**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Oktober 2017; 17:28
**********************************************************

Polizei/Recht:

> Nicht ohne polizeiliche Lustigkeitszulassung!

Aussendung der Pressestelle der Clownarmee, Kommando Wien

Wien, 1.Oktober 2017 - Eine als Clownspaziergang betitelte öffentliche
Veranstaltung vor dem Parlament sollte und wollte von sechs Clowns und einem
Imker besucht werden. Geschminkt, bunt gekleidet und mit roten Nasen
bestückt begab man sich Richtung Parlament. Doch schon der Fußweg von
wenigen hundert Metern wurde der Gruppe zum Verhängnis. Innerhalb kürzester
Zeit stieß man auf ein, wie es schien bereits wartendes Polizeiauto.
Friedlich, ohne Aufhebens und ohne auch nur den Gehsteig zu verlassen wollte
man das Fahrzeug passieren. Die mit Schlagstöcken und unheilverheißenden
Gesichtsausdrücken ausgestatteten Exekutivbeamten stiegen sogleich aus dem
Wagen und umringten die bunte Gruppe. Sie verhinderten ein Weiterkommen und
verlangten umgehend das Entfernen der Gumminasen und Vorzeigen von
Ausweisen. Nach einem kurzen Moment großer Verwunderung und absoluter
Verblüffung beriet man sich und entschied, die absurd anmutende Aufforderung
zu befolgen, um der sonntäglichen Veranstaltung ungehindert beiwohnen zu
können. Doch die Polizisten verlangten weiter nach einer
Identitätsfeststellung und riefen sogar dreifache Verstärkung herbei, da sie
eine Amtshandlung behindert sahen (wiewohl bemerkt war Folge geleistet
worden). Nach dem Motiv des unangenehmen Insistierens auf unsere
Namenspreisgabe gefragt, wurde seitens der Polizei schroff bemerkt: "Ihr
seid's uns afoch a bisserl zu lustig" und "Das ist nicht unsere Art von
Humor".

Wir fragen uns demnach: Welcher ist der hierzulande zulässige Humor? Wo kann
man diesen erlernen? Und wie funktioniert die Pointe? Denn eine solche war
schwer erkennbar. Schlussendlich durfte lediglich der mit
Berufsverschleierung ausgestattete Imker unter Herzeigens seines Ausweises
die Gruppierung verlassen. Das Anfertigen von Beweisfotos seinerseits und
die Zusage, mediale Aufmerksamkeit auf die Situation zu lenken, führte
letztendlich zur Freigabe der dergestalt festgehaltenen nasenlosen Clowns.

Was darauf folgte war eine groteske Erfahrung: Die Teilnehmenden des
sogenannten Clownspaziergangs durften sich innerhalb eines abgegrenzten
Bereichs vor dem Parlament aufhalten, da die Veranstaltung zuvor angemeldet
worden war. Sobald allerdings jemand die Ansammlung verließ, wurde er oder
sie grob und unter Androhung von Anzeige und Verwaltungsstrafe angewiesen,
Schal/Tuch/Nase vom Gesicht zu nehmen. Es entstand der untrügliche Eindruck
einer eingezäunten Spaß-Zone. Wir fragen uns: Was bedeutet dies für die
Zukunft kreativer Aktionsformen? Wer entscheidet in Hinkunft darüber, was
als Kunstausübung verstanden werden darf? Was bedeutet die Einschränkung
kostümierter Bewegungsfreiheit für das Individuum auf dem Weg zum
Maskenball?

Für uns wurde deutlich: Das Anti-Gesichtsverhüllungs-Gesetz enthüllt die
Repressionsfunktion der Exekutive. Es schützt niemanden, sondern beraubt
Bürgerinnen und Bürger der Möglichkeit, sich der omnipräsenten
Kameraüberwachung zu entziehen. Besagtes Gesetz wirkt tief in die
Privatsphäre aller. Die diesbezüglich vielbemühte "Verhältnismäßigkeit" der
österreichischen Polizei ist offenbar als Synonym für absolute Willkür zu
verstehen. Nicht nur Nacktheit ist anstößig, auch Kleidung erregt.

Doch wir wollen uns kleiden, wie es uns beliebt. Wir solidarisieren uns mit
gut-, schlecht- und anders gekleideten und fordern ein Recht auf freie
Clownausübung!
###



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
vox: 0681 205 036 17
redaktionsadresse neu: dreyhausengasse 3, kellerlokal, 1140
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW