erleben. Im Land Tirol wird im 
Februar, in der Gemeinde Innsbruck im April gewählt. Und dort wurde Anfang 
November der Gemeinderat Mesut Onay mit Belästigungsvorwürfen 
konfrontiert -- allerdings ging es da um eine eher geringe Verfehlung, die 
vor 12 Jahren passiert ist und die nie unter den Teppich gekehrt worden war. 
Bald wurde klar, daß es dabei eher um aktuelle parteiinterne Machtkämpfe 
ging, wo man diese alte Geschichte nun ausnutzen wollte. Trotzdem hat der 
Grüne Gemeinderatsklub das durchgezogen und mehrheitlich beschlossen, Onay 
aus dem Klub zu werfen.
Doch das Ganze könnte wie in der Causa Pilz (auch wenn da zuerst die Wahl 
war und erst dann die öffentliche Debatte) für die Grünen nach hinten 
losgehen: "Wir präsentieren heute das Koordinierungsgremium der Alternativen 
Liste Innsbruck, kurz: ALI. Dieses wird bis Mitte Jänner die Liste erstellen 
und ein Wahlprogramm erarbeiten", zitiert meinbezirk.at den neuen 
Listengründer Onay. Und das ist aus mehreren Gründen beachtlich: "Neben Onay 
(noch immer Mitglied der Grünen) selbst werden diesem Gremium unter anderem 
auch Ivo Hajnal, bisheriges Mastermind der Innsbrucker SPÖ, und die 
bisherige Frontfrau der Tiroler Piraten, Irene Labner, angehören. Alle drei 
wollen ihre Parteimitgliedschaften behalten." Jetzt kennt man das zwar schon 
aus Tirol, daß ÖVP-Mitglieder auf verschiedenen Ebenen eigene Listen 
lanzieren und zumindest formal gegen die Mutterpartei kandidieren -- das ist 
dort schon Brauchtum. Aber bei anderen Parteien war das bisher unüblich und 
eine gemischte Kandidatur ist ganz neu. Und das Schrägste: Onay hat die 
Domain alternativeliste.at angemeldet. Die war tatsächlich noch frei -- denn 
die historische "Alternative Liste" hat ihre Tätigkeit ja schon lange 
eingestellt bevor es üblich war, eine Internetdomain zu haben.
Als so links wie einstens die AL will man dann aber doch nicht verschrieen 
werden: "Als 'linke Liste' wolle man sich nicht definieren, 'auch wenn ALI 
derzeit vor allem von progressiven Kräften getragen werde', so Hajnal.
https://www1.meinbezirk.at/innsbruck/c-politik/onay-macht-ernst-und-gruendet-liste-ali_a2340232
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> Es geht nichts über einen guten Streit
Apropos Liste Pilz: "Die 26. Gesetzgebungsperiode des Nationalrats ist erst 
gut vier Wochen alt, und die neu im Parlament vertretene Liste Pilz wandelt 
punkto interner Unstimmigkeiten bereits auf den Spuren des Team Stronach." 
So heißt es bei der APA -- hier zitiert nach dem Nachrichtenpool des 
Mailproviders GMX. Es geht um inhaltliche Uneingkeiten zwischen den 
Pilz-Abgeordneten Alfred Noll und Wolfgang Zinggl. Zinggl hatte gegenüber 
ORF und APA Ideen für eine Wahlrechtsreform ventiliert, wo man auch 
Negativstimmen vergeben könnte. "Für Verfassungsfragen innerhalb der Liste 
Pilz sieht sich aber offenbar Noll zuständig. Er rügte Zinggl und die 
berichtenden Medien in einem Posting im 'Standard'-Online-Forum. 'Vielleicht 
sind wir noch nicht ganz am Plafond intrafraktioneller Zusammenarbeit und 
professioneller Medienarbeit, wenn unser Kultursprecher von der APA als 
alleinige Auskunftsquelle für Verfassungsfragen genützt wird', schrieb 
Noll."
Interessant ist in diesem Zusammenhang aber weniger der inhaltliche Streit 
innerhalb der Liste Pilz -- bekanntermaßen hat die junge Partei nicht einmal 
in Ansätzen ein Parteiprogramm und kann daher auch formal kaum auf einen 
Konsens verpflichtet werden -- sondern der Tonfall der APA, speziell . Der 
fiel auch in den sozialen Medien auf, wo Pilz-Wähler Kommentare abliessen, 
die in die Richtung gingen "Des hättens wohl gern".
Der APA-Text fand sich zumeist überarbeiteter Form auch in den 
Oberösterreichischen Nachrichten, der Presse, auf ORF.at und natürlich im 
Standard wieder. Und dort schob Noll ein spöttisches Posting nach: "Ach 
Gottchen, was der Standard einen 'Streit' nennt... Zinggl hat was gesagt, 
die APA hat fälschlich so getan, als ob's die Position der Liste Pilz wäre, 
der Standard hat's ohne Rückfrage einfach abgeschrieben... Media-Business as 
usual."
Vielleicht sollte man das mal bedenken, wenn wieder einmal bei einer Partei 
interne Unstimmigkeiten hochgekocht werden -- speziell Abgeordneten sei das 
empfohlen. Denn der Verdacht liegt nahe, daß so mancher parteiinterne Streit 
nur deswegen so hart geführt worden ist, weil die Medien so gerne Blut 
sehen. Tullius Destructivus läßt grüßen.
https://www.gmx.at/magazine/politik/liste-pilz-spuren-team-stronach-ringen-linie-verfassungsfragen-32683784
https://derstandard.at/2000069318410/Liste-Pilz-will-bei-Wien-Wahl-antreten
http://www.comedix.de/lexikon/db/tullius_destructivus.php
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> Werbung für Jebsen
Apropos dumme Konflikte, diesmal in Deutschland: "Der LINKE-Bundesvorstand 
hat seine Distanzierung von Rechtspopulisten, Antisemiten und 'Querfront'-Strategien 
sowie von dem umstrittenen Journalisten Ken Jebsen erneuert. In einem am 
Sonntag gefällten Beschluss zeigte sich der Vorstand solidarisch mit der 
Entscheidung des LINKE-Kultursenator von Berlin, Klaus Lederer, gegen eine 
Preisverleihung an Jebsen im Kino Babylon zu intervenieren. Weiter heißt es, 
der Parteivorstand erwarte, dass Mitglieder der Linkspartei eine geplante 
Kundgebung gegen Lederers Entscheidung nicht unterstützen." So liest sich 
das im "Neuen Deutschland".
Sowas ist in mehrerlei Hinsicht bedenklich: Zum einen deswegen, weil hier 
eine implizite Gleichsetzung Ken Jebsens -- der oft genug schon auch 
ziemlichen Blödsinn verzapft -- in einem Atemzug mit "Rechtspopulisten, 
Antisemiten und 'Querfront'-Strategien" passiert; ohne aber dazu explizit zu 
stehen. Man habe eh einerseits von den Querfrontlern und andererseits von 
Jebsen geredet, gellja? Sowas ist perfide.
Auch daß ein Parteivorstand den Parteimitgliedern mitteilt, an welchen 
Kundgebungen sie nicht teilnehmen sollen, ist wohl nicht gerade das, was man 
so als Musterbeispiel innerparteilicher Demokratie erwartet. Und das Drohen 
mit Subventionsentzug wegen mangelndem politischen Wohlverhalten ist --  
gelinde gesagt -- auch nicht ganz koscher. Im ND schreibt dazu Tobias Riegel 
als Kommentar: "Der Fall hat das Zeug, eine Zensur-Debatte loszutreten. 
Unabhängig von der Haltung zu Jebsen und der Veranstaltung geht es ums 
Prinzip: Eine staatlich-moralische Intervention gegen eine juristisch 
offenbar nicht anfechtbare Veranstaltung in einem von öffentlicher Förderung 
(und dadurch staatlichem Wohlwollen) abhängigen Haus ist grenzwertig [...] 
Dieser Text ist kein Plädoyer für die von Jebsen verbreiteten Inhalte, wohl 
aber eines für eine Toleranz, die (auch wenn es wehtut) alle 
Meinungsäußerungen aushält, solange diese nicht justiziabel sind. Was hat 
Lederer mit seiner anmaßend erscheinenden Einmischung ins Babylon-Programm 
erreicht? Er hat Reklame für Jebsen gemacht und dessen Opferstatus 
gefestigt."
Und bei Albrecht Müller auf den "Nachdenkseiten" kriegt auch noch die "taz" 
ihr Fett ab: "Und wie damals die Otto-Brenner-Stiftung, also eine eher 
fortschrittliche Einrichtung, eingesetzt wurde, um die NachDenkSeiten, 
Daniele Ganser und Ken Jebsen zu diffamieren und mundtot zu machen, so 
geschieht es heute mithilfe eines Berliner Senators, der der Linkspartei 
angehört, und mithilfe eines Blattes, der taz, von der immer noch 
gutmeinende Menschen glauben, sie sei ein fortschrittliches kritisches 
Blatt."
Ja, und wer jetzt an die unterbundene Jebsen-Veranstaltung letztes Jahr in 
Wien denkt, wo das Amerlinghaus erfolgreich auch von führenden Mitgliedern 
der beiden städtischen Regierungsparteien mit Subventionsentzug und damit 
Vernichtung bedroht wurde, sollte Jebsen dort auftreten, versteht 
vielleicht, warum hier diese Geschichte aus dem fernen Berlin so ausführlich 
zitiert wurde.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1072112.linke-gegen-ken-jebsen-linke-beschliesst-klare-kante-gegen-querfront-und-jebsen.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1070272.klaus-lederer-und-ken-jebsen-die-angst-vor-den-worten.html
http://www.nachdenkseiten.de/?p=41076
Der Parteibeschluß im Wortlaut: 
https://www.facebook.com/jutta.ditfurth.5/posts/2059683610930017
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> Objektiv für Microsoft
Es war das kommunale EDV-Vorzeigeprojekt schlechthin, jetzt wird es 
abgedreht: "Die Koalition von SPD und CSU im Rathaus will alle Linux-Clients 
und auch ältere Windows-Clients ersetzen. Die Migration soll 2020 beginnen 
und zwei Jahre dauern. [...] Ein Ausschuss des Münchner Stadtrats hat sich 
für den Umstieg von Linux auf Windows 10 entschieden. Demnach soll stadtweit 
ein einheitlicher Client auf Windows-10-Basis zum Einsatz kommen. Mit einer 
großflächigen Umstellung sollen sowohl ältere Windows-Clients als auch 
Linux-Clients ersetzt werden, die in München mit dem Open-Source-Projekt 
LiMux eingeführt wurden. Derzeit betreibt die IT der Landeshauptstadt 
München rund 18.500 LiMux-Basis-Clients sowie rund 10.700 
Windows-Standard-Clients."
2003 hatte München als erste deutsche Großstadt eine Umstellung ihrer 
Verwaltung von Windows auf Linux beschlossen. Der Support für das alte 
Windows NT4 war ausgelaufen und München brauchte etwas Neues. Und obwohl 
Microsoft-CEO Steve Ballmer persönlich nach München zu Bürgermeister 
Christian Ude reiste und eine Preissenkung für ein neues Windows versprach, 
entschied sich die Stadtregierung für die Münchner Spezialdistribution unter 
dem Namen LiMux.
Und jetzt gehts wieder zurück. Warum? Weil die Benutzer angeblich mit der 
Bedienung unzufrieden seien. Vor allem aber, weil eine völlig unabhängige 
Firma aufgrund einer objektiven Prüfung die Rückkehr zu Windows empfohlen 
habe: "Vertreter von CSU und SPD im Verwaltungs- und Personalausschluss 
folgten einer 167-seitigen Beschlussvorlage mit Empfehlungen, die auf einem 
letztjährigen Gutachten der Beratungsfirma Accenture basieren." So berichtet 
es "silicon.de". Allerdings gibt es da auch Leute, die meinen, Accenture sei 
nicht ganz so objektiv. Immerhin hätte der Konzern eine Tochterfirma namens 
Avanade, die ebenfalls IT-Beratung mache, allerdings mit dem deklarierten 
Focus auf Microsoft-Produkte -- kein Wunder, war diese Firma ja auch als 
Joint Venture mit Microsoft gemeinsam gegründet worden. Aber warum sollte 
man wohl deswegen glauben, die Empfehlung des Mutterkonzerns Accenture für 
Windows wäre nicht objektiv begründbar? Sowas wäre ja unseriös...
http://www.silicon.de/41636385/ http://www.silicon.de/41662777/
https://en.wikipedia.org/wiki/Avanade
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