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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. März 2017; 16:46
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Irland:

> Demo als Freiheitsberaubung

In Irland steht im April ein Gerichtsprozeß an, der jetzt schon ziemliche
Wellen schlägt: Angeklagt wegen Freiheitsberaubung sind ein
Parlamentsabgeordneter und drei Kommunalabgeordnete, alle von der
Anti-Austerity Allience (AAA), sowie 14 weitere AktivistInnen. Diese
Freiheitsberaubung sollen sie an der damaligen Vizepremierministerin (und
Chefin der Labour Party) Joan Burton begangen haben. Laut Berichten hätte
diese Freiheitsberaubung darin bestanden, daß Burton 2014 nach einem
Repräsentationsauftritt in der kleinen Stadt Jobstown von Demonstranten
angehalten worden war, die sie zur Rede stellen wollten.

Ein erstes Urteil in der Angelegenheit wurde bereits gegen einen damals
15jährigen bereits gesprochen -- es endete zwar mit einer Diversion, doch
der Richter wird als Begründung mit den Worten zitiert Joan Burton hätte ihm
versichert, "nicht den Wunsch zu haben, eine junge Person einzukerkern".
Dennoch lautete das Urteil auf schuldig der Freiheitsberaubung -- was für
die Erwachsenen empfindliche Haftstrafen bedeuten könnte und für die
Abgeordnete zusätzlich noch zu einem Verlust des Mandats. Der Richter
begründete sein erstes Urteil damit, daß die Versammlung nicht friedlich
gewesen wäre und das Verhalten der DemonstrantInnen "nicht der öffentlichen
Moral und Ordnung" entsprochen hätte.

Zu echter Gewalt wäre es aber auch laut dem Gericht nicht gekommen. Auch
dürfte Burton nicht wirklich gefangen gewesen sein, sondern sich lediglich
belästigt gefühlt haben. Burton selbst hatte vor dem Gericht angegeben, sie
wäre verängstigt gewesen und hätte gemeint, sie hätte das Polizeiauto, in
dem sie saß, wegen der schreienden Menge nicht verlassen können.

Prozeßbeobachter stellen den Vergleich an, daß in Hinkunft wegen
Freiheitsberaubung auch bspw. Journalisten, die auf der Straße eine Antwort
von einem Politiker haben wollen und ihn deswegen kurz aufhalten, angeklagt
werden könnten.

Der Hintergrund dieser Affäre ist, daß zum Einen Burton direkt
verantwortlich gemacht wird für massive Kürzungen von Sozialleistungen, die
gerade im von ärmeren Schichten bewohnten Jobstown besonders viele Menschen
getroffen haben. Zum Anderen fand die Aktion statt auf dem Höhepunkt einer
massiven Protestwelle in ganz Irland gegen die Einführung von
Wassergebühren. Mit diesen neuen Gebühren wären auf einen durchschittlichen
irischen Haushalt jährlich zwischen 200 und 400 Euro zusätzliche Belastungen
gekommen. Bei diesen Protesten ging es aber eben nicht nur um diese
konkreten Abgaben. "Der Spiegel" schrieb damals in einem Kommentar: "Die
Iren hatten härtere Einschnitte jahrelang vergleichsweise gelassen
hingenommen. Irland-Kennern zufolge entlädt sich mit den Protesten gegen die
Wassergebühren nun eine aufgestaute Wut". Der Protest war erfolgreich, die
Gebühren wurden nicht eingeführt. Bei den Wahlen 2016 verlor die Irish
Labour Party rund zwei Drittel ihrer Stimmen. Burton kostete das ihre Ämter
als Regierungsmitglied und Parteichefin.
-br-

Quellen u.a.:
https://linksjugendsolidrlp.de/index.php/2017/jobstown-not-guilty-solidaritaet-mit-den-von-repressionen-betroffenen/
https://www.slp.at/artikel/der-jobstown-prozess-bedrohung-demokratischer-rechte-8095
http://m.socialistworld.net/doc/7790
http://www.independent.ie/irish-news/courts/student-found-guilty-of-false-imprisonment-of-joan-burton-during-jobstown-protest-35149750.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/schuldenkrise-in-irland-iren-protestieren-gegen-wassergebuehren-a-1000593.html



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