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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 30. August 2017; 14:55
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Kommentierte Presseschau

Diesmal zu deutschen und österreichischen Polizei- und Justiz-Themen

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Zur WEGA und Cobra in Hamburg

[14.Juli 2017] Daß es "österreichische Polizei" war, wie sie zunächst in
einem Bericht eines Korrespondenten von Global Project genannt wurde (1),
die am frühen Morgen des 7. Juli brutal auf friedliche DemonstrantInnen
losging (2) , wurde am 9. Juli auch vom Hamburger Ermittlungsausschuß (Anm.:
Das ist die Rechtshilfe) in einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit
gebracht und es wird präzisiert, daß es sich dabei um die WEGA gehandelt
hat - deren Vorgehen bei einer Person einen epileptischen Anfall ausgelöst
haben soll! Der Ermittlungsauschuß beruft sich auf die Aussagen der
DemonstrantInnen:

"Bei den Blockaden der Protokollstrecken am Morgen des 7. Juli wurde die
Wiener Sondereinheit WEGA eingesetzt. Demonstrant*innen berichteten von
ungewöhnlich starkem Reizgas, das heftige Atemnot, Krämpfe und in einem Fall
einen epileptischen Anfall auslöste." (3)

In dem obgenannten Bericht auf Labournet Austria (2) wird einerseits der
Berichterstatter von Global Project (der auf Radio Onda d´Urto berichtete)
angeführt, dem zufolge ein Asthmaanfall die Folge des Einsatzes von
Pfefferspray gewesen sei, dazu wird ein weiterer Bericht von Global Project
zitiert, wo nur der epileptische Anfall vorkommt. (4) Vom Global
Project-Berichterstatter wird der der Asthma-Anfall in den Kontext eben
dieser Polizeiaktion des 7. Juli gestellt. Laut Ermittlungsausschuß habe
sich der Asthmaanfall aber "am Vortrag" ereignet, dies müßte - der Bericht
des EA ist mit 9. 7. datiert - der 8. Juli gewesen sein. Es könnte aber auch
der 7. gemeint sein. Ob es sich hierbei ebenfalls um eine Aktion einer
österreichischen Einheit handelte - die Rede ist von einem "Vorfall mit
einer anderen Polizeieinheit" - geht aus dem Bericht nicht hervor,
österreichische Polizeikräfte werden hier nicht explizit erwähnt. Die
Vorgehensweise ist aber erschreckend genug:

"Am Vortag ereignete sich ein weiterer Vorfall mit einer anderen
Polizeieinheit. Einem Demonstranten wurde Pfefferspray ins Gesicht gesprüht
und mit einem Schlagstock auf den Hals geschlagen. Er erlitt daraufhin einen
Asthmaanfall und wurde mit einem Krankenwagen in die Notaufnahme des
Altonaer Krankenhauses gebracht, wo er beatmet werden musste." (3)

Aber auch die Cobra war nicht faul. Im gemeinsamen Twitterdienst von
Rechtshilfe (Legal Aid) und Ermittlungsausschuß wird am Nachmittag des 7.
Juli vor drohenden Übergriffen gewarnt: "Sondereinheiten (auch Cobra aus
Österreich) mit Maschinenpistolen & Sturmgewehren in der Schanze. Passt auf
euch auf." (5)

Cobra im linken Schanzenviertel, dies wird von einem Sprecher des
österreichischen Innenministeriums gegenüber dpa bestätigt: "Rund um den
G-20-Gipfel sind auch Spezialeinheiten aus Österreich zur Unterstützung der
deutschen Polizei im Einsatz. . Insgesamt seien rund 200 österreichische
Polizisten in der Hansestadt. Am Freitag seien sie auch im Schanzenviertel
im Einsatz gewesen." (6)

"Sie", das bedeutet wohl, die Cobra und die WEGA. Österreichische Polizei
reprimiert linke Strukturen in Deutschland!

Denn woraus setzt sich das "sie" zusammen? "Etwa 20 Beamte des
Sondereinsatzkommandos »Cobra« und 70 Beamte der Wiener
Sondereinheit »Wega«" seien in Hamburg, teilt der Sprecher mit (6)

Es gibt nunmehr im demokratischeren Teil der Presse - wozu ich die
österreichische nicht rechnen möchte - zahlreiche Berichte, mit denen
dokumentiert wird, daß die Polizeiaktionen im Schanzenviertel primär als
polizeilich-militärische - und politische! - Kampfoffensive zu werten sind,
die medial konstruierter Schreckaktionen zum Vorwand genommen hat, um
agieren zu können.
(Gegeninformationsinitiative Aug und Ohr/gek.)

Quellen
(1) Il racconto di Fabio, Globalproject, dal blocco blu
(http://www.radiondadurto.org/2017/07/07/blockg20-i-blocchi-al-vertice-dei-20-grandi
http://www.radiondadurto.org/wp-content/uploads/2017/07/Fabio-Global.mp3
(2) siehe: Österreichische Polizei prügelt in Hamburg auf Demonstranten ein!
Labournet Austria, 7. Juli 2017
http://www.labournetaustria.at/aou-7-7-2017-oesterreichische-polizei-pruegelt-in-hamburg-auf-demonstranten-ein/
(3) Feindbild Demonstrant*in, Pressemitteilung des Ermittlungsausschusses,
#17 vom 09.07.2017
https://g20ea.blackblogs.org/2017/07/09/feindbild-demonstrantin/
(4) BlockG20 - Amburgo, cariche e scontri nella prima giornata di summit
(http://www.globalproject.info/it/in_movimento/blockg20-amburgo-cariche-e-scontri-nella-prima-giornata-di-summit/20938)
(5) G20EA | legal team 15:34 - 7. Juli 2017
(https://mobile.twitter.com/EA_hh/status/883454152801701891?p=v)
(6) Spezialkräfte aus Österreich vor Ort, dpa//Junge Welt, 8. 7.
2017https://www.jungewelt.de/blogs/g20hh/314142
Eine ausführlichere Presseschau von Aug und Ohr über die Geschehnisse von
Hamburg findet sich auf dem Blog:
https://akinmagazin.wordpress.com/2017/07/14/zur-wega-prasenz-in-hamburg/

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31 Monate Haft für Flaschenwurf

Apropos G20: Ein wenig erinnert das erste Urteil gegen einen Demonstranten
an den Fall Josef S. vom Wiener Akademikerball 2014: Dünne Beweislage, hohe
Strafe. So berichtet der Norddeutsche Rundfunk am 28.August: "Knapp zwei
Monate nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg hat am Montag der
erste Prozess gegen einen mutmaßlichen Gewalttäter stattgefunden. Ein
21-jähriger Niederländer wurde vom Amtsgericht wegen gefährlicher
Körperverletzung, schwerem Landfriedensbruch und Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Dem
Angeklagten wurde vorgeworfen, am 6. Juli nach dem Ende der Demonstration
'Welcome to Hell' zwei Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben. Der
Richter fällte ein deutlich härteres Urteil als die Staatsanwältin gefordert
hatte. Die Anklagevertreterin hatte ein Jahr und neun Monate Haft
beantragt."

Dieses Urteil ist wohl als wegweisend zu sehen, handelt es sich dabei doch
auch um die Anwendung erst kürzlich beschlossenen Rechts: "Der Richter
begründete sein überraschend hartes Urteil auch mit einer
Gesetzesverschärfung zum Schutz von Amtsträgern bei Diensthandlungen. Diese
sei vor dem G20-Gipfel am 30. Mai in Kraft getreten. Der Einsatz der
Polizisten, die eine Spontandemonstration begleitet hatten, sei eine solche
normale Diensthandlung gewesen. ... Wegen überaus milder Urteile in der
Vergangenheit sei der Strafrahmen vom Gesetzgeber heraufgesetzt worden."

Allerdings entnehmen wir dem Bericht auch, daß die Verteidigung betont, daß
eine eindeutige Identifizierung des Täters ihrer Meinung nach kaum möglich
war. Deswegen gab es ja auch die Anzeige wegen Landfriedensbruch -- einem
Kollektivdelikt, das eigentlich dafür gedacht ist, zur Anwendung zu kommen,
wenn ein Einzeltäter nicht eindeutig ausmachbar ist. Dieses wiederum sei
aber auch nur schwer zu rechtfertigen, so die Verteidigung, da es sich dabei
nur um eine Gruppe von weniger als 15 Personen gehandelt habe -- was für
Landfriedensbruch üblicherweise als zu wenige angesehen wird. Verurteilt
wurde der junge Niedeländer allerdings wegen beider Paragraphen. Und eben
wegen Widerstands -- der darin bestanden hatte, daß er sich beim Zugriff der
Polizisten in "Embryonalstellung" zusammengerollt hatte. Das ist in
Deutschland hinreichend für eine Anklage wegen "Widerstands gegen
Vollstreckungsbeamte", dem deutschen Pendant zum hiesigen "Widerstand gegen
die Staatsgewalt". Bleibt nur zu hoffen, daß dies keinen Einfluß auf die
österreichische Judikatur nach sich zieht. -br-
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/G20-Krawalle-Lange-Haftstrafe-fuer-21-Jaehrigen,gipfeltreffen644.html

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Brave Polizisten

Ein bedingt positives Bild der deutschen Polizei zeichnet ein weiterer
kürzlich bekanntgewordender Fall: Es gab Hausdurchsuchungen in
Ostdeutschland gegen zwei Männer, die in Verdacht stehen, Attentate gegen
linke Politiker geplant zu haben. Kleiner Schönheitsfehler dabei: Einer der
Verdächtigen ist auch ein Polizist, der andere ein Rechtsanwalt. Aus dem
NDR-Bericht vom 28.8.: "Nach Angaben des Generalbundesanwalts sollen sich
die Verdächtigen in Chats darüber ausgelassen haben, dass ein Krisenfall
auch eine Chance sein könne. Dann könne man die Macht übernehmen, linke
Politiker internieren und schließlich liqudieren. Nach Informationen von SZ,
NDR und WDR wurde eine angebliche 'Todesliste', von der im Netz die Rede
war, in den beschlagnahmten Unterlagen nicht gefunden. Allerdings wurden
Angaben über Politiker der FDP, der Grünen, der Linken aus Land und Bund
sowie die Namen von Flüchtlingsverbänden, der Arbeiterwohlfahrt und
Gewerkschaften gefunden. Dem Rechercheverbund zufolge gab es weitere Razzien
bei vier weiteren Personen, die mit den beiden Verdächtigen gechattet
hatten."

Und: "Bei dem Anwalt aus Rostock handelt es sich um ein Mitglied der
Rostocker Bürgerschaft. Der Verdächtige ist stellvertretender
Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Bürger für Rostock im
Stadtparlament". Festnahmen gabe es keine. -br-
https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Terrorverdacht-Razzien-bei-Polizist-und-Anwalt,terror616.html

*

Verständnisvoll

Zuguterletzt gab es noch jenen netten Mitmenschen, der meinte, er müsse in
eine Asylunterkunft in Rosenau am Hengstpaß zu feuern. Dessen Frustration
sei doch nur allzuverständlich, meint dazu ein Polizei-Psychologe in der
Kronen-Zeitung:

Faksimile Kronen-Zeitung


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