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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. Mai 2017; 01:17
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Ö:
> Integrationsfonds: Tiefschwarzer Staatsapparat
Was macht so ein Integrationsminister eigentlich beruflich? Eine Recherche
von *Christoph Ulbrich* und *Sebastian Reinfeldt* für den Semiosis-Blog.
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"Alle Macht dem Integrationsfonds!" So titelte die Zeitung "Die Presse" Ende
März 2017. Im neuen Integrationspaket der rot-schwarzen Regierung nimmt der
Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) eine Schlüsselstellung bei
Deutschkursen und in der Wertevermittlung ein. Für Deutschkurse ist er
zugleich Kursanbieter und Auftraggeber. Außerdem erstellt und zertifiziert
er Unterrichtsmaterialien und er gibt Inhalte der "Wertekurse" vor. Was
qualifiziert eigentlich ausgerechnet diese Institution dazu, eine solche
Schlüsselrolle in der Integration einzunehmen? Es sind die zu Minister
Sebastian Kurz passenden Parteibücher. Praktisch alle Schlüsselpositionen
wurden mit ÖVP-Mitgliedern besetzt, was sich auch auf die
integrationspolitische Linie des Fonds auswirkt.
Integrationsfonds: Vom Wohnungs- zum Sprachvermittler
Die Geschichte des Österreichischen Integrationsfonds beginnt 1960: Damals
wurde der Fonds vom österreichischen Innenministerium und dem
UN-Flüchtlingshochkommisariat gegründet, um für Flüchtlinge Wohnraum bereit
zu stellen. 2005 begann der Fonds, sich von dieser Aufgabe zurück zu ziehen
und verkaufte seine Immobilien äußerst preisgünstig. Nunmehr fördert er die
Integration von Personen mit Migrationshintergrund in Österreich, indem er
berät und informiert. Außerdem kam die Sprachvermittlung als Aufgabe hinzu.
Der Fonds entwickelte parallel zum Österreichischen Sprachdiplom (ÖSD)
eigene Sprachzertifikate. Österreich leistet sich somit zwei konkurierende
Deutschdiplome.
Einer Umfrage zufolge, die der ÖIF nur unter seinen eigen en
SprachlehrerInnen hat durchführen lassen, würde das ÖIF-eigene Sprachdiplom
positiv bewertet. Besonders das 4-Augen Prinzip werde geschätzt. Nur wendet
das konkurrierende ÖSD-Diplom dasselbe Prinzip an. Der Unterschied zwischen
den beiden Prüfungsformaten liegt nicht in der Durchführung, sondern darin,
dass das ÖIF-Diplom ideologisch gefärbt ist. In Zukunft soll es eine
Werteprüfung enthalten. Das Österreiche Sprachdiplom ÖSD hingegen testet nur
die sprachlichen Kenntnisse ab.
Spätestens mit 2014 hat sich die integrationspolitische Linie des ÖIF
geändert. In diesem Jahr ging die Aufsicht über den Integrationsfonds vom
Innenministerium auf das Außenministerium über. Seitdem ist
Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) zuständig. Er arbeitet einerseits
an einer Zentralisierung der Integrationspolitik. 2016 erhielt das Außen-
und Integrationsministerium 25 Millionen Euro aus einem Sonder-Fördertopf
der Regierung für die Integration von Flüchtlingen. Dieses Geld wurde dem
ÖIF zur Verfügung gestellt, um Deutschkurse zu fördern, insbesondere im
Basisbereich der Kursstufen A0 (Alphabetisierung) und A1 (AnfängerInnen).
Dabei kann er selber diese Kurse anbieten, oder diese an andere
Bildungsinstitute vergeben.
Werte, Werte, Werte!
Der ÖIF steht andererseits für eine bewusste Ideologisierung der
Sprachvermittlung. "20.000 Flüchtlinge mit Werte- und Orientierungskursen
erreicht", so jubelt der Fonds in einer Pressemitteilung im April 2017. Dass
mit einer Sprache auch die Lebensrealität des Landes und die verschiedenen
Werthaltungen in ihm vermittelt werden, ist nicht neu. Beides findet
weltweit Eingang in moderne Sprachlehrwerke. Ein lebensnaher Unterricht
vermittelt das. Selbstverständlich. Das Eigentümliche am Zugang des ÖIF ist
allerdings, dass diese Werte vorgeschrieben werden - und den pauschal
unterstellten "anderen" Werten der Sprachlehrenden gegenüber gestellt sind.
Österreich sei ein tolerantes, durch Gesetze geregeltes und liberales Land
in Europa. So lautet die Selbstbeschreibung in den Texten und Materialien.
Die Lernenden hätten hier Defizite. Diese aufzuzeigen und auszugleichen -
das ist der Ansatz der problematischen Strategie bei der Wertevermittlung
seitens des ÖIF. Allerdings werden die typisch österreichischen Werte dabei
durchgängig von VertreterInnen des bürgerlich-konservativen Österreichs
definiert.
Der Integrationsfonds im Griff der ÖVP
Denn das Eintrittsticket zum Job im Fonds ist das ÖVP-Parteibuch. Das
betrifft nicht nur den Aufsichtsrat. Da dieser dessen Finanzgebaren zu
kontrollieren hat, sind diese Positionen allerdings enorm wichtig. Zwar
hantiert der Fonds mit öffentlichen Geldern, er unterliegt dabei aber
seltsamerweise keinerlei demokratischen Kontrolle. Initiativ werden kann
hier der Rechnungshof - oder eben der Aufsichtsrat.
Dem Fonds-Verzeichnis des Innenministerium zufolge sind im Aufsichtsrates
des Integrationsfonds folgende Personen vertreten: Herbert Anderl, Stefan
Steiner, Wolfgang Waldner. Alle drei sind hochrangige Parteigänger der ÖVP.
Anderl, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, war Generaldirektor für
öffentliche Sicherheit und hat 2002 am ÖVP-Programm mit geschrieben. Stefan
Scheiner kommt direkt aus der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfeldgasse. Wolfgang
Waldner war für die ÖVP Staatssekräter und Landesrat in Kärnten. Seit Anfang
2016 ist er Botschafter in den USA.
Auch die nächste Führungsebene ist durchgängig männlich besetzt, und fast
durchgängig ÖVP. Laut ÖIF-Organigramm ist Edwin Schäffer der Bereichsleiter
für Integrationszentren. Sein Weg führte über den Wirtschaftsbund in die
Spitzenposition im ÖIF. Der Bereichsleiter für Werte und Orientierung ist
Romed Perfler. Auch er ist ein ÖVP-Parteigänger und war ein besonderer Fan
von Ex-ÖVP-Chef Spindelegger. Im ÖIF sei er dafür berüchtigt, unangekündigt
in den Wertekursen aufzutauchen, um die adäquate Vermittlung persönlich zu
überprüfen.
Fast beliebig lässt sich die Liste der ÖVP-Mitglieder in
integrationspolitischen Führungspositionen fortsetzen. Die Leiterin der
GründerInneninitative Zusammen:Österreich beim ÖIF war zuvor
Jugendbeauftragte der ÖVP Währing. Für die Online-Publikationen des ÖIF ist
ein ehemaliger Aktivist der ÖVP-nahen Uni-Truppe Aktionsgemeinschaft
zuständig. Und so weiter, und so fort.
Wohnungsgeschäfte unter Parteifreunden
2013 flog der ÖIF-Wohnungsskandal auf, 2015 prüfte der Rechnungshof das
Geschäftsgebahren und bestätigte die Recherchen der NR-Abgeordneten Gabriele
Moser. Das Strickmuster des Skandals ist die übliche Freunderlwirtschaft: An
befreundeten Personen und Institutionen wurden Wohnungen aus dem Eigentum
des Fonds verscherbelt - zu einem besonderen Freundschaftspreis. Diese
wiederum haben die Wohnungen kurz danach zum wahren Preis verkauft und
teilweise beträchtliche Gewinne erzielt. So etwa beim Verkauf eines Paketes
von 70 Wohnungen, die für läppische 760.000 Euro den Eigentümer wechselten -
bzw. die Eigentümerin. "Die Presse" berichtet: "Die Käuferin war keine
Unbekannte für den Fonds: Die Geschäftsführerin der Bieterfirma war zugleich
bei der Hausverwaltung des Fonds an Bord und hatte zudem bereits als
Privatperson eine Fonds-Wohnung gekauft."
Insgesamt waren diese Deals um sechs Millionen zu günstig. Die Wirtschafts-
und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien (WKStA) ermittelte dann ganze 2,5
Jahre lang, bis es im Dezember 2016 zu Hausdurchsuchungen kam. Im Visier der
Staatsanwaltschaft steht dabei unter anderem der Ex-ÖIF Geschäftsführer
Alexander Janda, der den ÖIF von 2002 bis 2012 leitete. Auch er kommt -
erraten! - aus der ÖVP. Vor Übernahme des Geschäftführerpostens arbeitete er
für das ÖVP-Generalsekretariat. Auch der jetzige Geschäftsführer und
damalige Vize-Geschäftsführer griff übrigens zu. Wie der Standard bereits
2013 berichtete, kam auch der jetzige Chef des Integrationsfonds bei den
Wohnungsdeals zum Zuge. Franz Wolf erstand damals eine 64
Quadratmeterwohnung in der Simmeringer Hauptstraße um 50.000 Euro. Angeblich
bewohnt er die Wohnung immer noch.
Die Sache mit Prinz Charles
Trotz dieses Skandals soll der ÖIF ein Aushängeschild der Republik sein. Das
Bild einer mühsam aufgeputzten Fassade drängt sich dabei förmlich auf. Eine
Begebenheit am Rande des Besuchs von Prinz Charles am 6. April 2017 in Wien
spricht hier Bände. Der hohe Besuch wurde durch die Gänge und Räume des
Fonds geführt und durfte einen Wertekurs besuchen. Nur wenige
MitarbeiterInnen waren vorab informiert. Auffällig war in den Tagen zuvor
nur, dass einige Gänge im Gebäude neu gestrichen wurden. Allerdings nur
einige wenige. Wie sich dann herausstellte, waren es just diejenigen, durch
die der Prinz samt Minister Sobotka (ÖVP) geführt wurden. Vielleicht ist
diese Begebenheit ja ein Sinnbild für den ÖIF insgesamt. (gek.)
Quelle mit Links:
http://www.semiosis.at/2017/04/24/integrationsfonds-tiefschwarzer-ideologischer-staatsapparat/
*
Kasten:
> Ist Kurz noch #stolzdrauf?
Erinnerungshilfe aus dem Wikipedia-Eintrag von Sebastian Kurz:
"Im November 2014 präsentierte Kurz als gemeinsame Kampagne des
Außenministeriums mit dem vom Ministerium finanzierten Österreichischen
Integrationsfonds (ÖIF) ZUSAMMEN:ÖSTERREICH #stolzdrauf. Damit sollten die
Identifikation von Zuwanderern mit der österreichischen Landschaft und
Kultur gefördert und Werte wie Religionsfreiheit und Demokratie vermittelt
werden. So genannte 'Integrationsbotschafter' wurden in Schulen geschickt,
um mit Migranten über deren Identifikation mit Österreich zu diskutieren.
Mit dem Hashtag #stolzdrauf und Fotos sollte man in sozialen Netzwerken
online zeigen, worauf man in Österreich stolz sei. Auf Kritik stießen dabei,
neben der Wahl von Andreas Gabalier als erstem Testimonial ('stolz darauf,
dass es noch sooo viele Dirndln und Buam im Land gibt, die [...] hoffentlich
noch lange im Trachtengewand außer Haus gehen'), auch die Kosten des
Außenministeriums von EUR 326.028,70 und EUR120.000 des ÖIF in fünf bis
sechs Wochen zur Bewerbung der Kampagne, wovon 55 Prozent in
Zeitungsinserate bei Kronen Zeitung, Österreich und Heute floss."
https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Kurz
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