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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. Februar 2017; 12:40
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Antifa/Grüne:

> Republikanisch ist anders

"Der neue Bundespräsident Alexander Van der Bellen versteht die Aufregung linker Kritiker über den Wiener Akademikerball der FPÖ in der Hofburg nicht ganz. Wenn sich dort farbtragende und auch schlagende Burschenschafter zu einem Ball treffen, sage er: ‘Was geht es mich an? Lasst sie doch.’ Zur Sprache kam dies bei einem Treffen mit Schülern am Freitag in Wien." (APA-Bericht 27.1.2017)
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Lasst mich mal bürgerlich-liberal argumentieren, damit gezeigt wird, welch konservativer Geist hier weht. Denn man muss kein "Linker Kritiker" sein, um dieses Theater rund um den "Akademikerball" für falsch zu halten.

Liberalismus ist, bei allem ständischen Konservatismus unserer Realverfassung, die wesentliche Leitidee in unserer gültigen Verfassung. Wenn sie das Papier wert sein soll, auf das sie geschrieben ist, brauchen wir kein Appeasement gegenüber dem Rechtsextremismus, sondern eine klare rote Linie. Mag es das Gesetz erlauben, dass Ewiggestrige sich in den Hallen der Republik feiern können, so wird doch der Geist der Republik durch dieses Sammelsurium aus diesen völkischen, neo-faschistischen, konservativen, vielleicht sogar monarchistischen, aber jedenfalls rassistischen und antisemitischen "Untergangstern des Abendlandes" (Karl Kraus) pervertiert. Republik heißt zu allererst das Ablegen aller feudalen, ständischen, patriarchalen Bande, die ihrer Form nach die Menschen knechten und ihr Potential verkümmern lassen, also unfrei und ungleich machen. Klar ist, die liberale Ideologie vermag es nicht das Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Solidarität vollends einzulösen. Das ist die Aufgabe der Linken.

Doch darf die Perversion der Republik nicht hingenommen werden - auch nicht symbolisch. Es kann nicht sein, dass die Fahne der Republik auf der Hofburg weht und gleichzeitig die Gegner*innen des republikanischen Gedankens auf deren Parkett tanzen dürfen. Sollen sie in einen Kuhstall gehen. Man möge ihnen nicht verbieten zu tanzen, aber sollen sie sich doch in der braunen Scheiße wälzen, von der sie kommen. Liberalität bedeutet nicht, dass alles ausgesprochen werden darf, sondern vor allem die Durchsetzung des republikanischen Gedanken. Die symbolische Unterwanderung, egal wie unpolitisch sie daher kommt, selbst wenn sie einen Filmabend über Pinguine in der Hofburg veranstalten, ist nur der Beginn der realen Unterwanderung. In Zeiten wie diesen sollte uns das eine besondere Warnung sein. Wir brauchen einen Präsidenten für alle diejenigen, die ihren Interessenskonflikt demokratisch austragen und nicht bloß die Demokratie benutzen um sie gegen sich selbst zu wenden. Eine Präsident für alle ist die Hingabe an die Reaktion. Eine falsch verstandene Offenheit ist der Beginn der Entdemokratisierung.

Ich halte die Proteste auf der Straße zuweilen für eine Ausgeburt von politischer Ohnmacht der Linken, für eine teils unpolitische Parade. Allerdings finde ich auch, man muss die ‘Sorgen und Ängste’ dieser großteils jungen Menschen, angesichts der weltweiten Rückschritte, ernst nehmen.
*Cengiz Kulac*
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