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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Oktober 2017; 17:26
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Wahlkrämpfe
> Randnotizen
Politik in Zeiten des Wahlkampfes -- ein Zweiwochenrückblick
Die Frohbotschaft: Am Sonntag hat der Irrsinn ein Ende. Jetzt reden wir noch
ein bissi über Silberstein und Puller und Fleischmann, seit neuestem auch
über Efgani Dönmez. Und vielleicht auch noch darüber, wie bei Kern und Kurz
die Facebook-Likes zustandekommen -- denn echt sind viele davon definitiv
nicht. Aber sind die gekauft oder erschummelt? Spannende Frage...
Nein, nicht wirklich. Und es könnte soweit kommen, daß diese
Silberstein-Geschichten sogar Kurz den Wahlsieg kosten. Denn die penetrante
Art, wie Kurz einen blöden Fehler des SPÖ-Apparats auszuschlachten und
gleichzeitig die Verantwortung seiner eigenen Partei in der Geschichte
niederzureden versucht, kommt auch nicht wirklich gut. Weil: Daß da einfach
Nebelgranaten gezündet werden, anstatt über Inhalte zu reden, wird einfach
immer offensichtlicher. Der Nebel verzieht sich und siehe da: Der
Außenminister ist zwar nicht nackt, aber es bleibt nur die "Balkan-Route",
um die Blöße des ÖVP-Führers zu bedecken.
Dazu kommt ein Bundeskanzler, der im Wahlkampffinale zeigt, daß er auch sehr
grantig sein kann -- als Staatsmann, der den schwarzblauen Kindergarten
zusammenscheißt, doch ein bisserl mehr konkret und seriös über die Zukunft
des Landes zu reden. Das hat was von Kreisky. Sowas kommt gut. Ehrlich:
Hätte ich nur die neunminütige Videobotschaft des Kanzlers gesehen und sonst
nichts mitgekriegt, hätte ich mich wohl hinreissen lassen, SPÖ zu wählen.
Blöd halt, daß die Sozialdemokratie in den letzten 30 Jahren bei jeder sich
bietenden Gelegenheit eingeknickt ist und daher nimmer glaubwürdig.
Bewegungen
Ein wirklich spannende Geschichte gibt es aber derzeit im Parlament zu
beobachten: Da könnte es doch glatt sein, daß eine rosarot-grün-blaune
Parlamentskoalition solche Dinge beschließt wie das Ende der Anrechnung des
Partnereinkommens bei der Notstandshilfe oder die Abschaffung der
Mietvertragsgebühr. Ganz glaube ich das ja noch nicht, aber wenn diese Dinge
tatsächlich beschlossen werden, könnte das ein schönes Signal sein, was
möglich ist, wenn man auf die ÖVP keine Rücksicht mehr nehmen muß.
Aber die Liste Sebastian Kurz hat ja mit der alten ÖVP nichts mehr zu tun.
Kurz redet von "uns" als "neuer Kraft": "Sie können uns bekämpfen, sie
können uns beschmutzen, aber sie können uns nicht aufhalten, das verspreche
ich euch!" So gesagt vor einer Versammlung der steirischen VP. Ist das mit
der neuen Kraft adressiert an ein paar gerade wahlberechtigt gewordene
16-jährige? Nicht mal die glaubens wahrscheinlich, weil sie zwar jung, aber
nicht blöd sind. Aber wer, der die ÖVP schon ein paar Legislaturperioden
bewußt erlebt hat, soll das bitte fressen? Nein, bei allem Mißtrauen
gegenüber dem Wahlvolk dieses Landes, ich glaub einfach nicht daran, daß die
schwarztürkise Show an den Urnen reüssieren wird. Weil: Sowas will ich
einfach nicht glauben.
1, 2 oder 3...
Aber egal, eins ist sicher: Die nächste Regierung wird mindestens so
grauslich wie die bisherige. Und es könnte noch schlimmer kommen. "Heute"
titelte: "Umfrage: Nur noch drei Parteien übrig". Ja, natürlich, ich weiß
nicht, wem ich weniger glaube, dem Boulevard oder den Umfragern, aber die
Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen: Die Grünen sind gespalten und die
Jungschwarzen gehen weg von den NEOS zurück zur Kurz-VP. Und die bislang
nicht im Parlament vertretenen Listen sind soviele, daß sie wahrscheinlich
alle an der Verlorene-Stimme-Hürde scheitern werden. Der Versuch von Flora
Petrik, der Zweiten auf der KPÖ-Liste, im letzten Moment durch die Lande zu
touren und dafür Werbung zu machen, die Leute mögen doch so abstimmen, wie
es ihnen Wahlkabine.at empfohlen hat, ist nett. Aber in Zeiten, in denen
auch den Grünen schon nichts mehr anderes einfällt, als vor der SPÖ zu
warnen, um eine FPÖ-Regierungsbeteiligung zu verhindern, scheint der common
sense sich damit abgefunden zu haben, daß man taktisch wählen müsse. Es ist
absurd: Noch nie haben soviele Parteien bundesweit kandidiert, was dazu
führen könnte, daß so wenige Parteien im Nationalrat vertreten sein könnten
wie zuletzt vor über 30 Jahren. Naja, hätte aber auch sein Gutes: Grüne,
Pilz und NEOS würden dann endlich gemeinsam mit der KPÖ das Fallen der
Mindesthürde für den Einzug in den Nationalrat fordern.
... Musketiere
Apropos! Peter Pilz gehört ja seit dieser Zeit in den 80ern zum ständigen
Personal österreichischer Innenpolitik. Jetzt wissen wir, was er mit dem von
ihm immer wieder geforderten Populismus gemeint hat. Pilz redet einen Topfen
zusammen, von dem er hofft, er kommt gut. Er will einen "Straftatbestand für
parteipolitisch motivierte Postenbesetzung". Ah ja. Dann müßte man aber
jeden Minister nach seiner Bestellung sofort verhaften und den
Bundespräsidenten gleich dazu. Oder? Pilz erklärt auch, was er mit "Heimat"
eigentlich meint. Nämlich den "Verfassungsstaat". Äh, bitte? Der Staat als
Heimat? Kann er gleich "Vaterland" sagen. Bei anderen ginge das noch als
Blödheit durch, aber Pilz ist zu klug und erfahren. Der weiß, was er sagt.
Das macht die Sache aber eben nicht besser. Die Kronenzeitung hat dafür
gelernt, ihn zu lieben: "Peter Pilz präsentiert jetzt ein Buch, das auch Cap
oder Lopatka geschrieben haben könnten, mit dem Titel 'Heimat Österreich --
ein Aufruf zur Selbstverteidigung [...] Der Einzug ins Parlament wäre den
drei Musketieren zu wünschen: Sie haben ein scharfes Mundwerk, sind keine
Duckmäuser und näher am Volk als die Parteikarrieristen". Soweit Peter Gnam.
Irgendwie gebührt das dem Pilz. Verbreitet hat dieses Zitat als Faksimile
über Twitter übrigens Mit-Musketier Reinhold Lopatka...
Arbeiterbewegung? Da war doch was...
Womit wir bei den Randerscheinungen dieses Wahlkampfs wären. Hätte der
Bundeskanzler diese Veranstaltung nicht beehrt, wäre die Sache vielleicht
vollkommen untergegangen. Zu Unrecht? Nunja, immerhin erscheint es als
angedeuteter Paradigmenwechsel in der Gewerkschaftspolitik. Nach mehreren,
bislang eher untauglichen Versuchen haben die Gewerkschaften nun ein neues
Projekt aus der Taufe gehoben, um sich ein wenig mehr an die neuen
Realitäten der Arbeitswelt heranzutasten: "Die Gewerkschaft vida und ihre
Kooperationspartner FH Campus Wien, ÖBV, D.A.S, HFP Steuerberatung und
SPARDA-Bank haben heute mit Bundeskanzler Christian Kern in einer
Pressekonferenz die neue und europaweit bisher einzigartige
gewerkschaftliche Initiative vidaflex für Ein-Personen-Unternehmen (EPUs)
und freie DienstnehmerInnen präsentiert", heißt es in der Aussendung. Und
weiter: "Wir bieten selbstständig in der Wirtschaft arbeitenden Menschen mit
vidaflex im Rahmen einer Basismitgliedschaft um 25 Euro im Monat zukünftig
neben Interessenvertretung auch ein umfassendes steuerliches und rechtliches
Service- und Schutzpaket sowie Aus- und Weiterbildungsangebote". Nunja, das
klingt zwar eher nach einem Angebot der Wirtschaftskammer denn einer
Gewerkschaft. Aber zumindest haben sie es versucht. Schaumamal, was daraus
werden kann. Christian Kern konnte so wenigstens andeuten, daß ihm
Kleinstunternehmer nicht völlig wurscht sind -- und das hilft natürlich
gegen eine Wirtschaftspartei, die immer noch gerne von
Kleingewerbetreibenden gewählt wird, obwohl sie schon seit langem auf diese
scheißt.
Dafür aber hat die Kurz-Partei was für Grünwähler im Angebot. Man sollte es
nicht glauben, aber ausgerechnet die Schwarztürkisen präsentierten letzte
Woche im Palais Epstein ein Buch mit dem bobogerechten Titel "Politische
Korrektheit: Der lange Weg vom Postulat zur Performanz". In diesem Buch
hätten sich "Expertinnen und Experten aus den verschiedensten Fachgebieten
mit historischen Entwicklungen, gendergerechtem Schreiben,
Leistungsbeurteilungen in Schulen, philosophischen Positionen, der Frage der
Toleranz und vielen weiteren Aspekten des Themas befasst". Und: "Begrüßt
wurden die Gäste von ÖVP-Abgeordnetem Werner Amon, der eingangs darauf
verwies, dass er in den bisher 23 Jahren seiner parlamentarischen Tätigkeit
keinen einzigen Ordnungsruf erhalten habe". Ich fürchte, bei solchen
Fürsprechern steht die Political Correctness endgültig vor ihrem Ende als
emanzipatorische Idee.
Türkises Versteckerlspiel
Ah ja und zuletzt seien noch die sagenhaften Interviews mit den von der ÖVP
nominierten neuen Bereichszuständigen für Behinderten- und
Wissenschaftspolitik erwähnt. Also die Interviews, die es nicht gibt.
Deswegen sagenhaft. Die ORF-Wissenschaftsredaktion versuchte nämlich
verzweifelt, Rudolf Taschner vor das Mikrofon zu bekommen -- die ÖVP verwies
den ORF jedoch auf Wirtschaftsminister Mahrer, der ja, auch wenn es nicht so
auffällt, im Nebenberuf auch für die Wissenschaft zuständig sein soll. Und
für Kira Grünberg konnte die ÖVP nicht einmal einen Ersatz anbieten -- was
"Der Standard" statt mit der Veröffentlichung eines Interviews mit dem neuen
türkisen Star mit einer langen Geschichte quittierte: "Von der
Unmöglichkeit, die Tiroler ÖVP-Spitzenkandidatin und designierte
Behindertensprecherin zu ihren politischen Standpunkten zu befragen." Wenn
die ÖVP schon anfängt, ihre großartigen neuen Experten gleich nach der
Pressepräsentation wieder zu verstecken, weil diese möglicherweise keine
Ahnung von den Politbereichen haben, für die sie nominiert sind, besteht ja
doch noch Hoffnung.
*Bernhard Redl*
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