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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 8. November 2017; 19:54
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Polizei/Fremd/Recht:

> von der polizei im schlafzimmer geweckt

von *bernhard jenny*, 2. November 2017

heute früh war kein normaler morgen. das wechselbad der gefühle jagt mir
jetzt noch stunden später schauer durch den meinen körper. ich bin
betroffen. ich bin getroffen. was ist passiert?

ich hatte eine lange nacht gehabt, erst lange nach 4 uhr früh war ich zum
schlafen gekommen. entsprechend wenig aufnahmefähig war ich nur wenige
stunden später, als gegen 8 uhr morgens plötzlich eine polizistin und ein
polizist in meinem schlafzimmer standen: "hallo, wir sind von der polizei!"

in millisekunden laufen plötzlich dutzende filme in mir ab, wem von meiner
familie, von meinen angehörigen war etwas passiert? welche
schreckensnachricht wird mir jetzt gleich überbracht? ich stammle nur:
"polizei? wieso polizei? wieso kommen sie hier überhaupt rein?"

"wir sind wegen herrn . (ein asylwerber aus nigeria) da, ist der da?"
"nein," sage ich, "der ist nicht da." "aber der wohnt doch hier?" "nein, er
hat hier seine meldeadresse, damit er behördliche post zugestellt bekommen
kann, aber wo er ist, weiss ich nicht."

in der zwischenzeit fange ich langsam erst zu realisieren an, wie absurd die
situation gerade ist. ich bin allein in meinem haus, liege nackt in meinem
bett, nur mit der bettdecke, würde gerne aufstehen, will das aber nicht
einfach so tun, aus rücksicht auf die beamt*innen. andererseits bekomme ich
auch nicht die gelegenheit eingeräumt, in ruhe aufzustehen, niemand sagt,
dass sie kurz rausgehen würden, damit ich mir was anziehen kann, um dann das
gespräch fortzusetzen. im gegenteil. der beamte zieht seinen block und fragt
forsch: "ihr name ist?" "geboren am?" "und sie sind hier hauptsitzgemeldet?"

meine erleichterung, dass niemandem meiner familie was schlimmes passiert
ist, mischt sich unmittelbar mit meiner aufwallenden empörung über die
vorgangsweise der polizist*innen. langsam erinnere ich mich dann, dass ich
im halbschlaf mitbekommen hatte, dass da jemand ins haus gekommen war.
niemand hatte geläutet, sondern jemand betrat das einfamilienhaus durch die
haustür. dazu mussten die beamten das verriegelte gartentor geöffnet haben!
ich weiss noch, dass ich gehört hatte, wie jemand ohne auch nur ein wort zu
sagen (!!!) das haus betritt, in die küche, ins wohnzimmer und dann im
ersten stock in die verschiedenen räume geht. mein falscher schluss war
gewesen, dass es sich um jemanden aus dem familiären umkreis handeln muss,
wer sonst würde durchs haus spazieren, ohne ein einziges mal "hallo" oder
sonst was zu rufen?

"ich bin hier der hauseigentümer" sagte ich dem beamten schlaftrunken und
fragte ihn nochmal: "wie sind sie hier reingekommen?" "ja die haustür stand
offen."

die beamt*innen zogen dann wieder ab, mit dem kommentar "wenn sie erfahren,
wo herr . (der asylwerber aus nigeria) ist, dann rufen sie einfach die
polizei an." und am schluss: "und wie gesagt, ihre haustür ist nicht
versperrt."

nun - einige stunden und zahlreiche gespräche mit rechtsanwältinnen und
polizei später - ist mir der wesentlich dramatischere hintergrund dieser
absurden geschichte klar: seit gestern, 1.11.2017 gilt das verschärfte
fremdenrecht, welches anscheinend in erster linie jene trifft, die
"geduldeten aufenthalt" haben. diese sollen nun bis zu eineinhalb jahre
(!!!) in deportationszentren inhaftiert werden, um dann genügend zeit zu
haben, ein "aufnahmezertifikat" des vermutlichen ursprungslandes zu
erwirken. die betroffenen verlieren ihre recht auf mindestsicherung und
stehen vor der wahl: untertauchen oder bis zu 18 monate schubhaft. was für
ein zynischer umgang mit menschen, deren verbrechen es ist, aus einem
anderen kontinent zu stammen. schönes neues österreich.bereits am ersten
arbeitstag nach in kraft treten der verschärften gesetze kommt es nun zu
suchaktionen, bei denen anscheinend die grundrechte für niemanden mehr eine
rolle spielen. für die gesuchten nicht und für österreichische
staatsbürger*innen ebenso nicht. nackt im bett liegend von zwei
polizist*innen beamtshandelt zu werden, ist erniedrigend und verletzend.
viel mehr aber verletzt mich die tatsache, dass ich aufgrund dieser
amtshandlung erahnen muss, wie es "sonst" so zu geht. wie oft ist bei
solchen suchaufträgen und schubhaftbefehlen jemand dabei, der die geschichte
noch erzählen kann?

seit mehr als 20 jahren engagiert sich unsere familie ehrenamtlich für
geflüchtete menschen. wir haben schon viele höhen und tiefen erlebt und
haben unterschiedlichste grundstimmungen in unserem land bewältigt. das, was
sich jetzt anzubahnen scheint, ist eine alarmierende entwicklung in richtung
xeonophobie und rassismus von amts wegen. es wird finster und kalt in
unserem land.

"für uns sind die gesetze die basis, auf der wir handeln. wenn die gesetze
ihrer meinung nach falsch sind, dann sollen sich die bürger dagegen
einsetzen", meinte der abteilungsinspektor der zuständigen polizeiwachstube.
er ist aber der überzeugung, dass alles rechtens war, kann andererseits
eventuell verstehen, wenn "sie sich beschweren möchten". der
dienststellenleiter konnte mir nur einen verhaftungsauftrag des BFA
(bundesamt für fremdenwesen und asyl) vorzeigen, welcher auf den namen des
asylwerbers lautet.

für unser haus, für meine frau und mich, gab es also keinen richterlichen
durchsuchungsbefehl. das bedeutet, dass sowohl das nicht gestattete betreten
des grundstücks durch ein verriegeltes gartentor, sowie das unbefugte
eintreten in das haus und die unzulässige durchsuchung aller räume in allen
stockwerken in keinster weise rechtlich gedeckt war!

ich will in diesem fall den polzist*innen nicht bewusst bösen willen
unterstellen, muss mich aber fragen, wie es um meine grundrechte bestellt
ist, wenn solches passieren kann. darf das noch wahr sein???
(gek.)

Quelle:
https://bernhardjenny.blog/2017/11/02/von-der-polizei-im-schlafzimmer-geweckt/

Anmerkung: Einen ähnlichen Vorfall gab es schon einmal in Jennys Haus in
Salzburg, im Jahr 2010. Generell ist ein diesbezüglich sehr seltsames
Verhalten der Polizei alles andere als unüblich. Auch der Layouter sah sich
als Nachbar schon einmal einem Trupp Alarmabteilung gegenüber, die einen
Asylwerber suchten -- angeblich nur, um diesem Fragen zu stellen. Allerdings
war das Grund genug, in die nicht abgesperrte Wohnung des nicht anwesenden
Asylwerbers zu spazieren und diese Räumlichkeiten mit der Dienstwaffe in
Vorhalte zu durchsuchen...
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