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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Februar 2017; 16:36
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Umwelt/Recht:

> Anmerkungen zur 3.Piste in Schwechat

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die dritte Piste des
Flughafens Wien-Schwechat nicht zu genehmigen, löst bei den
sozialdemokratischen Regiernden große Verägerung aus, bei den schwarzen
hingegen Wutgeheul. Wiens Bürgermeister Häupl läßt sich vom "Kurier"
zitieren mit den Worten: "Selbstverständlich wird sich die
Flughafengesellschaft mit Unterstützung des 20-Prozent-Eigentümers Wien
bemühen, die rechtlichen Voraussetzungen und Genehmigungen für die 3. Piste
zu erhalten", am Ende werde eine endgültige Rechtsentscheidung stehen. Erwin
Pröll meint: "Wir werden Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof und beim
Verfassungsgerichtshof einbringen". Beide Politiker scheinen nicht ganz
begreifen zu wollen, daß der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts
höchstwahrscheinlich schon die endgültige Rechtsentscheidung war. Man wird
sehen, ob in Österreich für die beiden mächtigsten Landespolitiker nicht
doch noch ein Hintertürl offengehalten wird, das Normalsterblichen nicht
zusteht. Denn der Verwaltungsgerichtshof kann nur mehr per außerordentlicher
Revision angerufen werden, also wegen prinzipieller Einwände, nicht wegen
der konkreten Causa allein -- und der VwGH kann selbst entscheiden, ob hier
eine Rechtsfrage zu klären ist, "der grundsätzliche Bedeutung zukommt". Ob
die Bedeutung von Pröll und Häupl da ausreicht, muß sich erst klären. Und
wie der Verfassungsgerichtshof damit befaßt werden kann, wird noch viel
Hirnschmalz der Anwälte bedürfen, um da einen juristischen Kniff zu finden,
damit der VfGH überhaupt zuständig sein kann. Da darf man wirklich gespannt
sein.

Der der ÖVP bekanntermaßen recht nahestehende "Kurier" versucht es da
interessanterweise auch damit, die richterliche Unabhängigkeit in Frage zu
stellen. Das ist prinzipell sicher legitim, passiert nur ansonsten gerade in
Blättern wie dem Kurier nicht. Die Zeitung titelte mit "Zwei
Umwelt-Hardliner und ein Agrar-Lobbyist" -- das wären die drei Richter, die
entschieden hätten. Die Headline sagt schon alles. Einem der Richter wird
sogar unterstellt, er habe als früherer Mitarbeiter des für Umwelt und
Landwirtschaft zuständigen Ministeriums "ein enges Naheverhältnis zu
Umwelt-Aktivisten und grün-linken Gruppierungen" gehabt und sei nur deswegen
an das Verwaltungsgericht abgeschoben worden. Bleibt nur die Frage: Warum
übt sich der Kurier sonst nicht in so mutigem Investigativjournalismus?

Planungen aus den 60ern

Die Idee einer weiteren Piste parallel zur ersten ist übrigens gut ein
halbes Jahrhundert alt. Doch in den 70ern entschloß man sich, eine schräg
versetzte zweite Piste anzulegen -- um die Fluglärm-Belastung der
dichtverbauten Gebiete in Süden und Westen Wiens nicht noch zu vergrößern.
Die zusätzlichen Ein- und Ausflugsschneisen gingen mit dieser neuen Piste
vor allem über den dünnbesiedelten äußersten Osten Wiens. Dafür wurde aber
auch der Betrieb auf dem Flugfeld Aspern eingestellt, da dieser diese Routen
gestört hätte. Interessanterweise scheinen diese Belastungen, die in den
nicht gerade umweltbewußten 70ern bedeutungsvoll waren, heute der Politik
ziemlich egal.

Sinnlos gewordene Vereinbarung

Einen unmittelbaren Einfluß auf das neue Regierungsübereinkommen auf
Bundesebene sollte der Entscheid der Richter übrigens auch haben. Denn eine
wenig beachtete Passage des neuen Paktes besagt, daß zum Zwecke der
Standortsicherung des Flughafens Schwechat in seiner "Drehkreuzfunktion" die
Flugabgabe ab 2018 halbiert werden solle. Wenn aber die dritte Piste so
notwendig gewesen wäre, um die Kapazitätsprobleme des Flughafens zu beheben,
wäre eine Halbierung der Abgabe zum Zwecke der besseren Auslastung ohne
diese Piste sinnlos. Ein Lenkungseffekt wäre kaum gegeben, denn der
Flughafen kann nun nicht mehr leisten als bisher.

Doch ist abzusehen, daß die Regierung trotzdem die Abgabensenkung
durchsetzen wird -- auch wenn die Ausreden dafür wohl noch unglaubwürdiger
wirken werden.
-br-


Radio: VIRUS zu Aus für 3.Piste Flughafen Schwechat und Ölunfall in der
Lobau https://cba.fro.at/334715



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