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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. November 2017; 23:40
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Wien:

> Wiener Linien, bitte seid achtsam!

Nun ist sie also wieder da. Die regelmäßige Durchsage der Wiener Linien,
dass das Betteln in den U-Bahn-Anlagen verboten ist. Der Hinweis endet mit
der Aufforderung: "Bitte seien Sie achtsam." Das ist neu. Und seltsam. Und
verwirrend. Was wollt ihr mir damit sagen, Wiener Linien? Soll ich darauf
achten, dass ich beim Warten auf die U6 nicht ganz plötzlich zu betteln
anfange? Oder dass ich Bettelnde den Wiener Linien melde? Oder . nein, das
kann es nicht sein, "achtsam sein" bedeutet ja etwas anderes als "darauf
achten".

"Unter Achtsamkeit versteht man eine offene, neugierige und akzeptierende
Haltung gegenüber allem, was man gerade tut", sagt mir das
Psychologie-Lexikon. Ja, so ungefähr hätte ich das auch verstanden. Und
zusätzlich bedeutet Achtsam-Sein für mich auch noch eine besondere Art von
Rücksichtnahme. Eine Rücksichtnahme vor allem Schwächeren und
Hilfsbedürftigen gegenüber. Genau. In diesem Sinne ist mir das Achtsam-Sein
vertraut. Sozialisation? Erfahrung? Keine Ahnung, warum. So verstehe ich das
jedenfalls und so bin ich normalerweise auch.

Ich bin achtsam und biete daher alten Menschen, Menschen mit Handycap,
Menschen mit kleinen Kindern in U-Bahn, Bim & Bus meinen Sitzplatz an. Ich
bin achtsam und gebe daher Bettelnden etwas Kleingeld. Ich bin achtsam und
verwechsle Call-Centern-Agents nicht mit dem Betrieb, für den sie arbeiten
und bin daher höflich, wenn ich beim Servicetelefon der Wiener Linien
anrufe - 01/7909100/DW1:

"Ich rufe wegen Ihrer Durchsage an, dass das Betteln verboten ist. Zum
Schluss heißt es da: Bitte seien Sie achtsam. Ich verstehe das nicht. Können
Sie ."

"Das weiß ich jetzt gar nicht so genau, dass das gesagt wird ."

"Ja, es wird gesagt: Das Betteln in den U-Bahn-Anlagen ist verboten, und
dann: Bitte seien Sie achtsam. Was das in diesem Zusammenhang heißen soll,
dass hätt ich bitte gern gewusst."

"Ach so, ja. In dem Fall heißt es, dass man denen nix gibt ."

"Warum?"

"Wir wollen die Leute dahingehend sensibilisieren, dass das Betteln verboten
ist, und dass unsere Fahrgäste denen nicht so viel Geld hergeben sollen. So
vielen Frauen sitzt ja das Geld locker und wir werden die Bettler nicht los,
weil sie so viel kriegen."

Es läutet an der Tür. Ich danke dem Mitarbeiter für die Auskunft und beende
das Gespräch. Zehn Minuten später rufe ich noch einmal an und frage eine
seiner Kolleginnen, ob die Wiener Linien mit besagter Durchsage ihren
Fahrgästen verbieten, dass sie Bettelnden was geben.

"Nein, das natürlich nicht", sagt sie. "Aber wir machen diese Durchsagen,
weil viele sich darüber aufregen von der Allgemeinheit. Die regen sich
darüber auf, dass die Leute was geben und darum müssen wir diese Durchsage
machen."

"Wie lang soll die noch laufen?"

"Das ist jetzt dauerhaft."

Ich bitte die Telefonistin noch, meine Aufregung über die Durchsage
weiterzuleiten, zwecks einer anderen Allgemeinheit, die vielleicht zu einem
Achtsam-Sein der Wiener Linien führt, und dazu, dass sie mit der
Bevormundung ihrer Fahrgäste und mit dem Verfolgen und Strafen von Armen
aufhören.
*peter a. krobath*



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