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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 18. Oktober 2017; 18:17
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Postelectorales:
> Der Dialog mit der Bürgerin
Politikerinnen und Politiker betonen gerade vor Wahlen immer wieder, wie 
wichtig es doch wäre, den BürgerInnen zuzuhören und auf ihre Sorgen 
einzugehen. Wie sehr das daneben gehen kann, zeigt folgender Dialog, der 
vielleicht auch einen Teil des Debakels der Grünen bei dieser Wahl erklärt:
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Aus einer Email-Aussendung von "LH.Stv.in Astrid Rössler, Landessprecherin 
Die Grünen Salzburg":
"Seit 31 Jahren sind die Grünen im Nationalrat vertreten. Seit 31 Jahren 
sind sie die einzige glaubwürdige Stimme für die Umwelt. Ich mag mir nicht 
ausmalen, was es für Umwelt und Natur bedeutet, wenn diese Stimme nur noch 
sehr leise zu hören sein wird. [.]
Denn die Grüne Stimme ist in der Politik notwendiger denn je. Tagtäglich 
werden in Österreich hektarweise wertvolle Flächen zubetoniert, die dann 
beim Hochwasserschutz und der Nahrungsmittelproduktion fehlen. Der Umstieg 
auf Erneuerbare Energien geht unglaublich schleppend voran - zum Schaden des 
Klimas und der heimischen Wirtschaft. In Sachen Verkehr - einem unserer 
Hauptprobleme beim Klimaschutz - sind einzig die Grünen konsequente 
Antreiber für einen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr und leistbare 
Tickets.[.]
Keine andere Partei agiert in Fragen des Natur- und Umweltschutzes so 
beharrlich, standhaft und verantwortungsvoll wie wir Grüne. Niemand sonst im 
Parlament stellt sich derart entschlossen den drängenden Fragen. Vor allem 
aber ist niemand sonst mutig genug, die oft unbequemen Antworten dazu zu 
geben! [.]
Ich bitte Sie deshalb bei der Nationalratswahl am kommenden Sonntag um Ihre 
Stimme für die Stimme der Umwelt. Seien Sie versichert: Wir werden 
verantwortungsvoll mit ihr umgehen."
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Antwort von Rosalia Krenn, Sozialarbeiterin, derzeit arbeitslos:
"Sehr geehrte Frau Rössler,
ich bedanke mich für Ihre wahlwerbende Aussendung zur kommenden 
Nationalratswahl. Sie treten in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, 
Armutsgefährdung und faktisch bestehender Armut in einem der reichsten 
Länder der Welt dafür ein, Naturschutz zu betreiben. Umweltbewußtsein zu 
leben, die Natur zu schützen, dies ist auch mir ein großes Anliegen. Wer 
Kinder hat, möchte der nächsten Generation eine geschonte Umwelt 
weitergeben, mit der sorgsam umgegangen wird. Sie plädieren für Umwelt und 
Natur, die eine starke Stimme brauchen.
Das sehe ich auch so. Was ich vermisse, sind sozialpolitische Antworten auf 
die dringlichen Fragen, die Umweltverträglichkeit garantieren sollen. Bei 
einer stetig steigenden Arbeitslosigkeit und sich vermehrender Armut werden 
es sich immer weniger Menschen leiten können, sich "gesund" zu ernähren, es 
werden täglich mehr Menschen heranwachsen, die auf ungesunde Billigprodukte 
zurückgreifen müssen, weil schlicht und einfach das Geld fehlt für ein 
gesundes Leben. Mit keinem Wort erwähnen Sie, dass es eine Frage des zur 
Verfügung stehenden Kapitals ist, wie viel einem Natur und Umwelt bedeuten 
kann, wieviel sich Mindestgeld-Bezieher_innen davon überhaupt noch leisten 
können. Sie klammern die Frage aus, wer sich einen Einkauf im Bio-Markt 
überhaupt noch leisten kann. Ihrem Text entnehme ich, dass die Grünen längst 
nicht mehr als Sprachrohr armer und armutsgefährdeter Menschen dienen, 
sondern längst in einer bürgerlich geprägten Mittel- bis Oberschicht 
angelangt sind. Wahrheit kann manchmal weh tun und Robert Jungk hätte sich 
im Grabe umgedreht.
Sie warnen vor einem schwarz-blauen oder rot-blauen Komplott. Es mag sein, 
dass diese Angst ernst gemeint ist. Es fehlen mir aber die Antworten auf die 
dringlichsten Probleme, die Menschen in die Hände von Konservativen und 
Faschisten treiben: die soziale Antwort bleiben uns zumindest in dieser 
Aussendung auch die Grünen schuldig. Hochachtungsvoll
Rosalia Krenn"
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Die Antwort des Büros der Salzburger Grünen:
"Sehr geehrte Frau Krenn,
danke für Ihr Feedback zu unserer Aussendung und Ihre kritischen Anmerkungen 
zum fehlenden Sozialaspekt. Ich gebe Ihnen gerne Recht, dass ein (sehr) 
umweltbewusstes Leben in vielen Fällen auch mehr kostet/kosten kann. Zum 
Beispiel sind Vollholzmöbel und Kinderbekleidung aus Biobaumwolle sehr 
teuer, bei den Biolebensmitteln sehe ich es schon etwas differenzierter, 
dann alle Lebensmittelketten bis hin zum Hofer und auch DM führen inzwischen 
sehr erschwingliche Biolebensmittel. Ich sehe aber beim Thema "Gesunde 
Ernährung" das größere Problem darin, dass gesunde Ernährung vielfach mit 
selbst kochen und frisch kochen zusammenhängt und dieses Wissen und die 
Bereitschaft zurückgehen. Zu oft wird auf minderwertige Halbfertig- und 
Fertigprodukte zurückgegriffen. Grundnahrungsmittel sind auch in Bioqualität 
sehr erschwinglich, Frischgemüse gibt es in guter Bio- und Nichtbioqualität 
ebenfalls erschwinglich - das ist auch für Menschen mit geringem Einkommen 
machbar. - Der Anteil der Lebensmittelkosten am Haushaltseinkommen wird in 
Wahrheit immer kleiner, weil (leider) die Kosten für Wohnen und 
Auto/Mobilität schon so hoch geworden sind. Das ist keine gute Entwicklung, 
weil damit der Wert und die Bedeutung von Ernährung/selbst zubereiteten 
Speisen, die Bedeutung von gemeinsamen Mahlzeiten zuhause, das Weitergeben 
von Kochfertigkeiten innerhalb der Familie rückläufig ist. Vielleicht kann 
ich Ihnen damit vermitteln, dass das Thema Gesunde Ernährung für mich eine 
sehr starke soziale Komponente hat, die immer mitschwingt. Und nicht zuletzt 
möchte ich auch ansprechen, dass die unglaublich großen Mengen von 
weggeworfenen Lebensmitteln im Abfall ein echtes Alarmsignal sind. Aus 
Mülluntersuchungen wissen wir, dass dieses Phänomen absolut nicht auf 
wohlhabende Personen beschränkt ist. Daraus schließen wir, dass im Bereich 
der Lebensmittelkunde und Lebensmittelbevorratung tatsächlich ein Defizit 
herrscht. Man möchte meinen, die Lebensmittel sind zu billig, sonst würden 
nicht derart erschreckende Mengen im Müll landen. Deshalb bieten wir aus dem 
Umweltressort Schülerworkshops an, bei denen das Thema Lebensmittel mit 
angesprochen wird. Mit herzlichen Grüßen
Astrid Rössler"
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Resümee der Bürgerin:
"Sehr geehrte Frau Rössler, ich gebe Ihnen bedingungslos recht, wenn es um 
die Frage gesunder Ernährung geht. Diese ist auch meiner Meinung nach dafür 
ausschlaggebend, dass unsere Kinder gesunde Voraussetzungen dafür finden, 
sich in einem beinharten neoliberalistischen System nicht krank machen zu 
lassen. Ich lese aus Ihrem Text heraus, dass ein gesunder Geist in einem 
gesunden Körper wohnt. Was ich vermisse, ist die Antwort auf meine 
dringlichsten Fragen: Wie sehen Ihre Antworten auf die konkrete Frage aus, 
wie Sie in Zukunft mit Arbeitslosigkeit, Armutsgefährdung und konkreter 
Armut umzugehen gedenken? Diese Fragen waren Ihnen keine Zeile Antwort wert. 
Wollen Sie sozialpolitische Fragen mit umweltpolitischen Fragen nicht mehr 
verknüpft wissen? Sozusagen "gesund" erhähren kann sich keine Bezieherin 
eines Mindesteinkommens leisten. Auf welcher rosaroten Wolke schweben Sie 
eigentlich? Gesund und Bio? In einer Welt, die in Armut erstickt? Sie 
Glückliche, ersparen Sie es den Menschen, die von heute auf morgen nicht 
wissen, wovon sie sich ernähren sollen, ihnen von Ihren gesunden Weisheiten 
zu erzählen. Die Probleme liegen wo anders. In einem der reichsten Länder 
der Welt gibt es Armutsgefährdung und Armut. Die betroffenen Menschen kennen 
andere Probleme als die der Bioeernährung. Hochachtungsvoll,
Rosalia Krenn"
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