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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. September 2017; 17:14
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Linke/Geschichte/International/Glosse:

> Katalonien und Slowenien

Ich finde linke Sympathien für die katalanischen Separatisten befremdlich.
Das ist höflich ausgedrückt.

Die Katalanen werden seit geraumer Zeit weder unterdrückt noch
diskriminiert. Sie haben ein weitreichendes Autonomiestatut und dürfen in
Katalonien so katalanisch sein, wie sie wollen. Es liegt in den
separatistischen Tendenzen also nicht das geringste emanzipatorische Moment,
dessentwegen Linke eine im Kern nationalistische Bewegung unterstützen
könnten.

Das kann man zum Beispiel mit den Kurden nicht vergleichen. Die werden
außerhalb des irakischen Teils, wo sie einen de facto autonomen - aber nicht
souveränen - Staat haben, nach wie vor diskriminiert und wenn's schlimm
kommt, unterdrückt und verfolgt. Auch im irakischen Kurdengebiet ist der
letzte Massenmord an kurdischen Zivilisten erst 30 Jahre her. Man kann im
kurdischen Nationalismus also etwas durchaus emanzipatorisches erblicken. Im
katalanischen nicht.

Mich erinnern die Katalanen fatal an die Slowenen 1990 und 1991. Es geht
ihnen wirtschaftlich besser als dem Rest des Landes. Das gibt ihnen das
Gefühl der Überlegenheit. Sie dichten gleichzeitig den Mythos, der Rest
Spaniens beute sie aus, und er tue das auch aus ethnischen Motiven heraus.
Also, weil sie Katalanen seien. So müssten also die fleißigen Katalanen für
die faulen Spanier schuften und zahlen.

Es ist der katalanische Separatismus auch keine sozial-emanzipatorische
Veranstaltung. Auch nach einer Unabhängigkeit würde es ein
kapitalistisch-marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem geben. Für einen
Kommunisten oder Linkssozialisten sollte die Frage eigentlich nicht sein, ob
er katalanische oder spanische Kapitalisten lieber hat.

Man kann die spanische Regierung und die spanische Verfassung - und vor
allem die spanische Monarchie - ja ablehnen, wie man will. Eine
ethnonationalistische Bewegung wie die Katalanen zu unterstützen um die
spanische Regierung zu schwächen, rechtfertigt das in keinster Weise. Das
ist den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.

Und es ist nichts als Ethnonationalismus, mit dem wir es hier zu tun haben.
Wie sich der auswirkt, hab ich auf meinen mittlerweile zahlreichen
Balkanreisen zur Genüge gesehen. Nun gehe ich nicht davon aus, dass es über
den Aktivitäten der katalanischen Regierung zu einem Bürgerkrieg kommen wird
oder im Fall einer Unbahängigkeit zu ethnischen Säuberungen. Aber ist der
Ethnonationalismus mal ungehindert an der Macht, zerstört er bislang
funktionierende Gemeinwesen und lähmt die Politik auf Generationen hinaus.

Ich finde auch das Vorgehen der spanischen Justiz und der spanischen
Behörden nicht sonderlich überzogen. Das Verfassungsgericht hat das
Unabhängigkeitsreferendum untersagt. Die katalanische Regionalregierung
setzt sich in eigener Machtvollkommenheit darüber hinweg und bricht offen
und stolz die Verfassung. Dagegen muss ein jeder Rechtsstaat mit aller
Vehemenz vorgehen.

Würden in Katalonien Unterdrückung und Diskriminierung herrschen, müsste man
den Verweis auf die Verfassung als lächerlich bezeichnen. Das ist nun mal
nicht der Fall. Damit ist es mir unerklärlich, wie Linke Sympathien für die
ethnopluralistischen Umtriebe hegen können.
*Christoph Baumgarten*



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